Philipp, was ist das, sprach ich, was soll uns das Ringelrennen? Wo hast' die Augen, daß du das nicht sahest und mir Anzeige davon thätst? Herr, antwortet' der Schalck, ich vermein der Ritt sey auf eine geheim' Expedition abgesehen, wußt' nicht ob ichs träf, wenn ich laut würd. -- Ja wohl eine geheime Expedition! dacht ich, denn ich wußt eben so wenig davon, als Philipp oder der Cimber, wo die Reiß hingehen sollt. Weil mich der Unmuth aus meiner Heimath fortgetrieben hatt', über- ließ ichs dem Zufall und dem Gaul, wo die mich hinbrächten; und weil der lezt' dies- mal das Direktorium hatt', bracht er mich wohlbehalten wieder nach Haus.
So viel Verstand hat ein vierfüßiges Thier, dem man sich anvertraut; wo aber das Roß mit den zwey kurzen vorspringen- den Vorderfüssen und der buntgemalten Stang, ich meyn' das Steckenpferd, das
Direk-
Philipp, was iſt das, ſprach ich, was ſoll uns das Ringelrennen? Wo haſt’ die Augen, daß du das nicht ſaheſt und mir Anzeige davon thaͤtſt? Herr, antwortet’ der Schalck, ich vermein der Ritt ſey auf eine geheim’ Expedition abgeſehen, wußt’ nicht ob ichs traͤf, wenn ich laut wuͤrd. — Ja wohl eine geheime Expedition! dacht ich, denn ich wußt eben ſo wenig davon, als Philipp oder der Cimber, wo die Reiß hingehen ſollt. Weil mich der Unmuth aus meiner Heimath fortgetrieben hatt’, uͤber- ließ ichs dem Zufall und dem Gaul, wo die mich hinbraͤchten; und weil der lezt’ dies- mal das Direktorium hatt’, bracht er mich wohlbehalten wieder nach Haus.
So viel Verſtand hat ein vierfuͤßiges Thier, dem man ſich anvertraut; wo aber das Roß mit den zwey kurzen vorſpringen- den Vorderfuͤſſen und der buntgemalten Stang, ich meyn’ das Steckenpferd, das
Direk-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0004"n="4"/>
Philipp, was iſt das, ſprach ich, was<lb/>ſoll uns das Ringelrennen? Wo haſt’ die<lb/>
Augen, daß du das nicht ſaheſt und mir<lb/>
Anzeige davon thaͤtſt? Herr, antwortet’<lb/>
der Schalck, ich vermein der Ritt ſey auf<lb/>
eine geheim’ Expedition abgeſehen, wußt’<lb/>
nicht ob ichs traͤf, wenn ich laut wuͤrd. —<lb/>
Ja wohl eine geheime Expedition! dacht<lb/>
ich, denn ich wußt eben ſo wenig davon,<lb/>
als Philipp oder der Cimber, wo die Reiß<lb/>
hingehen ſollt. Weil mich der Unmuth aus<lb/>
meiner Heimath fortgetrieben hatt’, uͤber-<lb/>
ließ ichs dem Zufall und dem Gaul, wo die<lb/>
mich hinbraͤchten; und weil der lezt’ dies-<lb/>
mal das Direktorium hatt’, bracht er mich<lb/>
wohlbehalten wieder nach Haus.</p><lb/><p>So viel Verſtand hat ein vierfuͤßiges<lb/>
Thier, dem man ſich anvertraut; wo aber<lb/>
das Roß mit den zwey kurzen vorſpringen-<lb/>
den Vorderfuͤſſen und der buntgemalten<lb/>
Stang, ich meyn’ das Steckenpferd, das<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Direk-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[4/0004]
Philipp, was iſt das, ſprach ich, was
ſoll uns das Ringelrennen? Wo haſt’ die
Augen, daß du das nicht ſaheſt und mir
Anzeige davon thaͤtſt? Herr, antwortet’
der Schalck, ich vermein der Ritt ſey auf
eine geheim’ Expedition abgeſehen, wußt’
nicht ob ichs traͤf, wenn ich laut wuͤrd. —
Ja wohl eine geheime Expedition! dacht
ich, denn ich wußt eben ſo wenig davon,
als Philipp oder der Cimber, wo die Reiß
hingehen ſollt. Weil mich der Unmuth aus
meiner Heimath fortgetrieben hatt’, uͤber-
ließ ichs dem Zufall und dem Gaul, wo die
mich hinbraͤchten; und weil der lezt’ dies-
mal das Direktorium hatt’, bracht er mich
wohlbehalten wieder nach Haus.
So viel Verſtand hat ein vierfuͤßiges
Thier, dem man ſich anvertraut; wo aber
das Roß mit den zwey kurzen vorſpringen-
den Vorderfuͤſſen und der buntgemalten
Stang, ich meyn’ das Steckenpferd, das
Direk-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/4>, abgerufen am 03.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.