Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.der Natur, die außerordentlichen Begebenheiten dersel- ben, führen uns selten dahin zurück: und wenn es geschicht, so machen wir daraus keine moralische Anwendung auf uns. Der Wille Gottes in Absicht unsrer Glückseeligkeit bleibt der Vernunft zweifelhaft, so lange der Verstand ihn finden soll. Die verschiedenen Offenbahrungen im alten Testament, die Strafen, die Weißagungen, das Gesetz, ließen noch Zweifel übrig, ob solche nicht natürliche Ursachen und Menschen zum Ursprung haben könnten. Jtzt aber, da Christus in die Welt gekommen ist, und gesagt, daß er den Willen Gottes lehre, daß er zu diesem Endzweck gesandt, und daß er selbst Gott sey: so bleibt keine Entschuldigung der Unwissenheit und des Jrrthums übrig. Jeder, der die Gelegenheit dazu hat, und es will, kann sich davon überzeugen. Ein glaubwürdiges Zeugniß ist eben so zuverlässig, auf
der Natur, die außerordentlichen Begebenheiten derſel- ben, fuͤhren uns ſelten dahin zuruͤck: und wenn es geſchicht, ſo machen wir daraus keine moraliſche Anwendung auf uns. Der Wille Gottes in Abſicht unſrer Gluͤckſeeligkeit bleibt der Vernunft zweifelhaft, ſo lange der Verſtand ihn finden ſoll. Die verſchiedenen Offenbahrungen im alten Teſtament, die Strafen, die Weißagungen, das Geſetz, ließen noch Zweifel uͤbrig, ob ſolche nicht natuͤrliche Urſachen und Menſchen zum Urſprung haben koͤnnten. Jtzt aber, da Chriſtus in die Welt gekommen iſt, und geſagt, daß er den Willen Gottes lehre, daß er zu dieſem Endzweck geſandt, und daß er ſelbſt Gott ſey: ſo bleibt keine Entſchuldigung der Unwiſſenheit und des Jrrthums uͤbrig. Jeder, der die Gelegenheit dazu hat, und es will, kann ſich davon uͤberzeugen. Ein glaubwuͤrdiges Zeugniß iſt eben ſo zuverlaͤſſig, auf
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der Natur, die außerordentlichen Begebenheiten derſel-
ben, fuͤhren uns ſelten dahin zuruͤck: und wenn es geſchicht,
ſo machen wir daraus keine moraliſche Anwendung auf uns.
Der Wille Gottes in Abſicht unſrer Gluͤckſeeligkeit bleibt
der Vernunft zweifelhaft, ſo lange der Verſtand ihn finden
ſoll. Die verſchiedenen Offenbahrungen im alten Teſtament,
die Strafen, die Weißagungen, das Geſetz, ließen noch
Zweifel uͤbrig, ob ſolche nicht natuͤrliche Urſachen und
Menſchen zum Urſprung haben koͤnnten. Jtzt aber, da
Chriſtus in die Welt gekommen iſt, und geſagt, daß er den
Willen Gottes lehre, daß er zu dieſem Endzweck geſandt,
und daß er ſelbſt Gott ſey: ſo bleibt keine Entſchuldigung
der Unwiſſenheit und des Jrrthums uͤbrig. Jeder, der
die Gelegenheit dazu hat, und es will, kann ſich davon
uͤberzeugen.
Ein glaubwuͤrdiges Zeugniß iſt eben ſo zuverlaͤſſig,
als wenn ich einer Begebenheit aus meiner Erfahrung ge-
wiß bin, und wer das letzte verlangt, kann noch taͤglich die
Beſtaͤtigung der Weißagung Chriſti in Abſicht der Juden
mit ſeinen Augen ſehen. Ein Volk, das durch keine Ver-
achtung, Verfolgung und Unterdruͤckung dahin gebracht
werden koͤnnen, ſich mit andern Nationen zu vermiſchen
und ihre Sitten und Gebraͤuche anzunehmen. Die Wun-
der, wodurch Chriſtus ſeine goͤttliche Sendung beſtaͤtigt
hat, koͤnnen mit gleicher Gewißheit bewieſen werden. Sie
ſind ohne Vorbereitung, ohne Nebenumſtaͤnde, ſo die
Sinne verblenden koͤnnen, gelegentlich, unerwartet und
in Gegenwart mistrauiſcher Zuſchauer geſchehen, ſo daß
kein Betrug dabey vermuhtet werden kann. Es waren
außerdem Handlungen, von denen jedermann ohne be-
ſondre Einſichten begreifen konnte, daß ſolche nicht durch
das Mittel, ſo dazu angewendet ward, hervorzubringen
moͤglich ſey. Ein Blindgebohrner ward ſehend, ein vier
Tage im Grabe gelegener Todter lebendig und einer durch
die Gicht contract gewordener geſund: und dieß geſchah
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