bloßes Anhängsel der Personen erscheinen: so tritt im Mittelalter vor allen Dingen das Grund- eigenthum, und späterhin in den Städten auch das Geld-Capital, als eigentliche Person her- vor, und die zeitigen Besitzer erscheinen in Ge- setzen oft als bloße Accessorien der Sachen. Lehne, Majorate sind eigentlich bloße Reactionen gegen den Römischen Einfluß. --
Der Mensch ist bestimmt, scheinen die Ge- setzgeber des Mittelalters zu sagen, gemeinschaft- lich mit seinem Eigenthume die Ordnung und den Reichthum in's Unendliche fort zu erzeugen; also reicht ein einzelnes Menschenleben dazu nicht hin; folglich muß durch strenge Erbfolge-Gesetze der einzelne Besitzer an das durch Jahrtausende fortlebende Grundstück geknüpft werden, und in dem Verhältnisse der einzelnen Person zu der mit ihr zusammenhangenden Sache, muß das Gesetz seinen Accent auf diese Sache setzen, und nur dafür sorgen, daß das Leben des zeitigen Besitzers an seine Vorfahren und Nachkommen so eng und innig geknüpft werde, als möglich, was denn durch Erbfolge-Gesetze geschieht. --
So entsteht nun jener berühmte Streit zwi- schen dem Privat-Rechte, welches den Accent allenthalben auf die Personen setzt und seine Rö- mische Abkunft nicht verläugnen kann, und den
bloßes Anhaͤngſel der Perſonen erſcheinen: ſo tritt im Mittelalter vor allen Dingen das Grund- eigenthum, und ſpaͤterhin in den Staͤdten auch das Geld-Capital, als eigentliche Perſon her- vor, und die zeitigen Beſitzer erſcheinen in Ge- ſetzen oft als bloße Acceſſorien der Sachen. Lehne, Majorate ſind eigentlich bloße Reactionen gegen den Roͤmiſchen Einfluß. —
Der Menſch iſt beſtimmt, ſcheinen die Ge- ſetzgeber des Mittelalters zu ſagen, gemeinſchaft- lich mit ſeinem Eigenthume die Ordnung und den Reichthum in’s Unendliche fort zu erzeugen; alſo reicht ein einzelnes Menſchenleben dazu nicht hin; folglich muß durch ſtrenge Erbfolge-Geſetze der einzelne Beſitzer an das durch Jahrtauſende fortlebende Grundſtuͤck geknuͤpft werden, und in dem Verhaͤltniſſe der einzelnen Perſon zu der mit ihr zuſammenhangenden Sache, muß das Geſetz ſeinen Accent auf dieſe Sache ſetzen, und nur dafuͤr ſorgen, daß das Leben des zeitigen Beſitzers an ſeine Vorfahren und Nachkommen ſo eng und innig geknuͤpft werde, als moͤglich, was denn durch Erbfolge-Geſetze geſchieht. —
So entſteht nun jener beruͤhmte Streit zwi- ſchen dem Privat-Rechte, welches den Accent allenthalben auf die Perſonen ſetzt und ſeine Roͤ- miſche Abkunft nicht verlaͤugnen kann, und den
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bloßes Anhaͤngſel der Perſonen erſcheinen: ſo
tritt im Mittelalter vor allen Dingen das Grund-
eigenthum, und ſpaͤterhin in den Staͤdten auch
das Geld-Capital, als eigentliche Perſon her-
vor, und die zeitigen Beſitzer erſcheinen in Ge-
ſetzen oft als bloße Acceſſorien der Sachen. Lehne,
Majorate ſind eigentlich bloße Reactionen gegen
den Roͤmiſchen Einfluß. —
Der Menſch iſt beſtimmt, ſcheinen die Ge-
ſetzgeber des Mittelalters zu ſagen, gemeinſchaft-
lich mit ſeinem Eigenthume die Ordnung und
den Reichthum in’s Unendliche fort zu erzeugen;
alſo reicht ein einzelnes Menſchenleben dazu nicht
hin; folglich muß durch ſtrenge Erbfolge-Geſetze
der einzelne Beſitzer an das durch Jahrtauſende
fortlebende Grundſtuͤck geknuͤpft werden, und in
dem Verhaͤltniſſe der einzelnen Perſon zu der
mit ihr zuſammenhangenden Sache, muß das
Geſetz ſeinen Accent auf dieſe Sache ſetzen, und
nur dafuͤr ſorgen, daß das Leben des zeitigen
Beſitzers an ſeine Vorfahren und Nachkommen
ſo eng und innig geknuͤpft werde, als moͤglich,
was denn durch Erbfolge-Geſetze geſchieht. —
So entſteht nun jener beruͤhmte Streit zwi-
ſchen dem Privat-Rechte, welches den Accent
allenthalben auf die Perſonen ſetzt und ſeine Roͤ-
miſche Abkunft nicht verlaͤugnen kann, und den
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/272>, abgerufen am 22.11.2024.
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