gemein und sehr leicht, endlich auch ein unent- behrliches Bedürfniß der Menschheit; und wenn dem übrigens hochverdienten Manne deshalb kein Vorwurf gemacht werden soll, daß er in einem so erfinderischen Jahrhundert lebte: so paßt doch seine Erklärung vom Wesen des Staates zu unsern Absichten besser, als irgend eine andre; und so gereicht es zu seinem Lobe, daß Er, was Andre unter mancherlei Capitulationen und Ver- wahrungen undeutlich und unmuthig meinten, wenigsten unumwunden, und mit einer gewissen genialischen Dreistigkeit, deutlich herausgesagt hat. --
Es folgt mancherlei Thörichtes aus dieser un- glücklichen Lehre, die vor zwanzig Jahren ein so unermeßliches Publicum hatte:
1) Was Menschenhände willkührlich gemacht haben, können andre Menschenhände willkührlich zerstören, wenigstens verwerfen. Man sieht nicht gut ein, warum, wenn der Staat eine bloße Erfindung nach Art der Brand-Cassen u. s. w. ist, nun nicht einmal ein Mensch zu demselben Zwecke, der dem Staate untergelegt wird, etwas Anderes und noch Klügeres erfinden sollte, was kein Staat wäre; man sieht, wenn man das viele Wichtige und Große, was mit dem Staate zu- sammenhängt und in ihn verwachsen ist, über-
gemein und ſehr leicht, endlich auch ein unent- behrliches Beduͤrfniß der Menſchheit; und wenn dem uͤbrigens hochverdienten Manne deshalb kein Vorwurf gemacht werden ſoll, daß er in einem ſo erfinderiſchen Jahrhundert lebte: ſo paßt doch ſeine Erklaͤrung vom Weſen des Staates zu unſern Abſichten beſſer, als irgend eine andre; und ſo gereicht es zu ſeinem Lobe, daß Er, was Andre unter mancherlei Capitulationen und Ver- wahrungen undeutlich und unmuthig meinten, wenigſten unumwunden, und mit einer gewiſſen genialiſchen Dreiſtigkeit, deutlich herausgeſagt hat. —
Es folgt mancherlei Thoͤrichtes aus dieſer un- gluͤcklichen Lehre, die vor zwanzig Jahren ein ſo unermeßliches Publicum hatte:
1) Was Menſchenhaͤnde willkuͤhrlich gemacht haben, koͤnnen andre Menſchenhaͤnde willkuͤhrlich zerſtoͤren, wenigſtens verwerfen. Man ſieht nicht gut ein, warum, wenn der Staat eine bloße Erfindung nach Art der Brand-Caſſen u. ſ. w. iſt, nun nicht einmal ein Menſch zu demſelben Zwecke, der dem Staate untergelegt wird, etwas Anderes und noch Kluͤgeres erfinden ſollte, was kein Staat waͤre; man ſieht, wenn man das viele Wichtige und Große, was mit dem Staate zu- ſammenhaͤngt und in ihn verwachſen iſt, uͤber-
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gemein und ſehr leicht, endlich auch ein unent-
behrliches Beduͤrfniß der Menſchheit; und wenn
dem uͤbrigens hochverdienten Manne deshalb kein
Vorwurf gemacht werden ſoll, daß er in einem
ſo erfinderiſchen Jahrhundert lebte: ſo paßt doch
ſeine Erklaͤrung vom Weſen des Staates zu
unſern Abſichten beſſer, als irgend eine andre;
und ſo gereicht es zu ſeinem Lobe, daß Er, was
Andre unter mancherlei Capitulationen und Ver-
wahrungen undeutlich und unmuthig meinten,
wenigſten unumwunden, und mit einer gewiſſen
genialiſchen Dreiſtigkeit, deutlich herausgeſagt
hat. —
Es folgt mancherlei Thoͤrichtes aus dieſer un-
gluͤcklichen Lehre, die vor zwanzig Jahren ein
ſo unermeßliches Publicum hatte:
1) Was Menſchenhaͤnde willkuͤhrlich gemacht
haben, koͤnnen andre Menſchenhaͤnde willkuͤhrlich
zerſtoͤren, wenigſtens verwerfen. Man ſieht nicht
gut ein, warum, wenn der Staat eine bloße
Erfindung nach Art der Brand-Caſſen u. ſ. w.
iſt, nun nicht einmal ein Menſch zu demſelben
Zwecke, der dem Staate untergelegt wird, etwas
Anderes und noch Kluͤgeres erfinden ſollte, was
kein Staat waͤre; man ſieht, wenn man das viele
Wichtige und Große, was mit dem Staate zu-
ſammenhaͤngt und in ihn verwachſen iſt, uͤber-
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/87>, abgerufen am 22.11.2024.
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