Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.Jesu und selbst in der Stunde desselben erfolgte. Dieß gäbe schon die stärkste Vermuthung, daß Gott es so bestimmt habe, um die Menschen auf den Tod Christi aufmerksam zu machen. "Sie hätten noch hinzu setzen können, Herr Graf, daß eine Sonnenfinsterniß am Tage vor dem jüdischen Osterfeste, aus den natürlichen Ursa- chen wenigstens, woraus diese Erscheinung sonst entsteht, nicht möglich war." u. s. w. Der Vater des Grafen hatte mich neulich in Zwanzigste Unterredung, den 3ten April. Die Absicht dieser Unterredung war, dem Grafen die als L 4
Jeſu und ſelbſt in der Stunde deſſelben erfolgte. Dieß gaͤbe ſchon die ſtaͤrkſte Vermuthung, daß Gott es ſo beſtimmt habe, um die Menſchen auf den Tod Chriſti aufmerkſam zu machen. “Sie haͤtten noch hinzu ſetzen koͤnnen, Herr Graf, daß eine Sonnenfinſterniß am Tage vor dem juͤdiſchen Oſterfeſte, aus den natuͤrlichen Urſa- chen wenigſtens, woraus dieſe Erſcheinung ſonſt entſteht, nicht moͤglich war.„ u. ſ. w. Der Vater des Grafen hatte mich neulich in Zwanzigſte Unterredung, den 3ten April. Die Abſicht dieſer Unterredung war, dem Grafen die als L 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0179" n="167"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Jeſu und ſelbſt in der Stunde deſſelben erfolgte. Dieß<lb/> gaͤbe ſchon die ſtaͤrkſte Vermuthung, daß Gott es ſo<lb/> beſtimmt habe, um die Menſchen auf den Tod Chriſti<lb/> aufmerkſam zu machen. “Sie haͤtten noch hinzu ſetzen<lb/> koͤnnen, Herr Graf, daß eine Sonnenfinſterniß am Tage<lb/> vor dem juͤdiſchen Oſterfeſte, aus den natuͤrlichen Urſa-<lb/> chen wenigſtens, woraus dieſe Erſcheinung ſonſt entſteht,<lb/> nicht moͤglich war.„ u. ſ. w.</p><lb/> <p>Der Vater des Grafen hatte mich neulich in<lb/> einem Briefe gebeten, ſeinen Sohn von ſeiner fortdau-<lb/> renden Liebe und Fuͤrbitte zu verſichern. Jch gab ihm<lb/> den Brief zu leſen. Er wollte etwas antworten, konnte<lb/> aber vor Wehmuth nicht. Als ich eine halbe Stunde<lb/> darnach weggieng, bat er mich mit heißen Thraͤnen an<lb/> ſeine Eltern zu ſchreiben, und ihnen in ſeinem Nahmen<lb/> zu ſagen, daß er gewiß hoffte ihnen den einzigen Troſt<lb/> zu verſchaffen, den ſie ſich wuͤnſchten, daß ſie nemlich<lb/> erwarten duͤrften, ihn einſt unter den Begnadigten Got-<lb/> tes wieder zu finden.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Zwanzigſte Unterredung, den 3ten April.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Abſicht dieſer Unterredung war, dem Grafen die<lb/> Lehre der Schrift vorzutragen, daß mit dem Vater<lb/> und Sohne auch der heilige Geiſt wahrer Gott ſey. Jch<lb/> erklaͤrte ihm, als ich anfieng davon zu reden, daß die<lb/> Lehre vom heiligen Geiſte nicht ſo deutlich und ausdruͤck-<lb/> lich in der Bibel vorgetragen ſey, als die von Chriſto;<lb/> daß der Ausdruck heiliger Geiſt und Geiſt des Herrn<lb/> oder Geiſt Gottes ſehr viele und verſchiedene Bedeutun-<lb/> gen in der Schrift habe; und daß man nicht gewiß<lb/> beweiſen koͤnne, der heilige Geiſt werde gerade zu und<lb/> mit ausdruͤcklicher Beylegung des goͤttlichen Nahmens,<lb/> Gott genannt. Weil aber doch die heilige Schrift ihn<lb/> <fw place="bottom" type="sig">L 4</fw><fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [167/0179]
Jeſu und ſelbſt in der Stunde deſſelben erfolgte. Dieß
gaͤbe ſchon die ſtaͤrkſte Vermuthung, daß Gott es ſo
beſtimmt habe, um die Menſchen auf den Tod Chriſti
aufmerkſam zu machen. “Sie haͤtten noch hinzu ſetzen
koͤnnen, Herr Graf, daß eine Sonnenfinſterniß am Tage
vor dem juͤdiſchen Oſterfeſte, aus den natuͤrlichen Urſa-
chen wenigſtens, woraus dieſe Erſcheinung ſonſt entſteht,
nicht moͤglich war.„ u. ſ. w.
Der Vater des Grafen hatte mich neulich in
einem Briefe gebeten, ſeinen Sohn von ſeiner fortdau-
renden Liebe und Fuͤrbitte zu verſichern. Jch gab ihm
den Brief zu leſen. Er wollte etwas antworten, konnte
aber vor Wehmuth nicht. Als ich eine halbe Stunde
darnach weggieng, bat er mich mit heißen Thraͤnen an
ſeine Eltern zu ſchreiben, und ihnen in ſeinem Nahmen
zu ſagen, daß er gewiß hoffte ihnen den einzigen Troſt
zu verſchaffen, den ſie ſich wuͤnſchten, daß ſie nemlich
erwarten duͤrften, ihn einſt unter den Begnadigten Got-
tes wieder zu finden.
Zwanzigſte Unterredung, den 3ten April.
Die Abſicht dieſer Unterredung war, dem Grafen die
Lehre der Schrift vorzutragen, daß mit dem Vater
und Sohne auch der heilige Geiſt wahrer Gott ſey. Jch
erklaͤrte ihm, als ich anfieng davon zu reden, daß die
Lehre vom heiligen Geiſte nicht ſo deutlich und ausdruͤck-
lich in der Bibel vorgetragen ſey, als die von Chriſto;
daß der Ausdruck heiliger Geiſt und Geiſt des Herrn
oder Geiſt Gottes ſehr viele und verſchiedene Bedeutun-
gen in der Schrift habe; und daß man nicht gewiß
beweiſen koͤnne, der heilige Geiſt werde gerade zu und
mit ausdruͤcklicher Beylegung des goͤttlichen Nahmens,
Gott genannt. Weil aber doch die heilige Schrift ihn
als
L 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |