Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

erste Spur eines wieder erwachenden Strebens
nach National-Gefühlen. Einem gewissen fri-
volen Drange nach Abwechselung der Formen hat
von je her die Französische Manufactur, wie sie
überhaupt in den Mustern erfinderischer war,
mehr geschmeichelt, als die Brittische; und den-
noch haben die bürgerlichen Vorzüge der Britti-
schen Waaren, ihre Dauerhaftigkeit, die größere
Bescheidenheit der Formen, und ihre Behaglich-
keit, den Sieg davon grtragen.

Also ein überall sich ausdrückender, nationa-
ler Geist ist es vornehmlich, der den Continen-
tal-Fabriken ihre Käufer entführt hat. Wenn
eine Nation durch ihre Industrie einen Eindruck
auf andre Nationen machen will, so muß sie
auch durch ihre Nationalität und durch ihre
Sitten die Völker reitzen und übertreffen. Des-
halb ist diesem gefährlichen Einflusse fremder
Waaren auch nichts Wirksameres entgegen zu
setzen, als eigene Nationalität, das heißt nicht
etwa, ein calculatorischer Patriotismus,
der so räsonnirte: "wie viel Geld geht aus dei-
nem Lande für auswärtige Waaren! Darum
kleide dich, um das Geld festzuhalten, in einlän-
disches Fabrikat;" auch nicht etwa ein impe-
ratorischer
Patriotismus, wie Fichte in sei-
nem geschlossenen Handelsstaate: "das bloße Ver-

erſte Spur eines wieder erwachenden Strebens
nach National-Gefuͤhlen. Einem gewiſſen fri-
volen Drange nach Abwechſelung der Formen hat
von je her die Franzoͤſiſche Manufactur, wie ſie
uͤberhaupt in den Muſtern erfinderiſcher war,
mehr geſchmeichelt, als die Brittiſche; und den-
noch haben die buͤrgerlichen Vorzuͤge der Britti-
ſchen Waaren, ihre Dauerhaftigkeit, die groͤßere
Beſcheidenheit der Formen, und ihre Behaglich-
keit, den Sieg davon grtragen.

Alſo ein uͤberall ſich ausdruͤckender, nationa-
ler Geiſt iſt es vornehmlich, der den Continen-
tal-Fabriken ihre Kaͤufer entfuͤhrt hat. Wenn
eine Nation durch ihre Induſtrie einen Eindruck
auf andre Nationen machen will, ſo muß ſie
auch durch ihre Nationalitaͤt und durch ihre
Sitten die Voͤlker reitzen und uͤbertreffen. Des-
halb iſt dieſem gefaͤhrlichen Einfluſſe fremder
Waaren auch nichts Wirkſameres entgegen zu
ſetzen, als eigene Nationalitaͤt, das heißt nicht
etwa, ein calculatoriſcher Patriotismus,
der ſo raͤſonnirte: „wie viel Geld geht aus dei-
nem Lande fuͤr auswaͤrtige Waaren! Darum
kleide dich, um das Geld feſtzuhalten, in einlaͤn-
diſches Fabrikat;” auch nicht etwa ein impe-
ratoriſcher
Patriotismus, wie Fichte in ſei-
nem geſchloſſenen Handelsſtaate: „das bloße Ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0247" n="239"/>
er&#x017F;te Spur eines wieder erwachenden Strebens<lb/>
nach National-Gefu&#x0364;hlen. Einem gewi&#x017F;&#x017F;en fri-<lb/>
volen Drange nach Abwech&#x017F;elung der Formen hat<lb/>
von je her die Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Manufactur, wie &#x017F;ie<lb/>
u&#x0364;berhaupt in den Mu&#x017F;tern erfinderi&#x017F;cher war,<lb/>
mehr ge&#x017F;chmeichelt, als die Britti&#x017F;che; und den-<lb/>
noch haben die bu&#x0364;rgerlichen Vorzu&#x0364;ge der Britti-<lb/>
&#x017F;chen Waaren, ihre Dauerhaftigkeit, die gro&#x0364;ßere<lb/>
Be&#x017F;cheidenheit der Formen, und ihre Behaglich-<lb/>
keit, den Sieg davon grtragen.</p><lb/>
            <p>Al&#x017F;o ein u&#x0364;berall &#x017F;ich ausdru&#x0364;ckender, nationa-<lb/>
ler Gei&#x017F;t i&#x017F;t es vornehmlich, der den Continen-<lb/>
tal-Fabriken ihre Ka&#x0364;ufer entfu&#x0364;hrt hat. Wenn<lb/>
eine Nation durch ihre Indu&#x017F;trie einen Eindruck<lb/>
auf andre Nationen machen will, &#x017F;o muß &#x017F;ie<lb/>
auch durch ihre Nationalita&#x0364;t und durch ihre<lb/>
Sitten die Vo&#x0364;lker reitzen und u&#x0364;bertreffen. Des-<lb/>
halb i&#x017F;t die&#x017F;em gefa&#x0364;hrlichen Einflu&#x017F;&#x017F;e fremder<lb/>
Waaren auch nichts Wirk&#x017F;ameres entgegen zu<lb/>
&#x017F;etzen, als eigene Nationalita&#x0364;t, das heißt nicht<lb/>
etwa, ein <hi rendition="#g">calculatori&#x017F;cher</hi> Patriotismus,<lb/>
der <hi rendition="#g">&#x017F;o</hi> ra&#x0364;&#x017F;onnirte: &#x201E;wie viel Geld geht aus dei-<lb/>
nem Lande fu&#x0364;r auswa&#x0364;rtige Waaren! Darum<lb/>
kleide dich, um das Geld fe&#x017F;tzuhalten, in einla&#x0364;n-<lb/>
di&#x017F;ches Fabrikat;&#x201D; auch nicht etwa ein <hi rendition="#g">impe-<lb/>
ratori&#x017F;cher</hi> Patriotismus, wie Fichte in &#x017F;ei-<lb/>
nem ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Handels&#x017F;taate: &#x201E;das bloße Ver-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0247] erſte Spur eines wieder erwachenden Strebens nach National-Gefuͤhlen. Einem gewiſſen fri- volen Drange nach Abwechſelung der Formen hat von je her die Franzoͤſiſche Manufactur, wie ſie uͤberhaupt in den Muſtern erfinderiſcher war, mehr geſchmeichelt, als die Brittiſche; und den- noch haben die buͤrgerlichen Vorzuͤge der Britti- ſchen Waaren, ihre Dauerhaftigkeit, die groͤßere Beſcheidenheit der Formen, und ihre Behaglich- keit, den Sieg davon grtragen. Alſo ein uͤberall ſich ausdruͤckender, nationa- ler Geiſt iſt es vornehmlich, der den Continen- tal-Fabriken ihre Kaͤufer entfuͤhrt hat. Wenn eine Nation durch ihre Induſtrie einen Eindruck auf andre Nationen machen will, ſo muß ſie auch durch ihre Nationalitaͤt und durch ihre Sitten die Voͤlker reitzen und uͤbertreffen. Des- halb iſt dieſem gefaͤhrlichen Einfluſſe fremder Waaren auch nichts Wirkſameres entgegen zu ſetzen, als eigene Nationalitaͤt, das heißt nicht etwa, ein calculatoriſcher Patriotismus, der ſo raͤſonnirte: „wie viel Geld geht aus dei- nem Lande fuͤr auswaͤrtige Waaren! Darum kleide dich, um das Geld feſtzuhalten, in einlaͤn- diſches Fabrikat;” auch nicht etwa ein impe- ratoriſcher Patriotismus, wie Fichte in ſei- nem geſchloſſenen Handelsſtaate: „das bloße Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/247
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/247>, abgerufen am 23.11.2024.