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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

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Am Tage Bonaventurä.
Beherzigung.

Mein Gutsnachbar, Kapitän Rambold,
hatte mich bey seinem Söhnlein zu Gevat-
ter gebeten, konnt' ihm nicht entstehen sei-
ner Bitt' zu willfahren und das christliche
Werk zu verrichten. Nach der Taufhand-
lung gabs allerley Schnack und Kurzweil,
aber auch viel ernsthafter Reden und Un-
terhaltungen, wie's bey Ehrengelagen auf'm
Land' pflegt herzugehn. Waren der Ge-
vatterleut', die Abwesenden mit eingerech-
net, an der Zahl drey und dreißig. Dok-
tor Baldrian, der immer mit unter eine
Thorheit zu sagen pflegt, meint' diese Zahl
der Pathen, bey einem und dem nämlichen
Kind', ominir etwas: denn drey und dreißig
sey halb sechs und sechszig, und das sey die
mindre Zahl des apokalyptischen Thieres,
und der Hypothek Schuld Vater Hamanns;
aber die volle Zahl der Berliner Kunstrichter-
gilde. Daraus ließ sich für den neugebornen

Junker
G 5


Am Tage Bonaventuraͤ.
Beherzigung.

Mein Gutsnachbar, Kapitaͤn Rambold,
hatte mich bey ſeinem Soͤhnlein zu Gevat-
ter gebeten, konnt’ ihm nicht entſtehen ſei-
ner Bitt’ zu willfahren und das chriſtliche
Werk zu verrichten. Nach der Taufhand-
lung gabs allerley Schnack und Kurzweil,
aber auch viel ernſthafter Reden und Un-
terhaltungen, wie’s bey Ehrengelagen auf’m
Land’ pflegt herzugehn. Waren der Ge-
vatterleut’, die Abweſenden mit eingerech-
net, an der Zahl drey und dreißig. Dok-
tor Baldrian, der immer mit unter eine
Thorheit zu ſagen pflegt, meint’ dieſe Zahl
der Pathen, bey einem und dem naͤmlichen
Kind’, ominir etwas: denn drey und dreißig
ſey halb ſechs und ſechszig, und das ſey die
mindre Zahl des apokalyptiſchen Thieres,
und der Hypothek Schuld Vater Hamanns;
aber die volle Zahl der Berliner Kunſtrichter-
gilde. Daraus ließ ſich fuͤr den neugebornen

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G 5
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[105/0111] Am Tage Bonaventuraͤ. Beherzigung. Mein Gutsnachbar, Kapitaͤn Rambold, hatte mich bey ſeinem Soͤhnlein zu Gevat- ter gebeten, konnt’ ihm nicht entſtehen ſei- ner Bitt’ zu willfahren und das chriſtliche Werk zu verrichten. Nach der Taufhand- lung gabs allerley Schnack und Kurzweil, aber auch viel ernſthafter Reden und Un- terhaltungen, wie’s bey Ehrengelagen auf’m Land’ pflegt herzugehn. Waren der Ge- vatterleut’, die Abweſenden mit eingerech- net, an der Zahl drey und dreißig. Dok- tor Baldrian, der immer mit unter eine Thorheit zu ſagen pflegt, meint’ dieſe Zahl der Pathen, bey einem und dem naͤmlichen Kind’, ominir etwas: denn drey und dreißig ſey halb ſechs und ſechszig, und das ſey die mindre Zahl des apokalyptiſchen Thieres, und der Hypothek Schuld Vater Hamanns; aber die volle Zahl der Berliner Kunſtrichter- gilde. Daraus ließ ſich fuͤr den neugebornen Junker G 5

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/111>, abgerufen am 23.11.2024.