Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

lassen, weil er einen Bürgermeister hinrichten ließ, der einige Stücke Geld mit des Kaisers Bildnisse bezeichnet, in seinen Beinkleidern mit dahin genommen, Da, wo man nach der Wand den bloßen Rücken kehrt?

Ein Caligula, weil er die erledigte Oberstelle im römischen Rathe seinem Gaule zugedacht hatte; weil er die Verschwendung so hoch trieb, daß er Rebhüner-Eier, Pfauenzungen, und das Gehirne der Krammetsvögel speiste? Ein Nero, daß er einigen Eseln, die besonders bei ihm in Gnaden stunden, goldne Hufeisen auflegen ließ; daß er mit goldnen Netzen fischte, und die Stadt Rom einmal anzünden ließ, um als ein guter Kritikus, eine Stelle des Homers, die nicht nach der Natur gemahlet schien, zu erläutern? Waren diese Herren lasterhaft, tirannisch und verschwenderisch, so waren sie Kaiser und keine Privatpersonen; sie ließen bei allem Unfug, den sie anrichteten, die Gelehrten in ihren Würden, und wenn ja einmal

lassen, weil er einen Bürgermeister hinrichten ließ, der einige Stücke Geld mit des Kaisers Bildnisse bezeichnet, in seinen Beinkleidern mit dahin genommen, Da, wo man nach der Wand den bloßen Rücken kehrt?

Ein Caligula, weil er die erledigte Oberstelle im römischen Rathe seinem Gaule zugedacht hatte; weil er die Verschwendung so hoch trieb, daß er Rebhüner-Eier, Pfauenzungen, und das Gehirne der Krammetsvögel speiste? Ein Nero, daß er einigen Eseln, die besonders bei ihm in Gnaden stunden, goldne Hufeisen auflegen ließ; daß er mit goldnen Netzen fischte, und die Stadt Rom einmal anzünden ließ, um als ein guter Kritikus, eine Stelle des Homers, die nicht nach der Natur gemahlet schien, zu erläutern? Waren diese Herren lasterhaft, tirannisch und verschwenderisch, so waren sie Kaiser und keine Privatpersonen; sie ließen bei allem Unfug, den sie anrichteten, die Gelehrten in ihren Würden, und wenn ja einmal

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0023" n="21"/>
lassen, weil er einen Bürgermeister hinrichten ließ, der einige Stücke Geld mit des Kaisers Bildnisse bezeichnet, in seinen Beinkleidern mit dahin genommen, <quote><hi rendition="#c">Da, wo man nach der Wand den bloßen Rücken kehrt?</hi></quote></p>
        <p>Ein Caligula, weil er die erledigte Oberstelle im römischen Rathe seinem Gaule zugedacht hatte; weil er die Verschwendung so hoch trieb, daß er Rebhüner-Eier, Pfauenzungen, und das Gehirne der Krammetsvögel speiste? Ein Nero, daß er einigen Eseln, die besonders bei ihm in Gnaden stunden, goldne Hufeisen auflegen ließ; daß er mit goldnen Netzen fischte, und die Stadt Rom einmal anzünden ließ, um als ein guter Kritikus, eine Stelle des Homers, die nicht nach der Natur gemahlet schien, zu erläutern? Waren diese Herren lasterhaft, tirannisch und verschwenderisch, so waren sie Kaiser und keine Privatpersonen; sie ließen bei allem Unfug, den sie anrichteten, die Gelehrten in ihren Würden, und wenn ja einmal
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0023] lassen, weil er einen Bürgermeister hinrichten ließ, der einige Stücke Geld mit des Kaisers Bildnisse bezeichnet, in seinen Beinkleidern mit dahin genommen, Da, wo man nach der Wand den bloßen Rücken kehrt? Ein Caligula, weil er die erledigte Oberstelle im römischen Rathe seinem Gaule zugedacht hatte; weil er die Verschwendung so hoch trieb, daß er Rebhüner-Eier, Pfauenzungen, und das Gehirne der Krammetsvögel speiste? Ein Nero, daß er einigen Eseln, die besonders bei ihm in Gnaden stunden, goldne Hufeisen auflegen ließ; daß er mit goldnen Netzen fischte, und die Stadt Rom einmal anzünden ließ, um als ein guter Kritikus, eine Stelle des Homers, die nicht nach der Natur gemahlet schien, zu erläutern? Waren diese Herren lasterhaft, tirannisch und verschwenderisch, so waren sie Kaiser und keine Privatpersonen; sie ließen bei allem Unfug, den sie anrichteten, die Gelehrten in ihren Würden, und wenn ja einmal

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/23
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/23>, abgerufen am 21.11.2024.