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Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.

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Wenn ich sie nicht sehe, wenn die Ueberspannung meine Phantasie gelähmt hat, wenn die hundert und wieder hundert rührenden Züge ihrer schönen Seele, ihrer innigen Zuneigung, in meinem Gedächtniße aufwachen, und mein Gemüth sanft aber bis auf seinen tieffsten Grund bewegen: dann giebt es Augenblicke, Minuten, Stunden vielleicht, wo ich mich wahrhaft glücklich fühle. Dann möcht' ich Dichter seyn, meine Empfindungen in melodische Worte zu kleiden, Sänger, um sie in Tönen durch Marianens Ohr in ihr Herz zu gießen. Dann fühl' ich eine Seele in mir, stark genug, ihr Herz auf ewig an mich zu fesseln. Aber ihr Anblick - er entseelt mich; er verunreiniget meine Empfindungen wie den Ausdruck derselben; ich bin keines Tones, keines Blickes, keines Athemzuges mehr mächtig, der ihr sagen könnte, daß ich sie liebe, daß mein Geist sie vergöttert, mein

Wenn ich sie nicht sehe, wenn die Ueberspannung meine Phantasie gelähmt hat, wenn die hundert und wieder hundert rührenden Züge ihrer schönen Seele, ihrer innigen Zuneigung, in meinem Gedächtniße aufwachen, und mein Gemüth sanft aber bis auf seinen tieffsten Grund bewegen: dann giebt es Augenblicke, Minuten, Stunden vielleicht, wo ich mich wahrhaft glücklich fühle. Dann möcht’ ich Dichter seyn, meine Empfindungen in melodische Worte zu kleiden, Sänger, um sie in Tönen durch Marianens Ohr in ihr Herz zu gießen. Dann fühl’ ich eine Seele in mir, stark genug, ihr Herz auf ewig an mich zu fesseln. Aber ihr Anblick – er entseelt mich; er verunreiniget meine Empfindungen wie den Ausdruck derselben; ich bin keines Tones, keines Blickes, keines Athemzuges mehr mächtig, der ihr sagen könnte, daß ich sie liebe, daß mein Geist sie vergöttert, mein

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[99/0119] Wenn ich sie nicht sehe, wenn die Ueberspannung meine Phantasie gelähmt hat, wenn die hundert und wieder hundert rührenden Züge ihrer schönen Seele, ihrer innigen Zuneigung, in meinem Gedächtniße aufwachen, und mein Gemüth sanft aber bis auf seinen tieffsten Grund bewegen: dann giebt es Augenblicke, Minuten, Stunden vielleicht, wo ich mich wahrhaft glücklich fühle. Dann möcht’ ich Dichter seyn, meine Empfindungen in melodische Worte zu kleiden, Sänger, um sie in Tönen durch Marianens Ohr in ihr Herz zu gießen. Dann fühl’ ich eine Seele in mir, stark genug, ihr Herz auf ewig an mich zu fesseln. Aber ihr Anblick – er entseelt mich; er verunreiniget meine Empfindungen wie den Ausdruck derselben; ich bin keines Tones, keines Blickes, keines Athemzuges mehr mächtig, der ihr sagen könnte, daß ich sie liebe, daß mein Geist sie vergöttert, mein

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Zitationshilfe: Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/119>, abgerufen am 24.11.2024.