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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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hinderte, so daß er elend verkümmern mußte. So groß
die Bereitwilligkeit des Japaners ist, in ritterlichem
Sinn für die Sache des Unterdrückten einzustehen, so
habe ich doch ein warmherziges Mitleid mit den Müh-
seligen und Beladenen der Menschheit selten gefun-
den. Dagegen kann er recht hart sein. Kann doch
darüber kein Zweifel bestehen, daß die Japaner wäh-
rend des chinesischen Krieges einige Male sehr grausam
verfuhren. Charakteristisch für die in ihrem Innern
zurückgebliebenen Spuren eines hartherzigen Barbaris-
mus sind auch die von Chinesenblut triefenden Kriegs-
bilder, welche Kulturbilder eigentümlicher Art sind,
ferner abgeschnittene blutige Chinesenköpfe, in Papp-
deckel nachgemacht, welche Kindern zum Spielzeug dienten,
und anderes mehr. Ich habe des öftern christliche Ja-
paner gefragt, ob sie nicht Mitleid mit den chinesischen
Kriegsgefangenen hätten; ich erhielt von denselben stets
zur Antwort, daß sie die Gefangenen mit Neugier und
Stolz betrachteten, aber nicht mit Mitleid.

Wer sich die Mühe nimmt, sich einmal für ein paar
Stunden an den Kudanhügel im Centrum von Tokyo
hinzustellen und die Jinriksha zu beobachten, wird da-
bei eine interessante Entdeckung machen. Während näm-
lich die Europäer sämtlich am Fuße des Hügels aus-
steigen oder noch einen zweiten Mann zum Drücken enga-
gieren, lassen sich die Japaner mit sehr wenigen Aus-
nahmen von ihrem einzigen Kuli hinaufziehen; ja häufig
genug sieht man zwei wohlgenährte Soldaten in einer
Jinriksha, von nur einem Mann gezogen, hinauffahren.
Ich bin im Gebirge auf sehr holprigen und steil auf-
steigenden Wegen Jinriksha begegnet, dabei der arme
Wagenzieher kaum von der Stelle kam und in Schweiß
förmlich aufgelöst war, so daß ich aus Mitleid mit ihm

hinderte, ſo daß er elend verkümmern mußte. So groß
die Bereitwilligkeit des Japaners iſt, in ritterlichem
Sinn für die Sache des Unterdrückten einzuſtehen, ſo
habe ich doch ein warmherziges Mitleid mit den Müh-
ſeligen und Beladenen der Menſchheit ſelten gefun-
den. Dagegen kann er recht hart ſein. Kann doch
darüber kein Zweifel beſtehen, daß die Japaner wäh-
rend des chineſiſchen Krieges einige Male ſehr grauſam
verfuhren. Charakteriſtiſch für die in ihrem Innern
zurückgebliebenen Spuren eines hartherzigen Barbaris-
mus ſind auch die von Chineſenblut triefenden Kriegs-
bilder, welche Kulturbilder eigentümlicher Art ſind,
ferner abgeſchnittene blutige Chineſenköpfe, in Papp-
deckel nachgemacht, welche Kindern zum Spielzeug dienten,
und anderes mehr. Ich habe des öftern chriſtliche Ja-
paner gefragt, ob ſie nicht Mitleid mit den chineſiſchen
Kriegsgefangenen hätten; ich erhielt von denſelben ſtets
zur Antwort, daß ſie die Gefangenen mit Neugier und
Stolz betrachteten, aber nicht mit Mitleid.

Wer ſich die Mühe nimmt, ſich einmal für ein paar
Stunden an den Kudanhügel im Centrum von Tokyo
hinzuſtellen und die Jinrikſha zu beobachten, wird da-
bei eine intereſſante Entdeckung machen. Während näm-
lich die Europäer ſämtlich am Fuße des Hügels aus-
ſteigen oder noch einen zweiten Mann zum Drücken enga-
gieren, laſſen ſich die Japaner mit ſehr wenigen Aus-
nahmen von ihrem einzigen Kuli hinaufziehen; ja häufig
genug ſieht man zwei wohlgenährte Soldaten in einer
Jinrikſha, von nur einem Mann gezogen, hinauffahren.
Ich bin im Gebirge auf ſehr holprigen und ſteil auf-
ſteigenden Wegen Jinrikſha begegnet, dabei der arme
Wagenzieher kaum von der Stelle kam und in Schweiß
förmlich aufgelöſt war, ſo daß ich aus Mitleid mit ihm

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[123/0137] hinderte, ſo daß er elend verkümmern mußte. So groß die Bereitwilligkeit des Japaners iſt, in ritterlichem Sinn für die Sache des Unterdrückten einzuſtehen, ſo habe ich doch ein warmherziges Mitleid mit den Müh- ſeligen und Beladenen der Menſchheit ſelten gefun- den. Dagegen kann er recht hart ſein. Kann doch darüber kein Zweifel beſtehen, daß die Japaner wäh- rend des chineſiſchen Krieges einige Male ſehr grauſam verfuhren. Charakteriſtiſch für die in ihrem Innern zurückgebliebenen Spuren eines hartherzigen Barbaris- mus ſind auch die von Chineſenblut triefenden Kriegs- bilder, welche Kulturbilder eigentümlicher Art ſind, ferner abgeſchnittene blutige Chineſenköpfe, in Papp- deckel nachgemacht, welche Kindern zum Spielzeug dienten, und anderes mehr. Ich habe des öftern chriſtliche Ja- paner gefragt, ob ſie nicht Mitleid mit den chineſiſchen Kriegsgefangenen hätten; ich erhielt von denſelben ſtets zur Antwort, daß ſie die Gefangenen mit Neugier und Stolz betrachteten, aber nicht mit Mitleid. Wer ſich die Mühe nimmt, ſich einmal für ein paar Stunden an den Kudanhügel im Centrum von Tokyo hinzuſtellen und die Jinrikſha zu beobachten, wird da- bei eine intereſſante Entdeckung machen. Während näm- lich die Europäer ſämtlich am Fuße des Hügels aus- ſteigen oder noch einen zweiten Mann zum Drücken enga- gieren, laſſen ſich die Japaner mit ſehr wenigen Aus- nahmen von ihrem einzigen Kuli hinaufziehen; ja häufig genug ſieht man zwei wohlgenährte Soldaten in einer Jinrikſha, von nur einem Mann gezogen, hinauffahren. Ich bin im Gebirge auf ſehr holprigen und ſteil auf- ſteigenden Wegen Jinrikſha begegnet, dabei der arme Wagenzieher kaum von der Stelle kam und in Schweiß förmlich aufgelöſt war, ſo daß ich aus Mitleid mit ihm

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/137>, abgerufen am 24.11.2024.