Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.sie umarmt, die fallende Thränenperle von ihrer Wange weggeküßt haben, wenn wir allein gewesen wären. Sie schien das in meinen Augen gelesen zu haben, und wandte sich schüchtern abwärts. Die Niederschlagung meiner Gemüthsbewegung vollendete der Blick, den ich jetzt auf den Vater wandte. Welch ein Contrast! Der Mann stand da mit empor gezogenen Schultern, und sah drein, als wäre die Rede von einem Schacher, wobei man das Uebel mit in den Kauf des Guten nehmen müsse. "Herr Albus hat nun einmal solch ein wunderliches Temperament," sagte er mit einer Kälte, mit einer Ausgedürrtheit des Gemüthes, die mich beinahe zum Lachen genöthiget hätte. "Der Herr Criminalrichter werden meiner Tochter ihre Heftigkeit gütigst verzeihen; die sie umarmt, die fallende Thränenperle von ihrer Wange weggeküßt haben, wenn wir allein gewesen wären. Sie schien das in meinen Augen gelesen zu haben, und wandte sich schüchtern abwärts. Die Niederschlagung meiner Gemüthsbewegung vollendete der Blick, den ich jetzt auf den Vater wandte. Welch ein Contrast! Der Mann stand da mit empor gezogenen Schultern, und sah drein, als wäre die Rede von einem Schacher, wobei man das Uebel mit in den Kauf des Guten nehmen müsse. „Herr Albus hat nun einmal solch ein wunderliches Temperament,“ sagte er mit einer Kälte, mit einer Ausgedürrtheit des Gemüthes, die mich beinahe zum Lachen genöthiget hätte. „Der Herr Criminalrichter werden meiner Tochter ihre Heftigkeit gütigst verzeihen; die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0064" n="44"/> sie umarmt, die fallende Thränenperle von ihrer Wange weggeküßt haben, wenn wir allein gewesen wären. Sie schien das in meinen Augen gelesen zu haben, und wandte sich schüchtern abwärts. Die Niederschlagung meiner Gemüthsbewegung vollendete der Blick, den ich jetzt auf den Vater wandte. Welch ein Contrast! Der Mann stand da mit empor gezogenen Schultern, und sah drein, als wäre die Rede von einem Schacher, wobei man das Uebel mit in den Kauf des Guten nehmen müsse.</p> <p>„Herr Albus hat nun einmal solch ein wunderliches Temperament,“ sagte er mit einer Kälte, mit einer Ausgedürrtheit des Gemüthes, die mich beinahe zum Lachen genöthiget hätte.</p> <p>„Der Herr Criminalrichter werden meiner Tochter ihre Heftigkeit gütigst verzeihen; die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0064]
sie umarmt, die fallende Thränenperle von ihrer Wange weggeküßt haben, wenn wir allein gewesen wären. Sie schien das in meinen Augen gelesen zu haben, und wandte sich schüchtern abwärts. Die Niederschlagung meiner Gemüthsbewegung vollendete der Blick, den ich jetzt auf den Vater wandte. Welch ein Contrast! Der Mann stand da mit empor gezogenen Schultern, und sah drein, als wäre die Rede von einem Schacher, wobei man das Uebel mit in den Kauf des Guten nehmen müsse.
„Herr Albus hat nun einmal solch ein wunderliches Temperament,“ sagte er mit einer Kälte, mit einer Ausgedürrtheit des Gemüthes, die mich beinahe zum Lachen genöthiget hätte.
„Der Herr Criminalrichter werden meiner Tochter ihre Heftigkeit gütigst verzeihen; die
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Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/64>, abgerufen am 31.07.2024. |