Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.April. Leichtsinnig, launig, neckisch, ausgelassen, Wandl' ich in jeder Stunde Leib und Sinn: Kaum weiß ich selbst, wie ich beschaffen bin, Wie sollen mich die fremden Leute fassen? Hier werf' ich einen Schneeball durch die Gassen, Dort schweb' ich blau in jungen Düften hin, Bald streich' ich sanft der Schönen weiches Kinn, Bald sagen sie, ich wäre grob im Spaßen. Gern wollt' ich dir noch Vieles von mir sagen, Doch drückt mich des Sonettes enges Band, Das mir die Muse um den Mund geschlagen. Sie sprach: Ich kenne dich als ungezogen, Und jener Herr hat in dem welschen Land Der besten Sitt' als Kavalier gepflogen. April. Leichtſinnig, launig, neckiſch, ausgelaſſen, Wandl' ich in jeder Stunde Leib und Sinn: Kaum weiß ich ſelbſt, wie ich beſchaffen bin, Wie ſollen mich die fremden Leute faſſen? Hier werf' ich einen Schneeball durch die Gaſſen, Dort ſchweb' ich blau in jungen Duͤften hin, Bald ſtreich' ich ſanft der Schoͤnen weiches Kinn, Bald ſagen ſie, ich waͤre grob im Spaßen. Gern wollt' ich dir noch Vieles von mir ſagen, Doch druͤckt mich des Sonettes enges Band, Das mir die Muſe um den Mund geſchlagen. Sie ſprach: Ich kenne dich als ungezogen, Und jener Herr hat in dem welſchen Land Der beſten Sitt' als Kavalier gepflogen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0123" n="111"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#g">April.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">L</hi>eichtſinnig, launig, neckiſch, ausgelaſſen,</l><lb/> <l>Wandl' ich in jeder Stunde Leib und Sinn:</l><lb/> <l>Kaum weiß ich ſelbſt, wie ich beſchaffen bin,</l><lb/> <l>Wie ſollen mich die fremden Leute faſſen?</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Hier werf' ich einen Schneeball durch die Gaſſen,</l><lb/> <l>Dort ſchweb' ich blau in jungen Duͤften hin,</l><lb/> <l>Bald ſtreich' ich ſanft der Schoͤnen weiches Kinn,</l><lb/> <l>Bald ſagen ſie, ich waͤre grob im Spaßen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Gern wollt' ich dir noch Vieles von mir ſagen,</l><lb/> <l>Doch druͤckt mich des Sonettes enges Band,</l><lb/> <l>Das mir die Muſe um den Mund geſchlagen.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Sie ſprach: Ich kenne dich als ungezogen,</l><lb/> <l>Und jener Herr hat in dem welſchen Land</l><lb/> <l>Der beſten Sitt' als Kavalier gepflogen.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0123]
April.
Leichtſinnig, launig, neckiſch, ausgelaſſen,
Wandl' ich in jeder Stunde Leib und Sinn:
Kaum weiß ich ſelbſt, wie ich beſchaffen bin,
Wie ſollen mich die fremden Leute faſſen?
Hier werf' ich einen Schneeball durch die Gaſſen,
Dort ſchweb' ich blau in jungen Duͤften hin,
Bald ſtreich' ich ſanft der Schoͤnen weiches Kinn,
Bald ſagen ſie, ich waͤre grob im Spaßen.
Gern wollt' ich dir noch Vieles von mir ſagen,
Doch druͤckt mich des Sonettes enges Band,
Das mir die Muſe um den Mund geſchlagen.
Sie ſprach: Ich kenne dich als ungezogen,
Und jener Herr hat in dem welſchen Land
Der beſten Sitt' als Kavalier gepflogen.
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