Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.nicht mehr daran zweifeln, daß er sich eine Verschuldung an seines Bruders Tode beimaß, weil er es zu früh aus dem Gürtel gerissen und den Augen des Räubers entblößt hatte, der mit dem Angefallenen rang und denselben niederschoß, als er einen Bewaffneten herbei eilen sah. Seine Geneigtheit zur Selbstpeinigung ging aus der Geschichte mit dem Knaben anschaulich hervor. Er fühlte unstreitig diese Charakterschwäche, als er die Leiche wieder erblickte, und seine Apostrophe an die "Mariane" stand augenscheinlich in unmittelbarer Beziehung mit dem feierlichen Schwure, wodurch das Mädchen ihn früher von einem Selbstmord aus überreiztem Schuldgefühl abgehalten hatte. "Du kannst es nicht tragen, ich (denn ich) kann es nicht tragen, wir sind Beide verloren!" Es lag nun klar am Tage, welche Befürchtungen ihm diese Worte in den Mund gelegt hatten. nicht mehr daran zweifeln, daß er sich eine Verschuldung an seines Bruders Tode beimaß, weil er es zu früh aus dem Gürtel gerissen und den Augen des Räubers entblößt hatte, der mit dem Angefallenen rang und denselben niederschoß, als er einen Bewaffneten herbei eilen sah. Seine Geneigtheit zur Selbstpeinigung ging aus der Geschichte mit dem Knaben anschaulich hervor. Er fühlte unstreitig diese Charakterschwäche, als er die Leiche wieder erblickte, und seine Apostrophe an die „Mariane“ stand augenscheinlich in unmittelbarer Beziehung mit dem feierlichen Schwure, wodurch das Mädchen ihn früher von einem Selbstmord aus überreiztem Schuldgefühl abgehalten hatte. „Du kannst es nicht tragen, ich (denn ich) kann es nicht tragen, wir sind Beide verloren!“ Es lag nun klar am Tage, welche Befürchtungen ihm diese Worte in den Mund gelegt hatten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0066" n="46"/> nicht mehr daran zweifeln, daß er sich eine <hi rendition="#g">Verschuldung</hi> an seines Bruders Tode beimaß, weil er es zu früh aus dem Gürtel gerissen und den Augen des Räubers entblößt hatte, der mit dem Angefallenen rang und denselben niederschoß, als er einen Bewaffneten herbei eilen sah. Seine Geneigtheit zur Selbstpeinigung ging aus der Geschichte mit dem Knaben anschaulich hervor. Er <hi rendition="#g">fühlte</hi> unstreitig diese Charakterschwäche, als er die Leiche wieder erblickte, und seine Apostrophe an die „Mariane“ stand augenscheinlich in unmittelbarer Beziehung mit dem feierlichen Schwure, wodurch das Mädchen ihn früher von einem Selbstmord aus überreiztem Schuldgefühl abgehalten hatte. „<hi rendition="#g">Du</hi> kannst es nicht tragen, <hi rendition="#g">ich</hi> (<hi rendition="#g">denn ich</hi>) kann es nicht tragen, wir sind Beide verloren!“ Es lag nun klar am Tage, welche Befürchtungen ihm diese Worte in den Mund gelegt hatten.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0066]
nicht mehr daran zweifeln, daß er sich eine Verschuldung an seines Bruders Tode beimaß, weil er es zu früh aus dem Gürtel gerissen und den Augen des Räubers entblößt hatte, der mit dem Angefallenen rang und denselben niederschoß, als er einen Bewaffneten herbei eilen sah. Seine Geneigtheit zur Selbstpeinigung ging aus der Geschichte mit dem Knaben anschaulich hervor. Er fühlte unstreitig diese Charakterschwäche, als er die Leiche wieder erblickte, und seine Apostrophe an die „Mariane“ stand augenscheinlich in unmittelbarer Beziehung mit dem feierlichen Schwure, wodurch das Mädchen ihn früher von einem Selbstmord aus überreiztem Schuldgefühl abgehalten hatte. „Du kannst es nicht tragen, ich (denn ich) kann es nicht tragen, wir sind Beide verloren!“ Es lag nun klar am Tage, welche Befürchtungen ihm diese Worte in den Mund gelegt hatten.
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Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/66>, abgerufen am 31.07.2024. |