und blätterte vor Schlafgehen noch ein we- nig in den Fragmenten.
War doch recht ominös, daß ich gerade im ersten Theile auf die herrliche Lehre von Familienphysiognomien stieß, wie sie sich durch viele Geschlechter hinunter erhalten, und so kenntlich immer wieder hervorkom- men, daß du aus einer Menge solcher Fa- milienporträte, die unter eine Menge ande- rer gemischt würden, viele zur Familie ge- hörige, wieder zusammen finden könntest. Das gab mir reichlichen Aufschluß über den physiognomischen Erfahrungssatz des Dok- tors; ich bedachte, daß meine Vorältern vermuthlich für die Bevölkerung ihres Stammgutes gesorgt hätten, wie es noch bey vielen Gutsherren der Brauch ist: denn die Praxis gewisser Gewohnheiten veriährt nicht so leicht als philosophische Theorien. Ueber dieses ging mir dadurch noch ander- weit ein großes Licht auf: denn einmal schüt- telte ich von obigem fruchtbaren Lehrsatz oh- ne Mühe mir einen ganzen Hut voll nüzli- cher Wahrheiten herab, davon ich hier zu weiterm Nachdenken nur folgende notire.
Erstlich, mit den Familienphysiognomien hats seine gute Richtigkeit.
Zweitens,
und blaͤtterte vor Schlafgehen noch ein we- nig in den Fragmenten.
War doch recht ominoͤs, daß ich gerade im erſten Theile auf die herrliche Lehre von Familienphyſiognomien ſtieß, wie ſie ſich durch viele Geſchlechter hinunter erhalten, und ſo kenntlich immer wieder hervorkom- men, daß du aus einer Menge ſolcher Fa- milienportraͤte, die unter eine Menge ande- rer gemiſcht wuͤrden, viele zur Familie ge- hoͤrige, wieder zuſammen finden koͤnnteſt. Das gab mir reichlichen Aufſchluß uͤber den phyſiognomiſchen Erfahrungsſatz des Dok- tors; ich bedachte, daß meine Voraͤltern vermuthlich fuͤr die Bevoͤlkerung ihres Stammgutes geſorgt haͤtten, wie es noch bey vielen Gutsherren der Brauch iſt: denn die Praxis gewiſſer Gewohnheiten veriaͤhrt nicht ſo leicht als philoſophiſche Theorien. Ueber dieſes ging mir dadurch noch ander- weit ein großes Licht auf: denn einmal ſchuͤt- telte ich von obigem fruchtbaren Lehrſatz oh- ne Muͤhe mir einen ganzen Hut voll nuͤzli- cher Wahrheiten herab, davon ich hier zu weiterm Nachdenken nur folgende notire.
Erſtlich, mit den Familienphyſiognomien hats ſeine gute Richtigkeit.
Zweitens,
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und blaͤtterte vor Schlafgehen noch ein we-
nig in den Fragmenten.
War doch recht ominoͤs, daß ich gerade
im erſten Theile auf die herrliche Lehre von
Familienphyſiognomien ſtieß, wie ſie ſich
durch viele Geſchlechter hinunter erhalten,
und ſo kenntlich immer wieder hervorkom-
men, daß du aus einer Menge ſolcher Fa-
milienportraͤte, die unter eine Menge ande-
rer gemiſcht wuͤrden, viele zur Familie ge-
hoͤrige, wieder zuſammen finden koͤnnteſt.
Das gab mir reichlichen Aufſchluß uͤber den
phyſiognomiſchen Erfahrungsſatz des Dok-
tors; ich bedachte, daß meine Voraͤltern
vermuthlich fuͤr die Bevoͤlkerung ihres
Stammgutes geſorgt haͤtten, wie es noch
bey vielen Gutsherren der Brauch iſt: denn
die Praxis gewiſſer Gewohnheiten veriaͤhrt
nicht ſo leicht als philoſophiſche Theorien.
Ueber dieſes ging mir dadurch noch ander-
weit ein großes Licht auf: denn einmal ſchuͤt-
telte ich von obigem fruchtbaren Lehrſatz oh-
ne Muͤhe mir einen ganzen Hut voll nuͤzli-
cher Wahrheiten herab, davon ich hier zu
weiterm Nachdenken nur folgende notire.
Erſtlich, mit den Familienphyſiognomien
hats ſeine gute Richtigkeit.
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/96>, abgerufen am 08.07.2024.
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