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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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Zuletzt bat mich der Graf ihm einen Tag zu be-
stimmen, an welchem er das heilige Abendmahl empfan-
gen könnte. Jch vermuhtete daß der nächste Donnerstag
sein Todestag seyn würde, und er wünschte diese heilige
Handlung nicht ganz nahe an diesem Tage zu begehen.
Wir setzten also den bevorstehenden Montag dazu an. Bey
dieser Veranlassung unterredeten wir uns noch über die
Natur und Absicht dieser Stiftung Jesu, und ich ver-
sprach noch besonders davon mit ihm zu handeln.

Drey und dreißigste Unterredung, den
24sten April.

Der Graf war gestern mit seinem Aufsatz über seine
Bekehrung fertig worden, und übergab mir densel-
ben. Er versicherte mich, er habe mit einer gewissen
Aengstlichkeit daran gearbeitet, um ja nichts zu sagen,
was nicht seinen vormaligen oder itzigen Gesinnungen ge-
mäß wäre. Daher wäre die Arbeit langsam von statten
gegangen. Er besorgte, daß er sich hin und wieder nicht
deutlich oder bestimmt genug möchte ausgedruckt haben,
indem er theils seit verschiedenen Jahren nicht vieles in
deutscher Sprache, und niemals über solche Materien ge-
schrieben, theils sich bemühet habe, seine Gedanken kurz
zusammen zu fassen, damit er nicht zu weitläuftig würde.
Uebrigens sey ihm diese Beschäfftigung sehr angenehm ge-
wesen, weil sie ihm Gelegenheit gegeben hätte noch ein-
mahl die ganze Reihe der Beweise durchzudenken, die
seine Ueberzeugung verursacht hätten: und er habe diese
itzt so stark gefunden, daß er gewiß sey, er würde sein
Leben mit aller irdischen Glückseeligkeit durch keine Hand-
lung erkaufen, die derselben widerspräche. Er bäte mich
nun seinen Aufsatz durchzulesen und zu beurtheilen, ob ich
ihn der Absicht gemäß fände, wozu er geschrieben wäre.
Weil wir nur wenig Zeit mehr vor uns sahen, so ent-
schlossen wir uns diejenige, die wir nun gleich hätten,

dazu


Zuletzt bat mich der Graf ihm einen Tag zu be-
ſtimmen, an welchem er das heilige Abendmahl empfan-
gen koͤnnte. Jch vermuhtete daß der naͤchſte Donnerſtag
ſein Todestag ſeyn wuͤrde, und er wuͤnſchte dieſe heilige
Handlung nicht ganz nahe an dieſem Tage zu begehen.
Wir ſetzten alſo den bevorſtehenden Montag dazu an. Bey
dieſer Veranlaſſung unterredeten wir uns noch uͤber die
Natur und Abſicht dieſer Stiftung Jeſu, und ich ver-
ſprach noch beſonders davon mit ihm zu handeln.

Drey und dreißigſte Unterredung, den
24ſten April.

Der Graf war geſtern mit ſeinem Aufſatz uͤber ſeine
Bekehrung fertig worden, und uͤbergab mir denſel-
ben. Er verſicherte mich, er habe mit einer gewiſſen
Aengſtlichkeit daran gearbeitet, um ja nichts zu ſagen,
was nicht ſeinen vormaligen oder itzigen Geſinnungen ge-
maͤß waͤre. Daher waͤre die Arbeit langſam von ſtatten
gegangen. Er beſorgte, daß er ſich hin und wieder nicht
deutlich oder beſtimmt genug moͤchte ausgedruckt haben,
indem er theils ſeit verſchiedenen Jahren nicht vieles in
deutſcher Sprache, und niemals uͤber ſolche Materien ge-
ſchrieben, theils ſich bemuͤhet habe, ſeine Gedanken kurz
zuſammen zu faſſen, damit er nicht zu weitlaͤuftig wuͤrde.
Uebrigens ſey ihm dieſe Beſchaͤfftigung ſehr angenehm ge-
weſen, weil ſie ihm Gelegenheit gegeben haͤtte noch ein-
mahl die ganze Reihe der Beweiſe durchzudenken, die
ſeine Ueberzeugung verurſacht haͤtten: und er habe dieſe
itzt ſo ſtark gefunden, daß er gewiß ſey, er wuͤrde ſein
Leben mit aller irdiſchen Gluͤckſeeligkeit durch keine Hand-
lung erkaufen, die derſelben widerſpraͤche. Er baͤte mich
nun ſeinen Aufſatz durchzuleſen und zu beurtheilen, ob ich
ihn der Abſicht gemaͤß faͤnde, wozu er geſchrieben waͤre.
Weil wir nur wenig Zeit mehr vor uns ſahen, ſo ent-
ſchloſſen wir uns diejenige, die wir nun gleich haͤtten,

dazu
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[248/0260] Zuletzt bat mich der Graf ihm einen Tag zu be- ſtimmen, an welchem er das heilige Abendmahl empfan- gen koͤnnte. Jch vermuhtete daß der naͤchſte Donnerſtag ſein Todestag ſeyn wuͤrde, und er wuͤnſchte dieſe heilige Handlung nicht ganz nahe an dieſem Tage zu begehen. Wir ſetzten alſo den bevorſtehenden Montag dazu an. Bey dieſer Veranlaſſung unterredeten wir uns noch uͤber die Natur und Abſicht dieſer Stiftung Jeſu, und ich ver- ſprach noch beſonders davon mit ihm zu handeln. Drey und dreißigſte Unterredung, den 24ſten April. Der Graf war geſtern mit ſeinem Aufſatz uͤber ſeine Bekehrung fertig worden, und uͤbergab mir denſel- ben. Er verſicherte mich, er habe mit einer gewiſſen Aengſtlichkeit daran gearbeitet, um ja nichts zu ſagen, was nicht ſeinen vormaligen oder itzigen Geſinnungen ge- maͤß waͤre. Daher waͤre die Arbeit langſam von ſtatten gegangen. Er beſorgte, daß er ſich hin und wieder nicht deutlich oder beſtimmt genug moͤchte ausgedruckt haben, indem er theils ſeit verſchiedenen Jahren nicht vieles in deutſcher Sprache, und niemals uͤber ſolche Materien ge- ſchrieben, theils ſich bemuͤhet habe, ſeine Gedanken kurz zuſammen zu faſſen, damit er nicht zu weitlaͤuftig wuͤrde. Uebrigens ſey ihm dieſe Beſchaͤfftigung ſehr angenehm ge- weſen, weil ſie ihm Gelegenheit gegeben haͤtte noch ein- mahl die ganze Reihe der Beweiſe durchzudenken, die ſeine Ueberzeugung verurſacht haͤtten: und er habe dieſe itzt ſo ſtark gefunden, daß er gewiß ſey, er wuͤrde ſein Leben mit aller irdiſchen Gluͤckſeeligkeit durch keine Hand- lung erkaufen, die derſelben widerſpraͤche. Er baͤte mich nun ſeinen Aufſatz durchzuleſen und zu beurtheilen, ob ich ihn der Abſicht gemaͤß faͤnde, wozu er geſchrieben waͤre. Weil wir nur wenig Zeit mehr vor uns ſahen, ſo ent- ſchloſſen wir uns diejenige, die wir nun gleich haͤtten, dazu

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/260>, abgerufen am 25.11.2024.