Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

sich. Mit einem Briefe, einem Wechsel, einer
Stange Silber reicht der Kaufmann in London
seinem Correspondenten in Madras seine Hand
über die Oceane hin, und hilft ihm den großen
Krieg mit der Erde führen, hilft ihm sie bethö-
ren, sie bezwingen, ihr Nahrung und neue Mit-
tel zu einer stets innigern Allianz gegen den ge-
meinschaftlichen Feind rauben. --

Die Erde wehrt sich unaufhörlich gegen diese
Angriffe ihrer Kinder; sie wehrt sich mit doppel-
ten Waffen: der Gewalt; der Schönheit und
des Reitzes. Außer dem Vortheile der größeren
Dauerhaftigkeit, hat sie vor dem menschlichen
Geschlechte noch den Vortheil voraus, daß alle
ihre Kräfte die größte Einheit haben, während
ihr Feind, die Menschheit, ein tausendköpfi-
ges Wesen ist, und während noch überdies die
unzähligen Köpfe ihres Feindes nach wenigen
Jahren verschwinden, und neue, ganz anders
gestaltete, an ihre Stelle treten. Die alte, große
Kriegerin hat bis heute schon gegen zweihun-
dert verschiedene Generationen der Menschen in
Schlachtordnung sich gegenüber gesehen, und
jede Generation bestand aus vielen hundert Mil-
lionen ganz verschieden gestalteter, und durch
weite Räume von einander getrennter Köpfe.
Was hat die Erde in diesem Kriege zu thun?

ſich. Mit einem Briefe, einem Wechſel, einer
Stange Silber reicht der Kaufmann in London
ſeinem Correſpondenten in Madras ſeine Hand
uͤber die Oceane hin, und hilft ihm den großen
Krieg mit der Erde fuͤhren, hilft ihm ſie bethoͤ-
ren, ſie bezwingen, ihr Nahrung und neue Mit-
tel zu einer ſtets innigern Allianz gegen den ge-
meinſchaftlichen Feind rauben. —

Die Erde wehrt ſich unaufhoͤrlich gegen dieſe
Angriffe ihrer Kinder; ſie wehrt ſich mit doppel-
ten Waffen: der Gewalt; der Schoͤnheit und
des Reitzes. Außer dem Vortheile der groͤßeren
Dauerhaftigkeit, hat ſie vor dem menſchlichen
Geſchlechte noch den Vortheil voraus, daß alle
ihre Kraͤfte die groͤßte Einheit haben, waͤhrend
ihr Feind, die Menſchheit, ein tauſendkoͤpfi-
ges Weſen iſt, und waͤhrend noch uͤberdies die
unzaͤhligen Koͤpfe ihres Feindes nach wenigen
Jahren verſchwinden, und neue, ganz anders
geſtaltete, an ihre Stelle treten. Die alte, große
Kriegerin hat bis heute ſchon gegen zweihun-
dert verſchiedene Generationen der Menſchen in
Schlachtordnung ſich gegenuͤber geſehen, und
jede Generation beſtand aus vielen hundert Mil-
lionen ganz verſchieden geſtalteter, und durch
weite Raͤume von einander getrennter Koͤpfe.
Was hat die Erde in dieſem Kriege zu thun?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0111" n="77"/>
&#x017F;ich. Mit einem Briefe, einem Wech&#x017F;el, einer<lb/>
Stange Silber reicht der Kaufmann in London<lb/>
&#x017F;einem Corre&#x017F;pondenten in Madras &#x017F;eine Hand<lb/>
u&#x0364;ber die Oceane hin, und hilft ihm den großen<lb/>
Krieg mit der Erde fu&#x0364;hren, hilft ihm &#x017F;ie betho&#x0364;-<lb/>
ren, &#x017F;ie bezwingen, ihr Nahrung und neue Mit-<lb/>
tel zu einer &#x017F;tets innigern Allianz gegen den ge-<lb/>
mein&#x017F;chaftlichen Feind rauben. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Die Erde wehrt &#x017F;ich unaufho&#x0364;rlich gegen die&#x017F;e<lb/>
Angriffe ihrer Kinder; &#x017F;ie wehrt &#x017F;ich mit doppel-<lb/>
ten Waffen: der Gewalt; der Scho&#x0364;nheit und<lb/>
des Reitzes. Außer dem Vortheile der gro&#x0364;ßeren<lb/>
Dauerhaftigkeit, hat &#x017F;ie vor dem men&#x017F;chlichen<lb/>
Ge&#x017F;chlechte noch <hi rendition="#g">den</hi> Vortheil voraus, daß alle<lb/>
ihre Kra&#x0364;fte die gro&#x0364;ßte Einheit haben, wa&#x0364;hrend<lb/>
ihr Feind, die Men&#x017F;chheit, ein tau&#x017F;endko&#x0364;pfi-<lb/>
ges We&#x017F;en i&#x017F;t, und wa&#x0364;hrend noch u&#x0364;berdies die<lb/>
unza&#x0364;hligen Ko&#x0364;pfe ihres Feindes nach wenigen<lb/>
Jahren ver&#x017F;chwinden, und neue, ganz anders<lb/>
ge&#x017F;taltete, an ihre Stelle treten. Die alte, große<lb/>
Kriegerin hat bis heute &#x017F;chon gegen zweihun-<lb/>
dert ver&#x017F;chiedene Generationen der Men&#x017F;chen in<lb/>
Schlachtordnung &#x017F;ich gegenu&#x0364;ber ge&#x017F;ehen, und<lb/>
jede Generation be&#x017F;tand aus vielen hundert Mil-<lb/>
lionen ganz ver&#x017F;chieden ge&#x017F;talteter, und durch<lb/>
weite Ra&#x0364;ume von einander getrennter Ko&#x0364;pfe.<lb/>
Was hat die Erde in die&#x017F;em Kriege zu thun?<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0111] ſich. Mit einem Briefe, einem Wechſel, einer Stange Silber reicht der Kaufmann in London ſeinem Correſpondenten in Madras ſeine Hand uͤber die Oceane hin, und hilft ihm den großen Krieg mit der Erde fuͤhren, hilft ihm ſie bethoͤ- ren, ſie bezwingen, ihr Nahrung und neue Mit- tel zu einer ſtets innigern Allianz gegen den ge- meinſchaftlichen Feind rauben. — Die Erde wehrt ſich unaufhoͤrlich gegen dieſe Angriffe ihrer Kinder; ſie wehrt ſich mit doppel- ten Waffen: der Gewalt; der Schoͤnheit und des Reitzes. Außer dem Vortheile der groͤßeren Dauerhaftigkeit, hat ſie vor dem menſchlichen Geſchlechte noch den Vortheil voraus, daß alle ihre Kraͤfte die groͤßte Einheit haben, waͤhrend ihr Feind, die Menſchheit, ein tauſendkoͤpfi- ges Weſen iſt, und waͤhrend noch uͤberdies die unzaͤhligen Koͤpfe ihres Feindes nach wenigen Jahren verſchwinden, und neue, ganz anders geſtaltete, an ihre Stelle treten. Die alte, große Kriegerin hat bis heute ſchon gegen zweihun- dert verſchiedene Generationen der Menſchen in Schlachtordnung ſich gegenuͤber geſehen, und jede Generation beſtand aus vielen hundert Mil- lionen ganz verſchieden geſtalteter, und durch weite Raͤume von einander getrennter Koͤpfe. Was hat die Erde in dieſem Kriege zu thun?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/111
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/111>, abgerufen am 22.11.2024.