hatte fich kirschbraun geschrien, und seine Grundphysiognomie dadurch so verschoben, daß er freilich hernach einer Meerkatz' ähn- licher sah als einem holländischen Kapitän.
Nun bin ich doch begierig zu erfahren, ob auch das zutrift, daß die Grundphysio- gnomie nach dem Tode wieder zum Vor- schein kommt. Das Kind ist schwach, sollt's der liebe Gott zu sich nehmen mein Path- gen, heut oder morgen, hab' ich hinterlas- sen, daß mirs gleich gemeldet werd'. Da will ich denn hinüber, und mich auch über diesen Punkt belehren, damit mein physio- gnomischer Glaube sey Ueberzeugung aus eigner Erfahrung und nicht Köhlerglaube, wie das Sprüchwort sagt: Was das Auge sieht, glaubt's Herz.
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hatte fich kirſchbraun geſchrien, und ſeine Grundphyſiognomie dadurch ſo verſchoben, daß er freilich hernach einer Meerkatz’ aͤhn- licher ſah als einem hollaͤndiſchen Kapitaͤn.
Nun bin ich doch begierig zu erfahren, ob auch das zutrift, daß die Grundphyſio- gnomie nach dem Tode wieder zum Vor- ſchein kommt. Das Kind iſt ſchwach, ſollt’s der liebe Gott zu ſich nehmen mein Path- gen, heut oder morgen, hab’ ich hinterlaſ- ſen, daß mirs gleich gemeldet werd’. Da will ich denn hinuͤber, und mich auch uͤber dieſen Punkt belehren, damit mein phyſio- gnomiſcher Glaube ſey Ueberzeugung aus eigner Erfahrung und nicht Koͤhlerglaube, wie das Spruͤchwort ſagt: Was das Auge ſieht, glaubt’s Herz.
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hatte fich kirſchbraun geſchrien, und ſeine
Grundphyſiognomie dadurch ſo verſchoben,
daß er freilich hernach einer Meerkatz’ aͤhn-
licher ſah als einem hollaͤndiſchen Kapitaͤn.
Nun bin ich doch begierig zu erfahren,
ob auch das zutrift, daß die Grundphyſio-
gnomie nach dem Tode wieder zum Vor-
ſchein kommt. Das Kind iſt ſchwach, ſollt’s
der liebe Gott zu ſich nehmen mein Path-
gen, heut oder morgen, hab’ ich hinterlaſ-
ſen, daß mirs gleich gemeldet werd’. Da
will ich denn hinuͤber, und mich auch uͤber
dieſen Punkt belehren, damit mein phyſio-
gnomiſcher Glaube ſey Ueberzeugung aus
eigner Erfahrung und nicht Koͤhlerglaube,
wie das Spruͤchwort ſagt: Was das Auge
ſieht, glaubt’s Herz.
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/125>, abgerufen am 08.07.2024.
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