dem kann man ohne Besorgniß gestatten, nun auch Personen als sächliches Eigenthum zu be- trachten. So nun hat die Mosaische Gesetzge- bung allerdings einen nicht zu berechnenden Ein- fluß auf die Bildung der Adelsverfassungen im Mittelalter gehabt. -- Dieselbe Persönlichkeit des Besitzes, dieselbe Idee einer würdevollen Unterwerfung und Dienstbarkeit. --
Genau erwogen, sind es das Mosaische und das Römische Recht, deren gegen einander strei- tender Geist durch die ganz neuere Geschichte wahrgenommen wird. Wir werden weiterhin noch näher erweisen, daß der Entstehung des tiers-etat und der Ausbildung des Handels in Europa nichts so sehr zu Hülfe gekommen ist, als das Römische Recht, während Geistlichkeit und Adel, oder Kirchenrecht und der so genannte Feudalismus, nur das uralte Mosaische Recht in fortschreitender Entwickelung darstellen. -- Moses, sehr wohl bekannt mit den Vortheilen des Handels und mit den eigenthümlichen Vor- theilen, die derselbe für ein Land haben mußte, welches an der Schwelle aller drei Welttheile lag, verbot ihn seinem Volke. Er wollte, daß der von ihm errichtete Staat durchaus auf den Ackerbau gegründet sey. Das Land nehmlich, welches er usurpatorischen Besitzern wieder zu
Müllers Elemente. II. [2]
dem kann man ohne Beſorgniß geſtatten, nun auch Perſonen als ſaͤchliches Eigenthum zu be- trachten. So nun hat die Moſaiſche Geſetzge- bung allerdings einen nicht zu berechnenden Ein- fluß auf die Bildung der Adelsverfaſſungen im Mittelalter gehabt. — Dieſelbe Perſoͤnlichkeit des Beſitzes, dieſelbe Idee einer wuͤrdevollen Unterwerfung und Dienſtbarkeit. —
Genau erwogen, ſind es das Moſaiſche und das Roͤmiſche Recht, deren gegen einander ſtrei- tender Geiſt durch die ganz neuere Geſchichte wahrgenommen wird. Wir werden weiterhin noch naͤher erweiſen, daß der Entſtehung des tiers-état und der Ausbildung des Handels in Europa nichts ſo ſehr zu Huͤlfe gekommen iſt, als das Roͤmiſche Recht, waͤhrend Geiſtlichkeit und Adel, oder Kirchenrecht und der ſo genannte Feudalismus, nur das uralte Moſaiſche Recht in fortſchreitender Entwickelung darſtellen. — Moſes, ſehr wohl bekannt mit den Vortheilen des Handels und mit den eigenthuͤmlichen Vor- theilen, die derſelbe fuͤr ein Land haben mußte, welches an der Schwelle aller drei Welttheile lag, verbot ihn ſeinem Volke. Er wollte, daß der von ihm errichtete Staat durchaus auf den Ackerbau gegruͤndet ſey. Das Land nehmlich, welches er uſurpatoriſchen Beſitzern wieder zu
Müllers Elemente. II. [2]
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0025"n="17"/>
dem kann man ohne Beſorgniß geſtatten, nun<lb/>
auch Perſonen als ſaͤchliches Eigenthum zu be-<lb/>
trachten. So nun hat die Moſaiſche Geſetzge-<lb/>
bung allerdings einen nicht zu berechnenden Ein-<lb/>
fluß auf die Bildung der Adelsverfaſſungen im<lb/>
Mittelalter gehabt. — Dieſelbe Perſoͤnlichkeit<lb/>
des Beſitzes, dieſelbe Idee einer wuͤrdevollen<lb/>
Unterwerfung und Dienſtbarkeit. —</p><lb/><p>Genau erwogen, ſind es das Moſaiſche und<lb/>
das Roͤmiſche Recht, deren gegen einander ſtrei-<lb/>
tender Geiſt durch die ganz neuere Geſchichte<lb/>
wahrgenommen wird. Wir werden weiterhin<lb/>
noch naͤher erweiſen, daß der Entſtehung des<lb/><hirendition="#aq">tiers-état</hi> und der Ausbildung des Handels in<lb/>
Europa nichts ſo ſehr zu Huͤlfe gekommen iſt,<lb/>
als das Roͤmiſche Recht, waͤhrend Geiſtlichkeit<lb/>
und Adel, oder Kirchenrecht und der ſo genannte<lb/>
Feudalismus, nur das uralte Moſaiſche Recht<lb/>
in fortſchreitender Entwickelung darſtellen. —<lb/>
Moſes, ſehr wohl bekannt mit den Vortheilen<lb/>
des Handels und mit den eigenthuͤmlichen Vor-<lb/>
theilen, die derſelbe fuͤr ein Land haben mußte,<lb/>
welches an der Schwelle aller drei Welttheile<lb/>
lag, verbot ihn ſeinem Volke. Er wollte, daß<lb/>
der von ihm errichtete Staat durchaus auf den<lb/>
Ackerbau gegruͤndet ſey. Das Land nehmlich,<lb/>
welches er uſurpatoriſchen Beſitzern wieder zu<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Müllers Elemente. <hirendition="#aq">II.</hi> [2]</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[17/0025]
dem kann man ohne Beſorgniß geſtatten, nun
auch Perſonen als ſaͤchliches Eigenthum zu be-
trachten. So nun hat die Moſaiſche Geſetzge-
bung allerdings einen nicht zu berechnenden Ein-
fluß auf die Bildung der Adelsverfaſſungen im
Mittelalter gehabt. — Dieſelbe Perſoͤnlichkeit
des Beſitzes, dieſelbe Idee einer wuͤrdevollen
Unterwerfung und Dienſtbarkeit. —
Genau erwogen, ſind es das Moſaiſche und
das Roͤmiſche Recht, deren gegen einander ſtrei-
tender Geiſt durch die ganz neuere Geſchichte
wahrgenommen wird. Wir werden weiterhin
noch naͤher erweiſen, daß der Entſtehung des
tiers-état und der Ausbildung des Handels in
Europa nichts ſo ſehr zu Huͤlfe gekommen iſt,
als das Roͤmiſche Recht, waͤhrend Geiſtlichkeit
und Adel, oder Kirchenrecht und der ſo genannte
Feudalismus, nur das uralte Moſaiſche Recht
in fortſchreitender Entwickelung darſtellen. —
Moſes, ſehr wohl bekannt mit den Vortheilen
des Handels und mit den eigenthuͤmlichen Vor-
theilen, die derſelbe fuͤr ein Land haben mußte,
welches an der Schwelle aller drei Welttheile
lag, verbot ihn ſeinem Volke. Er wollte, daß
der von ihm errichtete Staat durchaus auf den
Ackerbau gegruͤndet ſey. Das Land nehmlich,
welches er uſurpatoriſchen Beſitzern wieder zu
Müllers Elemente. II. [2]
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/25>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.