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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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als ich gedacht habe, aufmerksam machen. Die Frey-
geister wollen ja immer den Bekehrungen ihrer Brüder
zum Christenthum, die in den letzten Tagen ihres Lebens
geschehen, nicht trauen. Sie sagen, sie müßten durch
das Declamiren der Prediger überrascht worden seyn, sie
müßten ihre Vernunft verlohren, oder in der Betäubung
der Krankheit und aus Todesfurcht selbst nicht gewußt
haben, was sie thäten. Nun, da ich auf diesem Wege
zum Christenthum gekommen bin, soll niemand das von
mir sagen können. Jch habe bey völliger Gesundheit
des Leibes mit aller Vernunft, die ich habe, das Chri-
stenthum geprüft, ich bin alle Beweise durchgegangen,
ich empfinde keine Furcht, die mich betäuben sollte, und
ich habe mir Zeit genommen und nichts übereilt. Es
kommt nun noch zu meiner eigenen Beruhigung alles
darauf an, daß ich untersuche, ob ich die Kennzeichen
bey mir finde, die daseyn müssen, wenn ich mich mit
Grunde für begnadigt von Gott halten will. "Dazu,
Herr Graf, habe ich Jhnen Spaldings Buch vom Wehrt
der Gefühle im Christenthum gegeben. Lesen Sie es um
richtige Begriffe von diesen Kennzeichen der Begnadigung
zu erhalten.

Jch übergab ihm noch einen Brief von seiner
frommen Mutter, den er mit einer zärtlichen und ruhigen
Miene annahm, und allein zu lesen versprach. Nie-
mals, sagte er, habe ich eine solche Liebe zu meinen El-
tern empfunden als itzt, nie bin ich so sehr davon über-
zeugt gewesen, wie gut sie es immer mit mir gemeynet
haben. Und meine gute Mutter! Hier stürzten ihm die
Thränen aus den Augen. Sie hat mich immer vor-
züglich geliebt! -- Hier ist dieser Brief.

"Anstatt
K 2



als ich gedacht habe, aufmerkſam machen. Die Frey-
geiſter wollen ja immer den Bekehrungen ihrer Bruͤder
zum Chriſtenthum, die in den letzten Tagen ihres Lebens
geſchehen, nicht trauen. Sie ſagen, ſie muͤßten durch
das Declamiren der Prediger uͤberraſcht worden ſeyn, ſie
muͤßten ihre Vernunft verlohren, oder in der Betaͤubung
der Krankheit und aus Todesfurcht ſelbſt nicht gewußt
haben, was ſie thaͤten. Nun, da ich auf dieſem Wege
zum Chriſtenthum gekommen bin, ſoll niemand das von
mir ſagen koͤnnen. Jch habe bey voͤlliger Geſundheit
des Leibes mit aller Vernunft, die ich habe, das Chri-
ſtenthum gepruͤft, ich bin alle Beweiſe durchgegangen,
ich empfinde keine Furcht, die mich betaͤuben ſollte, und
ich habe mir Zeit genommen und nichts uͤbereilt. Es
kommt nun noch zu meiner eigenen Beruhigung alles
darauf an, daß ich unterſuche, ob ich die Kennzeichen
bey mir finde, die daſeyn muͤſſen, wenn ich mich mit
Grunde fuͤr begnadigt von Gott halten will. “Dazu,
Herr Graf, habe ich Jhnen Spaldings Buch vom Wehrt
der Gefuͤhle im Chriſtenthum gegeben. Leſen Sie es um
richtige Begriffe von dieſen Kennzeichen der Begnadigung
zu erhalten.

Jch uͤbergab ihm noch einen Brief von ſeiner
frommen Mutter, den er mit einer zaͤrtlichen und ruhigen
Miene annahm, und allein zu leſen verſprach. Nie-
mals, ſagte er, habe ich eine ſolche Liebe zu meinen El-
tern empfunden als itzt, nie bin ich ſo ſehr davon uͤber-
zeugt geweſen, wie gut ſie es immer mit mir gemeynet
haben. Und meine gute Mutter! Hier ſtuͤrzten ihm die
Thraͤnen aus den Augen. Sie hat mich immer vor-
zuͤglich geliebt! — Hier iſt dieſer Brief.

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[147/0159] als ich gedacht habe, aufmerkſam machen. Die Frey- geiſter wollen ja immer den Bekehrungen ihrer Bruͤder zum Chriſtenthum, die in den letzten Tagen ihres Lebens geſchehen, nicht trauen. Sie ſagen, ſie muͤßten durch das Declamiren der Prediger uͤberraſcht worden ſeyn, ſie muͤßten ihre Vernunft verlohren, oder in der Betaͤubung der Krankheit und aus Todesfurcht ſelbſt nicht gewußt haben, was ſie thaͤten. Nun, da ich auf dieſem Wege zum Chriſtenthum gekommen bin, ſoll niemand das von mir ſagen koͤnnen. Jch habe bey voͤlliger Geſundheit des Leibes mit aller Vernunft, die ich habe, das Chri- ſtenthum gepruͤft, ich bin alle Beweiſe durchgegangen, ich empfinde keine Furcht, die mich betaͤuben ſollte, und ich habe mir Zeit genommen und nichts uͤbereilt. Es kommt nun noch zu meiner eigenen Beruhigung alles darauf an, daß ich unterſuche, ob ich die Kennzeichen bey mir finde, die daſeyn muͤſſen, wenn ich mich mit Grunde fuͤr begnadigt von Gott halten will. “Dazu, Herr Graf, habe ich Jhnen Spaldings Buch vom Wehrt der Gefuͤhle im Chriſtenthum gegeben. Leſen Sie es um richtige Begriffe von dieſen Kennzeichen der Begnadigung zu erhalten. Jch uͤbergab ihm noch einen Brief von ſeiner frommen Mutter, den er mit einer zaͤrtlichen und ruhigen Miene annahm, und allein zu leſen verſprach. Nie- mals, ſagte er, habe ich eine ſolche Liebe zu meinen El- tern empfunden als itzt, nie bin ich ſo ſehr davon uͤber- zeugt geweſen, wie gut ſie es immer mit mir gemeynet haben. Und meine gute Mutter! Hier ſtuͤrzten ihm die Thraͤnen aus den Augen. Sie hat mich immer vor- zuͤglich geliebt! — Hier iſt dieſer Brief. “Anſtatt K 2

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/159>, abgerufen am 27.11.2024.