Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite
Erhoffe, weil es grad' ist Winterzeit,
Thut euch ein Stündlein hier im Grün nicht Leid;
Denn wißt es nur, daß heut' in meinem Lied
Der Lenz mit allen seinen Blumen blüht.
Im Freien geht die freie Handlung vor,
In reiner Luft, weit aus der Städte Thor,
Durch Wald und Feld, in Gründen, auf den Höh'n;
Und was nur in vier Wänden darf geschehn,
Das schaut ihr halb durch's offne Fenster an,
So ist der Kunst und euch genug gethan.
Doch wenn ihr nach des Spiels Personen fragt,
So kann ich euch, den Musen sei's geklagt,
Nur eine präsentiren recht und ächt,
Das ist ein junger blonder Müllersknecht.
Denn, ob der Bach zuletzt ein Wort auch spricht,
So wird ein Bach deshalb Person noch nicht.
Erhoffe, weil es grad' iſt Winterzeit,
Thut euch ein Stuͤndlein hier im Gruͤn nicht Leid;
Denn wißt es nur, daß heut' in meinem Lied
Der Lenz mit allen ſeinen Blumen bluͤht.
Im Freien geht die freie Handlung vor,
In reiner Luft, weit aus der Staͤdte Thor,
Durch Wald und Feld, in Gruͤnden, auf den Hoͤh'n;
Und was nur in vier Waͤnden darf geſchehn,
Das ſchaut ihr halb durch's offne Fenſter an,
So iſt der Kunſt und euch genug gethan.
Doch wenn ihr nach des Spiels Perſonen fragt,
So kann ich euch, den Muſen ſei's geklagt,
Nur eine praͤſentiren recht und aͤcht,
Das iſt ein junger blonder Muͤllersknecht.
Denn, ob der Bach zuletzt ein Wort auch ſpricht,
So wird ein Bach deshalb Perſon noch nicht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0016" n="4"/>
            <lg n="2">
              <l>Erhoffe, weil es grad' i&#x017F;t Winterzeit,</l><lb/>
              <l>Thut euch ein Stu&#x0364;ndlein hier im Gru&#x0364;n nicht Leid;</l><lb/>
              <l>Denn wißt es nur, daß heut' in meinem Lied</l><lb/>
              <l>Der Lenz mit allen &#x017F;einen Blumen blu&#x0364;ht.</l><lb/>
              <l>Im Freien geht die freie Handlung vor,</l><lb/>
              <l>In reiner Luft, weit aus der Sta&#x0364;dte Thor,</l><lb/>
              <l>Durch Wald und Feld, in Gru&#x0364;nden, auf den Ho&#x0364;h'n;</l><lb/>
              <l>Und was nur in vier Wa&#x0364;nden darf ge&#x017F;chehn,</l><lb/>
              <l>Das &#x017F;chaut ihr halb durch's offne Fen&#x017F;ter an,</l><lb/>
              <l>So i&#x017F;t der Kun&#x017F;t und euch genug gethan.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Doch wenn ihr nach des Spiels Per&#x017F;onen fragt,</l><lb/>
              <l>So kann ich euch, den Mu&#x017F;en &#x017F;ei's geklagt,</l><lb/>
              <l>Nur <hi rendition="#g">eine</hi> pra&#x0364;&#x017F;entiren recht und a&#x0364;cht,</l><lb/>
              <l>Das i&#x017F;t ein junger blonder Mu&#x0364;llersknecht.</l><lb/>
              <l>Denn, ob der Bach zuletzt ein Wort auch &#x017F;pricht,</l><lb/>
              <l>So wird ein Bach deshalb Per&#x017F;on noch nicht.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0016] Erhoffe, weil es grad' iſt Winterzeit, Thut euch ein Stuͤndlein hier im Gruͤn nicht Leid; Denn wißt es nur, daß heut' in meinem Lied Der Lenz mit allen ſeinen Blumen bluͤht. Im Freien geht die freie Handlung vor, In reiner Luft, weit aus der Staͤdte Thor, Durch Wald und Feld, in Gruͤnden, auf den Hoͤh'n; Und was nur in vier Waͤnden darf geſchehn, Das ſchaut ihr halb durch's offne Fenſter an, So iſt der Kunſt und euch genug gethan. Doch wenn ihr nach des Spiels Perſonen fragt, So kann ich euch, den Muſen ſei's geklagt, Nur eine praͤſentiren recht und aͤcht, Das iſt ein junger blonder Muͤllersknecht. Denn, ob der Bach zuletzt ein Wort auch ſpricht, So wird ein Bach deshalb Perſon noch nicht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/16
Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/16>, abgerufen am 29.03.2024.