Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.An Johannes. Aus deiner Brust hab' ich empor gesungen Verschwieg'ner Liebesflammen Lust und Schmerz, Und von den Klängen fühl' ich nun durchdrungen Mit tiefer Regung fast mein eignes Herz. Der Frühling naht: schon trägt man aus dem Hause Die Blumen an das freie Tageslicht; Und länger bleiben auch in ihrer Klause Die Winterblüthen meiner Muse nicht. Gedeihen muß die Lenzluft ihnen geben Und junges Grün und frischen Knospendrang, Auf daß sie sich befreunden mit dem Leben, Und werben nach der Leute Lob und Dank. So ziehn sie aus im Duft und Glanz des Maien, Bekränzt mit schwarzem Leid und bunter Lust; Und will der Winter sie mit Schnee bestreuen, So flüchten sie zurück in deine Brust. An Johannes. Aus deiner Bruſt hab' ich empor geſungen Verſchwieg'ner Liebesflammen Luſt und Schmerz, Und von den Klaͤngen fuͤhl' ich nun durchdrungen Mit tiefer Regung faſt mein eignes Herz. Der Fruͤhling naht: ſchon traͤgt man aus dem Hauſe Die Blumen an das freie Tageslicht; Und laͤnger bleiben auch in ihrer Klauſe Die Winterbluͤthen meiner Muſe nicht. Gedeihen muß die Lenzluft ihnen geben Und junges Gruͤn und friſchen Knoſpendrang, Auf daß ſie ſich befreunden mit dem Leben, Und werben nach der Leute Lob und Dank. So ziehn ſie aus im Duft und Glanz des Maien, Bekraͤnzt mit ſchwarzem Leid und bunter Luſt; Und will der Winter ſie mit Schnee beſtreuen, So fluͤchten ſie zuruͤck in deine Bruſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0080" n="68"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">An Johannes.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">A</hi>us deiner Bruſt hab' ich empor geſungen</l><lb/> <l>Verſchwieg'ner Liebesflammen Luſt und Schmerz,</l><lb/> <l>Und von den Klaͤngen fuͤhl' ich nun durchdrungen</l><lb/> <l>Mit tiefer Regung faſt mein eignes Herz.</l><lb/> <l>Der Fruͤhling naht: ſchon traͤgt man aus dem Hauſe</l><lb/> <l>Die Blumen an das freie Tageslicht;</l><lb/> <l>Und laͤnger bleiben auch in ihrer Klauſe</l><lb/> <l>Die Winterbluͤthen meiner Muſe nicht.</l><lb/> <l>Gedeihen muß die Lenzluft ihnen geben</l><lb/> <l>Und junges Gruͤn und friſchen Knoſpendrang,</l><lb/> <l>Auf daß ſie ſich befreunden mit dem Leben,</l><lb/> <l>Und werben nach der Leute Lob und Dank.</l><lb/> <l>So ziehn ſie aus im Duft und Glanz des Maien,</l><lb/> <l>Bekraͤnzt mit ſchwarzem Leid und bunter Luſt;</l><lb/> <l>Und will der Winter ſie mit Schnee beſtreuen,</l><lb/> <l>So fluͤchten ſie zuruͤck in deine Bruſt.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0080]
An Johannes.
Aus deiner Bruſt hab' ich empor geſungen
Verſchwieg'ner Liebesflammen Luſt und Schmerz,
Und von den Klaͤngen fuͤhl' ich nun durchdrungen
Mit tiefer Regung faſt mein eignes Herz.
Der Fruͤhling naht: ſchon traͤgt man aus dem Hauſe
Die Blumen an das freie Tageslicht;
Und laͤnger bleiben auch in ihrer Klauſe
Die Winterbluͤthen meiner Muſe nicht.
Gedeihen muß die Lenzluft ihnen geben
Und junges Gruͤn und friſchen Knoſpendrang,
Auf daß ſie ſich befreunden mit dem Leben,
Und werben nach der Leute Lob und Dank.
So ziehn ſie aus im Duft und Glanz des Maien,
Bekraͤnzt mit ſchwarzem Leid und bunter Luſt;
Und will der Winter ſie mit Schnee beſtreuen,
So fluͤchten ſie zuruͤck in deine Bruſt.
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