Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.erstreckte, und zu demjenigen wurde, was man einen vertrauten Umgang nennt, obschon wir einander sämmtlich eben nichts vertrauten, was nicht auch jeder Andere hätte erfahren dürfen. Was insonderheit mich und Albus anlangte, so fehlte es mir zwar nicht gänzlich an einem Gegenstande des Vertrauens, dasselbe schien aber überflüssig. Daß Mariane mich anzog, sah er selbst, und schien es gern zu sehen; sei es nun, daß er im ausschließlichen Besitz ihrer jungfräulichen Liebe sich vollkommen sicher fühlte, oder daß er meine Zuneigung für ganz unabhängig vom sinnlichen Triebe hielt. Und in der That glaube ich, daß er in Hinsicht des letzteren Punktes schon damals nicht mehr im Irrthume gewesen wäre. Der überraschende Eindruck, welchen der Anblick ihrer leiblichen erstreckte, und zu demjenigen wurde, was man einen vertrauten Umgang nennt, obschon wir einander sämmtlich eben nichts vertrauten, was nicht auch jeder Andere hätte erfahren dürfen. Was insonderheit mich und Albus anlangte, so fehlte es mir zwar nicht gänzlich an einem Gegenstande des Vertrauens, dasselbe schien aber überflüssig. Daß Mariane mich anzog, sah er selbst, und schien es gern zu sehen; sei es nun, daß er im ausschließlichen Besitz ihrer jungfräulichen Liebe sich vollkommen sicher fühlte, oder daß er meine Zuneigung für ganz unabhängig vom sinnlichen Triebe hielt. Und in der That glaube ich, daß er in Hinsicht des letzteren Punktes schon damals nicht mehr im Irrthume gewesen wäre. Der überraschende Eindruck, welchen der Anblick ihrer leiblichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0095" n="75"/> erstreckte, und zu demjenigen wurde, was man einen vertrauten Umgang nennt, obschon wir einander sämmtlich eben nichts <hi rendition="#g">vertrauten</hi>, was nicht auch jeder Andere hätte erfahren dürfen.</p> <p>Was insonderheit mich und Albus anlangte, so fehlte es mir zwar nicht gänzlich an einem <hi rendition="#g">Gegenstande</hi> des Vertrauens, dasselbe schien aber überflüssig. Daß <hi rendition="#g">Mariane</hi> mich anzog, sah er selbst, und schien es <hi rendition="#g">gern</hi> zu sehen; sei es nun, daß er im ausschließlichen Besitz ihrer <hi rendition="#g">jungfräulichen</hi> Liebe sich vollkommen sicher fühlte, oder daß er meine Zuneigung für ganz unabhängig vom sinnlichen Triebe hielt. Und in der That glaube ich, daß er in Hinsicht des letzteren Punktes schon damals nicht mehr im Irrthume gewesen wäre. Der überraschende Eindruck, welchen der Anblick ihrer leiblichen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0095]
erstreckte, und zu demjenigen wurde, was man einen vertrauten Umgang nennt, obschon wir einander sämmtlich eben nichts vertrauten, was nicht auch jeder Andere hätte erfahren dürfen.
Was insonderheit mich und Albus anlangte, so fehlte es mir zwar nicht gänzlich an einem Gegenstande des Vertrauens, dasselbe schien aber überflüssig. Daß Mariane mich anzog, sah er selbst, und schien es gern zu sehen; sei es nun, daß er im ausschließlichen Besitz ihrer jungfräulichen Liebe sich vollkommen sicher fühlte, oder daß er meine Zuneigung für ganz unabhängig vom sinnlichen Triebe hielt. Und in der That glaube ich, daß er in Hinsicht des letzteren Punktes schon damals nicht mehr im Irrthume gewesen wäre. Der überraschende Eindruck, welchen der Anblick ihrer leiblichen
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Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/95>, abgerufen am 31.07.2024. |