Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.allein ich glaube, daß man ihn verleumdet hat, und getraue mir, ihn ganz und gar von dem Verbrechen freizusprechen, das man ihm beimißt. Wer wollte diesem Ehrenmann eine solche Bosheit zutrauen, daß er das Bild einer Ihrer Ahnen sollte verunstaltet haben, den er nie gekannt hat, und der ihn folglich nie beleidiget hat? Sollte er mit Ihnen nicht allerdings zufrieden seyn, so muß man dieses seiner Schwachheit und seiner geringen Kenntniß der großen Welt zu gute halten. Sie bleiben doch Kirchpatron, wenn er Sie auch manchmal auf eine verblümte Art öffentlich tadelt, oder nach der Sprache des gemeinen Mannes von der Kanzel wirft, ich muß mir dieses sowohl als Sie gefallen lassen, und befinde mich auf einen solchen Fall allezeit sehr wohl. Ich kann mir nicht einbilden, daß er seinen Amtseifer gegen Sie an Ihren Vorfahren ausüben sollte; zudem scheinet sein Fuß nicht mehr rüstig genug, gegen eine steinerne Bildsäule dergestalt zu wüten, daß sie davon merklich könnte beschädiget werden, wenn er sich auch Hufeisen hätte auflegen lassen. Ich habe meine besondern Gedanken über diese Sache, Herr Lampert ist zur Intrigue gemacht, wer weiß, ob er das nicht selbst gethan hat, was er dem Herrn Wendelin aufbürdet. allein ich glaube, daß man ihn verleumdet hat, und getraue mir, ihn ganz und gar von dem Verbrechen freizusprechen, das man ihm beimißt. Wer wollte diesem Ehrenmann eine solche Bosheit zutrauen, daß er das Bild einer Ihrer Ahnen sollte verunstaltet haben, den er nie gekannt hat, und der ihn folglich nie beleidiget hat? Sollte er mit Ihnen nicht allerdings zufrieden seyn, so muß man dieses seiner Schwachheit und seiner geringen Kenntniß der großen Welt zu gute halten. Sie bleiben doch Kirchpatron, wenn er Sie auch manchmal auf eine verblümte Art öffentlich tadelt, oder nach der Sprache des gemeinen Mannes von der Kanzel wirft, ich muß mir dieses sowohl als Sie gefallen lassen, und befinde mich auf einen solchen Fall allezeit sehr wohl. Ich kann mir nicht einbilden, daß er seinen Amtseifer gegen Sie an Ihren Vorfahren ausüben sollte; zudem scheinet sein Fuß nicht mehr rüstig genug, gegen eine steinerne Bildsäule dergestalt zu wüten, daß sie davon merklich könnte beschädiget werden, wenn er sich auch Hufeisen hätte auflegen lassen. Ich habe meine besondern Gedanken über diese Sache, Herr Lampert ist zur Intrigue gemacht, wer weiß, ob er das nicht selbst gethan hat, was er dem Herrn Wendelin aufbürdet. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0317" n="315"/> allein ich glaube, daß man ihn verleumdet hat, und getraue mir, ihn ganz und gar von dem Verbrechen freizusprechen, das man ihm beimißt. Wer wollte diesem Ehrenmann eine solche Bosheit zutrauen, daß er das Bild einer Ihrer Ahnen sollte verunstaltet haben, den er nie gekannt hat, und der ihn folglich nie beleidiget hat? Sollte er mit Ihnen nicht allerdings zufrieden seyn, so muß man dieses seiner Schwachheit und seiner geringen Kenntniß der großen Welt zu gute halten. Sie bleiben doch Kirchpatron, wenn er Sie auch manchmal auf eine verblümte Art öffentlich tadelt, oder nach der Sprache des gemeinen Mannes von der Kanzel wirft, ich muß mir dieses sowohl als Sie gefallen lassen, und befinde mich auf einen solchen Fall allezeit sehr wohl. Ich kann mir nicht einbilden, daß er seinen Amtseifer gegen Sie an Ihren Vorfahren ausüben sollte; zudem scheinet sein Fuß nicht mehr rüstig genug, gegen eine steinerne Bildsäule dergestalt zu wüten, daß sie davon merklich könnte beschädiget werden, wenn er sich auch Hufeisen hätte auflegen lassen. Ich habe meine besondern Gedanken über diese Sache, Herr Lampert ist zur Intrigue gemacht, wer weiß, ob er das nicht selbst gethan hat, was er dem Herrn Wendelin aufbürdet. </p> </div> </body> </text> </TEI> [315/0317]
allein ich glaube, daß man ihn verleumdet hat, und getraue mir, ihn ganz und gar von dem Verbrechen freizusprechen, das man ihm beimißt. Wer wollte diesem Ehrenmann eine solche Bosheit zutrauen, daß er das Bild einer Ihrer Ahnen sollte verunstaltet haben, den er nie gekannt hat, und der ihn folglich nie beleidiget hat? Sollte er mit Ihnen nicht allerdings zufrieden seyn, so muß man dieses seiner Schwachheit und seiner geringen Kenntniß der großen Welt zu gute halten. Sie bleiben doch Kirchpatron, wenn er Sie auch manchmal auf eine verblümte Art öffentlich tadelt, oder nach der Sprache des gemeinen Mannes von der Kanzel wirft, ich muß mir dieses sowohl als Sie gefallen lassen, und befinde mich auf einen solchen Fall allezeit sehr wohl. Ich kann mir nicht einbilden, daß er seinen Amtseifer gegen Sie an Ihren Vorfahren ausüben sollte; zudem scheinet sein Fuß nicht mehr rüstig genug, gegen eine steinerne Bildsäule dergestalt zu wüten, daß sie davon merklich könnte beschädiget werden, wenn er sich auch Hufeisen hätte auflegen lassen. Ich habe meine besondern Gedanken über diese Sache, Herr Lampert ist zur Intrigue gemacht, wer weiß, ob er das nicht selbst gethan hat, was er dem Herrn Wendelin aufbürdet.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/317 |
Zitationshilfe: | Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/317>, abgerufen am 16.07.2024. |