Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Jugend. Deshalb muß eine gute Gesetzgebung
1) sie besonders versichtbaren und aus der Masse
hervortreten lassen; 2) muß sie dem Alter vor-
nehmlich, weil es die Bedingungen der Dauer
kennt und erlebt hat, weil es selbst gedauert
hat, die Repräsentation der Dauer und alle In-
stitution, welche sich auf die Dauer bezieht, über-
tragen.

Da nun die Gesetzgebung vornehmlich Er-
haltung und Dauer des Gegenwärtigen in Hän-
den hat, so ist sie in den meisten zusammenge-
setzten Verfassungen vielmehr den Senaten, die
Ausübung hingegen vielmehr einzelnen Gliedern
des Volkes übertragen worden. Da ferner in
den Händen der Jugend bereits hinlängliche Mit-
tel zur Auszeichnung und zum Glanze vorhan-
den sind, und Naturkraft und Schönheit ihr be-
reits einen hinlänglichen Vorrang einräumen, so
hat das Gesetz sein Gewicht vornehmlich in die
Schale des Alters geworfen: die Kunst hat dem
Alter den Glanz wieder ersetzt und wieder erstat-
tet, den ihm die Natur entzogen. --

Die antiken Verfassungen haften indeß noch
an dem Begriffe der beiden Alter, indem sie wirk-
lich alte Leute in einen Regierungskörper zusam-
menwerfen, und demnach die beiden Principe
wirklich und leibhaftig einander gegenüber stellen;

Jugend. Deshalb muß eine gute Geſetzgebung
1) ſie beſonders verſichtbaren und aus der Maſſe
hervortreten laſſen; 2) muß ſie dem Alter vor-
nehmlich, weil es die Bedingungen der Dauer
kennt und erlebt hat, weil es ſelbſt gedauert
hat, die Repraͤſentation der Dauer und alle In-
ſtitution, welche ſich auf die Dauer bezieht, uͤber-
tragen.

Da nun die Geſetzgebung vornehmlich Er-
haltung und Dauer des Gegenwaͤrtigen in Haͤn-
den hat, ſo iſt ſie in den meiſten zuſammenge-
ſetzten Verfaſſungen vielmehr den Senaten, die
Ausuͤbung hingegen vielmehr einzelnen Gliedern
des Volkes uͤbertragen worden. Da ferner in
den Haͤnden der Jugend bereits hinlaͤngliche Mit-
tel zur Auszeichnung und zum Glanze vorhan-
den ſind, und Naturkraft und Schoͤnheit ihr be-
reits einen hinlaͤnglichen Vorrang einraͤumen, ſo
hat das Geſetz ſein Gewicht vornehmlich in die
Schale des Alters geworfen: die Kunſt hat dem
Alter den Glanz wieder erſetzt und wieder erſtat-
tet, den ihm die Natur entzogen. —

Die antiken Verfaſſungen haften indeß noch
an dem Begriffe der beiden Alter, indem ſie wirk-
lich alte Leute in einen Regierungskoͤrper zuſam-
menwerfen, und demnach die beiden Principe
wirklich und leibhaftig einander gegenuͤber ſtellen;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0169" n="135"/>
Jugend. Deshalb muß eine gute Ge&#x017F;etzgebung<lb/>
1) &#x017F;ie be&#x017F;onders ver&#x017F;ichtbaren und aus der Ma&#x017F;&#x017F;e<lb/>
hervortreten la&#x017F;&#x017F;en; 2) muß &#x017F;ie dem Alter vor-<lb/>
nehmlich, weil es die Bedingungen der Dauer<lb/>
kennt und erlebt hat, weil es &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#g">gedauert</hi><lb/>
hat, die Repra&#x0364;&#x017F;entation der Dauer und alle In-<lb/>
&#x017F;titution, welche &#x017F;ich auf die Dauer bezieht, u&#x0364;ber-<lb/>
tragen.</p><lb/>
            <p>Da nun die Ge&#x017F;etzgebung vornehmlich Er-<lb/>
haltung und Dauer des Gegenwa&#x0364;rtigen in Ha&#x0364;n-<lb/>
den hat, &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie in den mei&#x017F;ten zu&#x017F;ammenge-<lb/>
&#x017F;etzten Verfa&#x017F;&#x017F;ungen vielmehr den Senaten, die<lb/>
Ausu&#x0364;bung hingegen vielmehr einzelnen Gliedern<lb/>
des Volkes u&#x0364;bertragen worden. Da ferner in<lb/>
den Ha&#x0364;nden der Jugend bereits hinla&#x0364;ngliche Mit-<lb/>
tel zur Auszeichnung und zum Glanze vorhan-<lb/>
den &#x017F;ind, und Naturkraft und Scho&#x0364;nheit ihr be-<lb/>
reits einen hinla&#x0364;nglichen Vorrang einra&#x0364;umen, &#x017F;o<lb/>
hat das Ge&#x017F;etz &#x017F;ein Gewicht vornehmlich in die<lb/>
Schale des Alters geworfen: die Kun&#x017F;t hat dem<lb/>
Alter den Glanz wieder er&#x017F;etzt und wieder er&#x017F;tat-<lb/>
tet, den ihm die Natur entzogen. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Die antiken Verfa&#x017F;&#x017F;ungen haften indeß noch<lb/>
an dem Begriffe der beiden Alter, indem &#x017F;ie wirk-<lb/>
lich alte Leute in einen Regierungsko&#x0364;rper zu&#x017F;am-<lb/>
menwerfen, und demnach die beiden Principe<lb/>
wirklich und leibhaftig einander gegenu&#x0364;ber &#x017F;tellen;<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0169] Jugend. Deshalb muß eine gute Geſetzgebung 1) ſie beſonders verſichtbaren und aus der Maſſe hervortreten laſſen; 2) muß ſie dem Alter vor- nehmlich, weil es die Bedingungen der Dauer kennt und erlebt hat, weil es ſelbſt gedauert hat, die Repraͤſentation der Dauer und alle In- ſtitution, welche ſich auf die Dauer bezieht, uͤber- tragen. Da nun die Geſetzgebung vornehmlich Er- haltung und Dauer des Gegenwaͤrtigen in Haͤn- den hat, ſo iſt ſie in den meiſten zuſammenge- ſetzten Verfaſſungen vielmehr den Senaten, die Ausuͤbung hingegen vielmehr einzelnen Gliedern des Volkes uͤbertragen worden. Da ferner in den Haͤnden der Jugend bereits hinlaͤngliche Mit- tel zur Auszeichnung und zum Glanze vorhan- den ſind, und Naturkraft und Schoͤnheit ihr be- reits einen hinlaͤnglichen Vorrang einraͤumen, ſo hat das Geſetz ſein Gewicht vornehmlich in die Schale des Alters geworfen: die Kunſt hat dem Alter den Glanz wieder erſetzt und wieder erſtat- tet, den ihm die Natur entzogen. — Die antiken Verfaſſungen haften indeß noch an dem Begriffe der beiden Alter, indem ſie wirk- lich alte Leute in einen Regierungskoͤrper zuſam- menwerfen, und demnach die beiden Principe wirklich und leibhaftig einander gegenuͤber ſtellen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/169
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/169>, abgerufen am 01.05.2024.