Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite
Wer's versteht, es klingt nicht übel,
Frisch und scharf wie Morgenwind,
Und die Liebste, die ich meine,
Ist kein schwächlich städtisch Kind.
In dem Wald ist sie geboren,
Ist des Schenken Töchterlein;
Klang der Becher, Zank der Zecher
Mußt' ihr Wiegenliedchen sein.
In dem Walde steht die Schenke
Einsam auf dem höchsten Berg,
Durch den Schornstein bläs't die Hexe,
Und im Keller wühlt der Zwerg.
Aber sie, die flinke Dirne,
Weiß mit Geistern umzugehn,
Wenn ihr Schlüsselbund nur klappert,
Läßt kein Spuk sich weiter sehn.
Und wie trefflich kann sie bannen
Geister auch von Fleisch und Bein,
Die Berauschten, sei's von Liebe,
Sei's von Bier und Brantewein.
Wer's verſteht, es klingt nicht uͤbel,
Friſch und ſcharf wie Morgenwind,
Und die Liebſte, die ich meine,
Iſt kein ſchwaͤchlich ſtaͤdtiſch Kind.
In dem Wald iſt ſie geboren,
Iſt des Schenken Toͤchterlein;
Klang der Becher, Zank der Zecher
Mußt' ihr Wiegenliedchen ſein.
In dem Walde ſteht die Schenke
Einſam auf dem hoͤchſten Berg,
Durch den Schornſtein blaͤſ't die Hexe,
Und im Keller wuͤhlt der Zwerg.
Aber ſie, die flinke Dirne,
Weiß mit Geiſtern umzugehn,
Wenn ihr Schluͤſſelbund nur klappert,
Laͤßt kein Spuk ſich weiter ſehn.
Und wie trefflich kann ſie bannen
Geiſter auch von Fleiſch und Bein,
Die Berauſchten, ſei's von Liebe,
Sei's von Bier und Brantewein.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0104" n="92"/>
            <lg n="5">
              <l>Wer's ver&#x017F;teht, es klingt nicht u&#x0364;bel,</l><lb/>
              <l>Fri&#x017F;ch und &#x017F;charf wie Morgenwind,</l><lb/>
              <l>Und die Lieb&#x017F;te, die ich meine,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t kein &#x017F;chwa&#x0364;chlich &#x017F;ta&#x0364;dti&#x017F;ch Kind.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="6">
              <l>In dem Wald i&#x017F;t &#x017F;ie geboren,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t des Schenken To&#x0364;chterlein;</l><lb/>
              <l>Klang der Becher, Zank der Zecher</l><lb/>
              <l>Mußt' ihr Wiegenliedchen &#x017F;ein.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="7">
              <l>In dem Walde &#x017F;teht die Schenke</l><lb/>
              <l>Ein&#x017F;am auf dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten Berg,</l><lb/>
              <l>Durch den Schorn&#x017F;tein bla&#x0364;&#x017F;'t die Hexe,</l><lb/>
              <l>Und im Keller wu&#x0364;hlt der Zwerg.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="8">
              <l>Aber &#x017F;ie, die flinke Dirne,</l><lb/>
              <l>Weiß mit Gei&#x017F;tern umzugehn,</l><lb/>
              <l>Wenn ihr Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;elbund nur klappert,</l><lb/>
              <l>La&#x0364;ßt kein Spuk &#x017F;ich weiter &#x017F;ehn.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="9">
              <l>Und wie trefflich kann &#x017F;ie bannen</l><lb/>
              <l>Gei&#x017F;ter auch von Flei&#x017F;ch und Bein,</l><lb/>
              <l>Die Berau&#x017F;chten, &#x017F;ei's von Liebe,</l><lb/>
              <l>Sei's von Bier und Brantewein.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0104] Wer's verſteht, es klingt nicht uͤbel, Friſch und ſcharf wie Morgenwind, Und die Liebſte, die ich meine, Iſt kein ſchwaͤchlich ſtaͤdtiſch Kind. In dem Wald iſt ſie geboren, Iſt des Schenken Toͤchterlein; Klang der Becher, Zank der Zecher Mußt' ihr Wiegenliedchen ſein. In dem Walde ſteht die Schenke Einſam auf dem hoͤchſten Berg, Durch den Schornſtein blaͤſ't die Hexe, Und im Keller wuͤhlt der Zwerg. Aber ſie, die flinke Dirne, Weiß mit Geiſtern umzugehn, Wenn ihr Schluͤſſelbund nur klappert, Laͤßt kein Spuk ſich weiter ſehn. Und wie trefflich kann ſie bannen Geiſter auch von Fleiſch und Bein, Die Berauſchten, ſei's von Liebe, Sei's von Bier und Brantewein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/104
Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/104>, abgerufen am 23.11.2024.