Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

und über die beweglichen, leicht zu verwandelnden
Schätze, über das Geld, disponirt, auch den
Augenblick für sich haben; während der Adel
und das, was an die Scholle oder an das Grund-
eigenthum gebunden ist, oft wegen der Trägheit
und Unbehülflichkeit seines Besitzes den Augen-
blick versäumen muß, wenn es schon die Dauer
und das Gefühl der Sicherheit und Festigkeit
auf seiner Seite hat.

Der Grundeigenthümer ist mit seinem gan-
zen Glücke von den Jahreszeiten abhängig, und
der Natur unmittelbarer unterworfen, folglich
näher an das Bestehen nationaler Vereinigungen
gebunden, aus deren Umkreise er seinen Besitz
nicht heraus zu reißen vermag; also ist er der
natürliche Wortredner des Gesetzes. Der Eigen-
thümer des Beweglichen und des Geldes kann
viel leichter in den Wahn verfallen, daß er al-
les Lebensglück seinem Fleiße verdanke: so wird
er auch viel mehr nach Unabhängigkeit streben,
auf die unnationalen Reitzungen des Augenblicks
hören, und des Vergangenen, wie der Zukunft,
um einer reichen Gegenwart willen, vergessen; er
ist der natürliche Wortführer der Freiheit. Es
fällt in die Augen: beide Classen können einan-
der nicht entbehren, und müssen einander in's
Unendliche fort unterstützen, bald wechselseitig

hem-

und uͤber die beweglichen, leicht zu verwandelnden
Schaͤtze, uͤber das Geld, disponirt, auch den
Augenblick fuͤr ſich haben; waͤhrend der Adel
und das, was an die Scholle oder an das Grund-
eigenthum gebunden iſt, oft wegen der Traͤgheit
und Unbehuͤlflichkeit ſeines Beſitzes den Augen-
blick verſaͤumen muß, wenn es ſchon die Dauer
und das Gefuͤhl der Sicherheit und Feſtigkeit
auf ſeiner Seite hat.

Der Grundeigenthuͤmer iſt mit ſeinem gan-
zen Gluͤcke von den Jahreszeiten abhaͤngig, und
der Natur unmittelbarer unterworfen, folglich
naͤher an das Beſtehen nationaler Vereinigungen
gebunden, aus deren Umkreiſe er ſeinen Beſitz
nicht heraus zu reißen vermag; alſo iſt er der
natuͤrliche Wortredner des Geſetzes. Der Eigen-
thuͤmer des Beweglichen und des Geldes kann
viel leichter in den Wahn verfallen, daß er al-
les Lebensgluͤck ſeinem Fleiße verdanke: ſo wird
er auch viel mehr nach Unabhaͤngigkeit ſtreben,
auf die unnationalen Reitzungen des Augenblicks
hoͤren, und des Vergangenen, wie der Zukunft,
um einer reichen Gegenwart willen, vergeſſen; er
iſt der natuͤrliche Wortfuͤhrer der Freiheit. Es
faͤllt in die Augen: beide Claſſen koͤnnen einan-
der nicht entbehren, und muͤſſen einander in’s
Unendliche fort unterſtuͤtzen, bald wechſelſeitig

hem-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0136" n="128"/>
und u&#x0364;ber die beweglichen, leicht zu verwandelnden<lb/>
Scha&#x0364;tze, u&#x0364;ber das Geld, disponirt, auch den<lb/>
Augenblick fu&#x0364;r &#x017F;ich haben; wa&#x0364;hrend der Adel<lb/>
und das, was an die Scholle oder an das Grund-<lb/>
eigenthum gebunden i&#x017F;t, oft wegen der Tra&#x0364;gheit<lb/>
und Unbehu&#x0364;lflichkeit &#x017F;eines Be&#x017F;itzes den Augen-<lb/>
blick ver&#x017F;a&#x0364;umen muß, wenn es &#x017F;chon die Dauer<lb/>
und das Gefu&#x0364;hl der Sicherheit und Fe&#x017F;tigkeit<lb/>
auf &#x017F;einer Seite hat.</p><lb/>
            <p>Der Grundeigenthu&#x0364;mer i&#x017F;t mit &#x017F;einem gan-<lb/>
zen Glu&#x0364;cke von den Jahreszeiten abha&#x0364;ngig, und<lb/>
der Natur unmittelbarer unterworfen, folglich<lb/>
na&#x0364;her an das Be&#x017F;tehen nationaler Vereinigungen<lb/>
gebunden, aus deren Umkrei&#x017F;e er &#x017F;einen Be&#x017F;itz<lb/>
nicht heraus zu reißen vermag; al&#x017F;o i&#x017F;t er der<lb/>
natu&#x0364;rliche Wortredner des <hi rendition="#g">Ge&#x017F;etzes</hi>. Der Eigen-<lb/>
thu&#x0364;mer des Beweglichen und des Geldes kann<lb/>
viel leichter in den Wahn verfallen, daß er al-<lb/>
les Lebensglu&#x0364;ck &#x017F;einem Fleiße verdanke: &#x017F;o wird<lb/>
er auch viel mehr nach Unabha&#x0364;ngigkeit &#x017F;treben,<lb/>
auf die unnationalen Reitzungen des Augenblicks<lb/>
ho&#x0364;ren, und des Vergangenen, wie der Zukunft,<lb/>
um einer reichen Gegenwart willen, verge&#x017F;&#x017F;en; er<lb/>
i&#x017F;t der natu&#x0364;rliche Wortfu&#x0364;hrer der <hi rendition="#g">Freiheit</hi>. Es<lb/>
fa&#x0364;llt in die Augen: beide Cla&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen einan-<lb/>
der nicht entbehren, und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en einander in&#x2019;s<lb/>
Unendliche fort unter&#x017F;tu&#x0364;tzen, bald wech&#x017F;el&#x017F;eitig<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hem-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0136] und uͤber die beweglichen, leicht zu verwandelnden Schaͤtze, uͤber das Geld, disponirt, auch den Augenblick fuͤr ſich haben; waͤhrend der Adel und das, was an die Scholle oder an das Grund- eigenthum gebunden iſt, oft wegen der Traͤgheit und Unbehuͤlflichkeit ſeines Beſitzes den Augen- blick verſaͤumen muß, wenn es ſchon die Dauer und das Gefuͤhl der Sicherheit und Feſtigkeit auf ſeiner Seite hat. Der Grundeigenthuͤmer iſt mit ſeinem gan- zen Gluͤcke von den Jahreszeiten abhaͤngig, und der Natur unmittelbarer unterworfen, folglich naͤher an das Beſtehen nationaler Vereinigungen gebunden, aus deren Umkreiſe er ſeinen Beſitz nicht heraus zu reißen vermag; alſo iſt er der natuͤrliche Wortredner des Geſetzes. Der Eigen- thuͤmer des Beweglichen und des Geldes kann viel leichter in den Wahn verfallen, daß er al- les Lebensgluͤck ſeinem Fleiße verdanke: ſo wird er auch viel mehr nach Unabhaͤngigkeit ſtreben, auf die unnationalen Reitzungen des Augenblicks hoͤren, und des Vergangenen, wie der Zukunft, um einer reichen Gegenwart willen, vergeſſen; er iſt der natuͤrliche Wortfuͤhrer der Freiheit. Es faͤllt in die Augen: beide Claſſen koͤnnen einan- der nicht entbehren, und muͤſſen einander in’s Unendliche fort unterſtuͤtzen, bald wechſelſeitig hem-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/136
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/136>, abgerufen am 25.11.2024.