Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

diesen fünf Staaten sein abgesondertes Flußge-
biet, eine eigenthümliche, innere Communication
aller Theile mit dem Meere; ferner jeder eine
eigenthümliche, den Bedürfnissen des Klima's
angemessene, Anlage zum Ackerbau, und eine
gleiche Anlage zum Handel; denn was Deutsch-
land an Seeküsten abgeht, wird durch die unge-
heure Landesgrenze gegen mehrere von der Na-
tur weniger begünstigte Staaten, gegen Ungarn,
Polen und den Norden, ersetzt. Ferner hat jeder
-- was die Folge aller dieser Naturbegünsti-
gungen ist -- eine in eigenthümlicher Schön-
heit ausgebildete Sprache, und einen scharf ab-
gezeichneten Charakter des Volkes und der Sitte;
endlich hat jeder von diesen Staaten sein Hoch-
land und sein Niederland, seinen Norden und
seinen Süden.

In diesem Entgegensetzungen, in dieser von
der Natur selbst auf einen kleinen Raum zusam-
mengestellten Anlage zum Streit unter vollstän-
dig ausgebildeten Extremen freier Naturen, liegt
der Beruf zu einer localen und nationalen Aus-
bildung der Rechts-Idee, allen meinen Voraus-
setzungen nach: denn, wo es wahren Streit der
Partheien giebt, da kommt und wächst das Ge-
setz; nichts bindet es, als allein der wahre und
unendliche Krieg. Die Ohnmacht, der Mangel

dieſen fuͤnf Staaten ſein abgeſondertes Flußge-
biet, eine eigenthuͤmliche, innere Communication
aller Theile mit dem Meere; ferner jeder eine
eigenthuͤmliche, den Beduͤrfniſſen des Klima’s
angemeſſene, Anlage zum Ackerbau, und eine
gleiche Anlage zum Handel; denn was Deutſch-
land an Seekuͤſten abgeht, wird durch die unge-
heure Landesgrenze gegen mehrere von der Na-
tur weniger beguͤnſtigte Staaten, gegen Ungarn,
Polen und den Norden, erſetzt. Ferner hat jeder
— was die Folge aller dieſer Naturbeguͤnſti-
gungen iſt — eine in eigenthuͤmlicher Schoͤn-
heit ausgebildete Sprache, und einen ſcharf ab-
gezeichneten Charakter des Volkes und der Sitte;
endlich hat jeder von dieſen Staaten ſein Hoch-
land und ſein Niederland, ſeinen Norden und
ſeinen Suͤden.

In dieſem Entgegenſetzungen, in dieſer von
der Natur ſelbſt auf einen kleinen Raum zuſam-
mengeſtellten Anlage zum Streit unter vollſtaͤn-
dig ausgebildeten Extremen freier Naturen, liegt
der Beruf zu einer localen und nationalen Aus-
bildung der Rechts-Idee, allen meinen Voraus-
ſetzungen nach: denn, wo es wahren Streit der
Partheien giebt, da kommt und waͤchſt das Ge-
ſetz; nichts bindet es, als allein der wahre und
unendliche Krieg. Die Ohnmacht, der Mangel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0309" n="275"/>
die&#x017F;en fu&#x0364;nf Staaten &#x017F;ein abge&#x017F;ondertes Flußge-<lb/>
biet, eine eigenthu&#x0364;mliche, innere Communication<lb/>
aller Theile mit dem Meere; ferner jeder eine<lb/>
eigenthu&#x0364;mliche, den Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en des Klima&#x2019;s<lb/>
angeme&#x017F;&#x017F;ene, Anlage zum Ackerbau, und eine<lb/>
gleiche Anlage zum Handel; denn was Deut&#x017F;ch-<lb/>
land an Seeku&#x0364;&#x017F;ten abgeht, wird durch die unge-<lb/>
heure Landesgrenze gegen mehrere von der Na-<lb/>
tur weniger begu&#x0364;n&#x017F;tigte Staaten, gegen Ungarn,<lb/>
Polen und den Norden, er&#x017F;etzt. Ferner hat jeder<lb/>
&#x2014; was die Folge aller die&#x017F;er Naturbegu&#x0364;n&#x017F;ti-<lb/>
gungen i&#x017F;t &#x2014; eine in eigenthu&#x0364;mlicher Scho&#x0364;n-<lb/>
heit ausgebildete Sprache, und einen &#x017F;charf ab-<lb/>
gezeichneten Charakter des Volkes und der Sitte;<lb/>
endlich hat jeder von die&#x017F;en Staaten &#x017F;ein Hoch-<lb/>
land und &#x017F;ein Niederland, &#x017F;einen Norden und<lb/>
&#x017F;einen Su&#x0364;den.</p><lb/>
            <p>In die&#x017F;em Entgegen&#x017F;etzungen, in die&#x017F;er von<lb/>
der Natur &#x017F;elb&#x017F;t auf einen kleinen Raum zu&#x017F;am-<lb/>
menge&#x017F;tellten Anlage zum Streit unter voll&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
dig ausgebildeten Extremen freier Naturen, liegt<lb/>
der Beruf zu einer localen und nationalen Aus-<lb/>
bildung der Rechts-Idee, allen meinen Voraus-<lb/>
&#x017F;etzungen nach: denn, wo es wahren Streit der<lb/>
Partheien giebt, da kommt und wa&#x0364;ch&#x017F;t das Ge-<lb/>
&#x017F;etz; nichts bindet es, als allein der wahre und<lb/>
unendliche Krieg. Die Ohnmacht, der Mangel<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275/0309] dieſen fuͤnf Staaten ſein abgeſondertes Flußge- biet, eine eigenthuͤmliche, innere Communication aller Theile mit dem Meere; ferner jeder eine eigenthuͤmliche, den Beduͤrfniſſen des Klima’s angemeſſene, Anlage zum Ackerbau, und eine gleiche Anlage zum Handel; denn was Deutſch- land an Seekuͤſten abgeht, wird durch die unge- heure Landesgrenze gegen mehrere von der Na- tur weniger beguͤnſtigte Staaten, gegen Ungarn, Polen und den Norden, erſetzt. Ferner hat jeder — was die Folge aller dieſer Naturbeguͤnſti- gungen iſt — eine in eigenthuͤmlicher Schoͤn- heit ausgebildete Sprache, und einen ſcharf ab- gezeichneten Charakter des Volkes und der Sitte; endlich hat jeder von dieſen Staaten ſein Hoch- land und ſein Niederland, ſeinen Norden und ſeinen Suͤden. In dieſem Entgegenſetzungen, in dieſer von der Natur ſelbſt auf einen kleinen Raum zuſam- mengeſtellten Anlage zum Streit unter vollſtaͤn- dig ausgebildeten Extremen freier Naturen, liegt der Beruf zu einer localen und nationalen Aus- bildung der Rechts-Idee, allen meinen Voraus- ſetzungen nach: denn, wo es wahren Streit der Partheien giebt, da kommt und waͤchſt das Ge- ſetz; nichts bindet es, als allein der wahre und unendliche Krieg. Die Ohnmacht, der Mangel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/309
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/309>, abgerufen am 27.04.2024.