Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

das Fräulein hat überdieses so viele Hochachtung für ihren ehemaligen Lehrer, daß sie ihrer muthwilligen Ader ungeachtet, die sich bei ihr mehr als bei Charlotten zu regen scheinet, alles in ihrem Herzen billiget, was sich von diesem herschreibt. Wenn sie auch gleich Ihre Entwürfe manchmal aus einem lächerlichen Gesichtspunkte betrachtet, so ist sie doch weit entfernt, sich Ihnen in der That zu widersetzen. Ich will Ihnen nach meiner Aufrichtigkeit, das merkwürdigste von ihren Urtheilen hierüber entdecken. Sie ist höchstunzufrieden, daß das schöne Geschlecht von der Ehre ausgeschlossen ist, unter die Mitglieder der Akademie aufgenommen zu werden, sie sagte, daß sie dieses von der Hochachtung, die Sie jederzeit gegen die Schönen hätten blicken lassen, ganz gewiß erwartet hätte, daß Sie aber nun gegen Sie sehr aufgebracht wäre, und alles anwenden wollte, um im Namen aller Frauenzimmer sich an Ihnen aufs nachdrücklichste zu rächen. Sie hat einen bösen Anschlag, Ihre Liebste, die Tochter des

das Fräulein hat überdieses so viele Hochachtung für ihren ehemaligen Lehrer, daß sie ihrer muthwilligen Ader ungeachtet, die sich bei ihr mehr als bei Charlotten zu regen scheinet, alles in ihrem Herzen billiget, was sich von diesem herschreibt. Wenn sie auch gleich Ihre Entwürfe manchmal aus einem lächerlichen Gesichtspunkte betrachtet, so ist sie doch weit entfernt, sich Ihnen in der That zu widersetzen. Ich will Ihnen nach meiner Aufrichtigkeit, das merkwürdigste von ihren Urtheilen hierüber entdecken. Sie ist höchstunzufrieden, daß das schöne Geschlecht von der Ehre ausgeschlossen ist, unter die Mitglieder der Akademie aufgenommen zu werden, sie sagte, daß sie dieses von der Hochachtung, die Sie jederzeit gegen die Schönen hätten blicken lassen, ganz gewiß erwartet hätte, daß Sie aber nun gegen Sie sehr aufgebracht wäre, und alles anwenden wollte, um im Namen aller Frauenzimmer sich an Ihnen aufs nachdrücklichste zu rächen. Sie hat einen bösen Anschlag, Ihre Liebste, die Tochter des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0146" n="144"/>
das Fräulein hat überdieses so viele Hochachtung für ihren ehemaligen Lehrer, daß sie ihrer muthwilligen Ader ungeachtet, die sich bei ihr mehr als bei Charlotten zu regen scheinet, alles in ihrem Herzen billiget, was sich von diesem herschreibt. Wenn sie auch gleich Ihre Entwürfe manchmal aus einem lächerlichen Gesichtspunkte betrachtet, so ist sie doch weit entfernt, sich Ihnen in der That zu widersetzen. Ich will Ihnen nach meiner Aufrichtigkeit, das merkwürdigste von ihren Urtheilen hierüber entdecken. Sie ist höchstunzufrieden, daß das schöne Geschlecht von der Ehre ausgeschlossen ist, unter die Mitglieder der Akademie aufgenommen zu werden, sie sagte, daß sie dieses von der Hochachtung, die Sie jederzeit gegen die Schönen hätten blicken lassen, ganz gewiß erwartet hätte, daß Sie aber nun gegen Sie sehr aufgebracht wäre, und alles anwenden wollte, um im Namen aller Frauenzimmer sich an Ihnen aufs nachdrücklichste zu rächen. Sie hat einen bösen Anschlag, Ihre Liebste, die Tochter des
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0146] das Fräulein hat überdieses so viele Hochachtung für ihren ehemaligen Lehrer, daß sie ihrer muthwilligen Ader ungeachtet, die sich bei ihr mehr als bei Charlotten zu regen scheinet, alles in ihrem Herzen billiget, was sich von diesem herschreibt. Wenn sie auch gleich Ihre Entwürfe manchmal aus einem lächerlichen Gesichtspunkte betrachtet, so ist sie doch weit entfernt, sich Ihnen in der That zu widersetzen. Ich will Ihnen nach meiner Aufrichtigkeit, das merkwürdigste von ihren Urtheilen hierüber entdecken. Sie ist höchstunzufrieden, daß das schöne Geschlecht von der Ehre ausgeschlossen ist, unter die Mitglieder der Akademie aufgenommen zu werden, sie sagte, daß sie dieses von der Hochachtung, die Sie jederzeit gegen die Schönen hätten blicken lassen, ganz gewiß erwartet hätte, daß Sie aber nun gegen Sie sehr aufgebracht wäre, und alles anwenden wollte, um im Namen aller Frauenzimmer sich an Ihnen aufs nachdrücklichste zu rächen. Sie hat einen bösen Anschlag, Ihre Liebste, die Tochter des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/146
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/146>, abgerufen am 22.11.2024.