stark pudern und ihre Lippen mit goldroter Farbe be- malen, so können wir es ihm nicht verdenken, wenn er das Küssen ekelhaft nennt.
Nach dem "Miai" werden die jungen Leute befragt, ob sie gegen die Verheiratung etwas einzuwenden haben. Das ist aber nur in seltenen Fällen zu finden; denn in Japan ist man es nicht gewohnt, gegenüber den Eltern eine eigene Meinung zu haben.
Jetzt tauscht man gegenseitig Geschenke aus, und der Tag der Hochzeit wird festgesetzt. Dabei ist man vorsichtig, ja nicht einen Unglückstag zu wählen, gerade wie bei uns auch. In Bezug auf Unglückstage ist der gewöhnliche Japaner sehr abergläubisch. Ich erinnere mich, daß ein mit einer Japanerin verheirateter Abend- länder, welcher mit seiner Frau nach seiner Heimat zurückkehren wollte, monatelang nicht loskommen konnte, da seine Frau bei jedem Abgang eines Schiffes den Einwand erhob, es sei ein Unglückstag. An dem be- stimmten Tage versammelt sich die Hochzeitsgesellschaft in einem Gasthause oder in der Wohnung des Bräuti- gams. Der Ehrenplatz des besten Zimmers ist mit glückverheißender Fichte, Bambus und Pflaumenblüte geschmückt. Davor nimmt das Brautpaar Platz. Unter feierlicher Stille kredenzt man ihm nach einander drei Schälchen Sake (Reisbranntwein), die es gemeinschaftlich trinkt zum Zeichen, daß sie Freud und Leid treulich mit einander teilen wollen. Damit sind sie Mann und Frau ge- worden. An einem der nächsten Tage macht man von der vollzogenen Trauung Mitteilung an die Bezirksbehörde, damit in die Register der neue Name der jungen Frau eingetragen werde, und alles ist nun in schönster Ordnung!
Doch nein! Nun beginnt eine böse Zeit. Wenn es bei uns schon nicht immer wahr ist, daß die Flitter-
ſtark pudern und ihre Lippen mit goldroter Farbe be- malen, ſo können wir es ihm nicht verdenken, wenn er das Küſſen ekelhaft nennt.
Nach dem „Miai“ werden die jungen Leute befragt, ob ſie gegen die Verheiratung etwas einzuwenden haben. Das iſt aber nur in ſeltenen Fällen zu finden; denn in Japan iſt man es nicht gewohnt, gegenüber den Eltern eine eigene Meinung zu haben.
Jetzt tauſcht man gegenſeitig Geſchenke aus, und der Tag der Hochzeit wird feſtgeſetzt. Dabei iſt man vorſichtig, ja nicht einen Unglückstag zu wählen, gerade wie bei uns auch. In Bezug auf Unglückstage iſt der gewöhnliche Japaner ſehr abergläubiſch. Ich erinnere mich, daß ein mit einer Japanerin verheirateter Abend- länder, welcher mit ſeiner Frau nach ſeiner Heimat zurückkehren wollte, monatelang nicht loskommen konnte, da ſeine Frau bei jedem Abgang eines Schiffes den Einwand erhob, es ſei ein Unglückstag. An dem be- ſtimmten Tage verſammelt ſich die Hochzeitsgeſellſchaft in einem Gaſthauſe oder in der Wohnung des Bräuti- gams. Der Ehrenplatz des beſten Zimmers iſt mit glückverheißender Fichte, Bambus und Pflaumenblüte geſchmückt. Davor nimmt das Brautpaar Platz. Unter feierlicher Stille kredenzt man ihm nach einander drei Schälchen Saké (Reisbranntwein), die es gemeinſchaftlich trinkt zum Zeichen, daß ſie Freud und Leid treulich mit einander teilen wollen. Damit ſind ſie Mann und Frau ge- worden. An einem der nächſten Tage macht man von der vollzogenen Trauung Mitteilung an die Bezirksbehörde, damit in die Regiſter der neue Name der jungen Frau eingetragen werde, und alles iſt nun in ſchönſter Ordnung!
Doch nein! Nun beginnt eine böſe Zeit. Wenn es bei uns ſchon nicht immer wahr iſt, daß die Flitter-
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ſtark pudern und ihre Lippen mit goldroter Farbe be-
malen, ſo können wir es ihm nicht verdenken, wenn
er das Küſſen ekelhaft nennt.
Nach dem „Miai“ werden die jungen Leute befragt,
ob ſie gegen die Verheiratung etwas einzuwenden haben.
Das iſt aber nur in ſeltenen Fällen zu finden; denn in
Japan iſt man es nicht gewohnt, gegenüber den Eltern
eine eigene Meinung zu haben.
Jetzt tauſcht man gegenſeitig Geſchenke aus, und
der Tag der Hochzeit wird feſtgeſetzt. Dabei iſt man
vorſichtig, ja nicht einen Unglückstag zu wählen, gerade
wie bei uns auch. In Bezug auf Unglückstage iſt der
gewöhnliche Japaner ſehr abergläubiſch. Ich erinnere
mich, daß ein mit einer Japanerin verheirateter Abend-
länder, welcher mit ſeiner Frau nach ſeiner Heimat
zurückkehren wollte, monatelang nicht loskommen konnte,
da ſeine Frau bei jedem Abgang eines Schiffes den
Einwand erhob, es ſei ein Unglückstag. An dem be-
ſtimmten Tage verſammelt ſich die Hochzeitsgeſellſchaft
in einem Gaſthauſe oder in der Wohnung des Bräuti-
gams. Der Ehrenplatz des beſten Zimmers iſt mit
glückverheißender Fichte, Bambus und Pflaumenblüte
geſchmückt. Davor nimmt das Brautpaar Platz. Unter
feierlicher Stille kredenzt man ihm nach einander drei
Schälchen Saké (Reisbranntwein), die es gemeinſchaftlich
trinkt zum Zeichen, daß ſie Freud und Leid treulich mit
einander teilen wollen. Damit ſind ſie Mann und Frau ge-
worden. An einem der nächſten Tage macht man von der
vollzogenen Trauung Mitteilung an die Bezirksbehörde,
damit in die Regiſter der neue Name der jungen Frau
eingetragen werde, und alles iſt nun in ſchönſter Ordnung!
Doch nein! Nun beginnt eine böſe Zeit. Wenn
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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/146>, abgerufen am 23.11.2024.
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