Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Gelegenheit als der Geburtstag des Fräuleins war, aus den Händen gelassen, ihr seine Hochachtung wodurch zu bezeigen, da Sie Sich derselben so vortreflich zu bedienen gewußt hatten. Zu seiner Bestrafung mußte er ein Herold Ihres Witzes werden, er mußte lesen, so gern er diese Ehre verbethen hätte. Zu Ihrem Troste kann ich es sagen, daß das Fräulein, so lange er las, kein Auge von ihm verwendete, und daraus machte ich den Schluß, daß ihr alles sehr wohl gefiel. Die ganze Gesellschaft sprach von Ihnen sehr vortheilhaft, und selbst der Major mußte Ihnen Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Das Fräulein sagte zwar nichts zu Ihrem Lobe: sie dachte aber desto mehr. Die Frau v. W. gestund, daß sie niemals die Gabe der Dichtkunst bei Ihnen vermuthet hätte, daß sie aber Sie um desto höher schätzte. Sie wünschte zugleich das Vergnügen zu haben, sich mit Ihnen in einen neuen Zwist verwickelt zu sehen, damit sie die Ehre hätte, eine poetische Abbitte und Ehrenerklärung zu erhalten.

Gelegenheit als der Geburtstag des Fräuleins war, aus den Händen gelassen, ihr seine Hochachtung wodurch zu bezeigen, da Sie Sich derselben so vortreflich zu bedienen gewußt hatten. Zu seiner Bestrafung mußte er ein Herold Ihres Witzes werden, er mußte lesen, so gern er diese Ehre verbethen hätte. Zu Ihrem Troste kann ich es sagen, daß das Fräulein, so lange er las, kein Auge von ihm verwendete, und daraus machte ich den Schluß, daß ihr alles sehr wohl gefiel. Die ganze Gesellschaft sprach von Ihnen sehr vortheilhaft, und selbst der Major mußte Ihnen Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Das Fräulein sagte zwar nichts zu Ihrem Lobe: sie dachte aber desto mehr. Die Frau v. W. gestund, daß sie niemals die Gabe der Dichtkunst bei Ihnen vermuthet hätte, daß sie aber Sie um desto höher schätzte. Sie wünschte zugleich das Vergnügen zu haben, sich mit Ihnen in einen neuen Zwist verwickelt zu sehen, damit sie die Ehre hätte, eine poetische Abbitte und Ehrenerklärung zu erhalten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0084" n="82"/>
Gelegenheit als der Geburtstag des Fräuleins war, aus den Händen gelassen, ihr seine Hochachtung wodurch zu bezeigen, da Sie Sich derselben so vortreflich zu bedienen gewußt hatten. Zu seiner Bestrafung mußte er ein Herold Ihres Witzes werden, er mußte lesen, so gern er diese Ehre verbethen hätte. Zu Ihrem Troste kann ich es sagen, daß das Fräulein, so lange er las, kein Auge von ihm verwendete, und daraus machte ich den Schluß, daß ihr alles sehr wohl gefiel. Die ganze Gesellschaft sprach von Ihnen sehr vortheilhaft, und selbst der Major mußte Ihnen Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Das Fräulein sagte zwar nichts zu Ihrem Lobe: sie dachte aber desto mehr. Die Frau v. W. gestund, daß sie niemals die Gabe der Dichtkunst bei Ihnen vermuthet hätte, daß sie aber Sie um desto höher schätzte. Sie wünschte zugleich das Vergnügen zu haben, sich mit Ihnen in einen neuen Zwist verwickelt zu sehen, damit sie die Ehre hätte, eine poetische Abbitte und Ehrenerklärung zu erhalten.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0084] Gelegenheit als der Geburtstag des Fräuleins war, aus den Händen gelassen, ihr seine Hochachtung wodurch zu bezeigen, da Sie Sich derselben so vortreflich zu bedienen gewußt hatten. Zu seiner Bestrafung mußte er ein Herold Ihres Witzes werden, er mußte lesen, so gern er diese Ehre verbethen hätte. Zu Ihrem Troste kann ich es sagen, daß das Fräulein, so lange er las, kein Auge von ihm verwendete, und daraus machte ich den Schluß, daß ihr alles sehr wohl gefiel. Die ganze Gesellschaft sprach von Ihnen sehr vortheilhaft, und selbst der Major mußte Ihnen Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Das Fräulein sagte zwar nichts zu Ihrem Lobe: sie dachte aber desto mehr. Die Frau v. W. gestund, daß sie niemals die Gabe der Dichtkunst bei Ihnen vermuthet hätte, daß sie aber Sie um desto höher schätzte. Sie wünschte zugleich das Vergnügen zu haben, sich mit Ihnen in einen neuen Zwist verwickelt zu sehen, damit sie die Ehre hätte, eine poetische Abbitte und Ehrenerklärung zu erhalten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/84
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/84>, abgerufen am 21.11.2024.