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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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und unbefangene Staatsgelehrte oder Staats-
mann, der hier leibhaftig die beiden widrigen
Extreme vor sich sieht, die er zu vermeiden hat.

In Deutschland nun ist die Mitte zwischen
diesen beiden Extremen doppelt schwer zu treffen:
Einerseits, weil unsern Theoretikern durch den
Ueberfluß an literarischen Communications-An-
stalten die Ansicht der entferntesten Staaten be-
sonders erleichtert ist, und wir also vorzüglich ein-
geladen werden, uns auf eine idealische Höhe zu
begeben, von der aus es uns überhaupt kein wirk-
licher Staatsmann, ja die Welt selbst nicht, mehr
recht machen kann; andrerseits, weil unsre
Praktiker, die wenigen höheren Beamten in den
größeren Staaten ausgenommen, in so enge
Wirkungskreise gewiesen, von so kleinlichen Ver-
hältnissen beengt, in so eigensinnige Localitäten
eingepreßt sind, daß sie die Pedanterei eben so
schwer vermeiden können, wie unsere Theoretiker
die Schwärmerei.

Deshalb aber ist auch Deutschland ein sehr
schönes Theater für Den, welcher den Staat in
allen seinen Details, und den Staatsmann, wie
den Staatsgelehrten, in seinen Verirrungen ken-
nen lernen will. Dessen ungeachtet ist bei den
Praktikern, hier und überall, mehr Gemüth und
wahre lebendige Wissenschaft, als bei den Theo-

und unbefangene Staatsgelehrte oder Staats-
mann, der hier leibhaftig die beiden widrigen
Extreme vor ſich ſieht, die er zu vermeiden hat.

In Deutſchland nun iſt die Mitte zwiſchen
dieſen beiden Extremen doppelt ſchwer zu treffen:
Einerſeits, weil unſern Theoretikern durch den
Ueberfluß an literariſchen Communications-An-
ſtalten die Anſicht der entfernteſten Staaten be-
ſonders erleichtert iſt, und wir alſo vorzuͤglich ein-
geladen werden, uns auf eine idealiſche Hoͤhe zu
begeben, von der aus es uns uͤberhaupt kein wirk-
licher Staatsmann, ja die Welt ſelbſt nicht, mehr
recht machen kann; andrerſeits, weil unſre
Praktiker, die wenigen hoͤheren Beamten in den
groͤßeren Staaten ausgenommen, in ſo enge
Wirkungskreiſe gewieſen, von ſo kleinlichen Ver-
haͤltniſſen beengt, in ſo eigenſinnige Localitaͤten
eingepreßt ſind, daß ſie die Pedanterei eben ſo
ſchwer vermeiden koͤnnen, wie unſere Theoretiker
die Schwaͤrmerei.

Deshalb aber iſt auch Deutſchland ein ſehr
ſchoͤnes Theater fuͤr Den, welcher den Staat in
allen ſeinen Details, und den Staatsmann, wie
den Staatsgelehrten, in ſeinen Verirrungen ken-
nen lernen will. Deſſen ungeachtet iſt bei den
Praktikern, hier und uͤberall, mehr Gemuͤth und
wahre lebendige Wiſſenſchaft, als bei den Theo-

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[20/0054] und unbefangene Staatsgelehrte oder Staats- mann, der hier leibhaftig die beiden widrigen Extreme vor ſich ſieht, die er zu vermeiden hat. In Deutſchland nun iſt die Mitte zwiſchen dieſen beiden Extremen doppelt ſchwer zu treffen: Einerſeits, weil unſern Theoretikern durch den Ueberfluß an literariſchen Communications-An- ſtalten die Anſicht der entfernteſten Staaten be- ſonders erleichtert iſt, und wir alſo vorzuͤglich ein- geladen werden, uns auf eine idealiſche Hoͤhe zu begeben, von der aus es uns uͤberhaupt kein wirk- licher Staatsmann, ja die Welt ſelbſt nicht, mehr recht machen kann; andrerſeits, weil unſre Praktiker, die wenigen hoͤheren Beamten in den groͤßeren Staaten ausgenommen, in ſo enge Wirkungskreiſe gewieſen, von ſo kleinlichen Ver- haͤltniſſen beengt, in ſo eigenſinnige Localitaͤten eingepreßt ſind, daß ſie die Pedanterei eben ſo ſchwer vermeiden koͤnnen, wie unſere Theoretiker die Schwaͤrmerei. Deshalb aber iſt auch Deutſchland ein ſehr ſchoͤnes Theater fuͤr Den, welcher den Staat in allen ſeinen Details, und den Staatsmann, wie den Staatsgelehrten, in ſeinen Verirrungen ken- nen lernen will. Deſſen ungeachtet iſt bei den Praktikern, hier und uͤberall, mehr Gemuͤth und wahre lebendige Wiſſenſchaft, als bei den Theo-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/54>, abgerufen am 22.11.2024.