bald gab es auch ein Verhältniß zwischen diesen beiden Menschen, oder zwischen diesen beiden Geschlechtern; es gab Bedingungen ihres Neben- einanderbestehens; es gab ein gesellschaftliches Gesetz, und dieses Gesetz mußte ein lebendiges, bewegliches seyn, weil das Verhältniß zweier Menschen unter einander lebendig und beweglich ist; kurz, die Idee des Rechtes war im Gange.
Diese, das Verhältniß zweier oder mehrerer Menschen ewig regulirende, Idee gehört unzer- trennlich zu der Natur des Menschen; also ist es für die Sache selbst ganz gleichgültig, ob sie bloß empfunden, oder auch wirklich ausgesprochen, oder ob sie niedergeschrieben wird auf zwei Mo- saische und zwölf Römische Tafeln, oder ob sie wirklich lebendig und persönlich repräsentirt wird durch einen Patriarchen, Monarchen, Rex oder Imperator.
Wenn man es vorzieht, die Idee des Rech- tes durch den Buchstaben ausdrücken zu lassen, so nennen wir einen solchen Zustand der gesell- schaftlichen Dinge vorzugsweise: Republik; hält man es für passender, daß eine wirkliche Person diese Idee repräsentire und lebendig ausübe, so zeigt sich die Monarchie: wiewohl keiner von diesen Zuständen, ausschließend, hin- reicht, die Idee des Rechtes oder die allerna-
bald gab es auch ein Verhaͤltniß zwiſchen dieſen beiden Menſchen, oder zwiſchen dieſen beiden Geſchlechtern; es gab Bedingungen ihres Neben- einanderbeſtehens; es gab ein geſellſchaftliches Geſetz, und dieſes Geſetz mußte ein lebendiges, bewegliches ſeyn, weil das Verhaͤltniß zweier Menſchen unter einander lebendig und beweglich iſt; kurz, die Idee des Rechtes war im Gange.
Dieſe, das Verhaͤltniß zweier oder mehrerer Menſchen ewig regulirende, Idee gehoͤrt unzer- trennlich zu der Natur des Menſchen; alſo iſt es fuͤr die Sache ſelbſt ganz gleichguͤltig, ob ſie bloß empfunden, oder auch wirklich ausgeſprochen, oder ob ſie niedergeſchrieben wird auf zwei Mo- ſaiſche und zwoͤlf Roͤmiſche Tafeln, oder ob ſie wirklich lebendig und perſoͤnlich repraͤſentirt wird durch einen Patriarchen, Monarchen, Rex oder Imperator.
Wenn man es vorzieht, die Idee des Rech- tes durch den Buchſtaben ausdruͤcken zu laſſen, ſo nennen wir einen ſolchen Zuſtand der geſell- ſchaftlichen Dinge vorzugsweiſe: Republik; haͤlt man es fuͤr paſſender, daß eine wirkliche Perſon dieſe Idee repraͤſentire und lebendig ausuͤbe, ſo zeigt ſich die Monarchie: wiewohl keiner von dieſen Zuſtaͤnden, ausſchließend, hin- reicht, die Idee des Rechtes oder die allerna-
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bald gab es auch ein Verhaͤltniß zwiſchen dieſen
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Geſchlechtern; es gab Bedingungen ihres Neben-
einanderbeſtehens; es gab ein geſellſchaftliches
Geſetz, und dieſes Geſetz mußte ein lebendiges,
bewegliches ſeyn, weil das Verhaͤltniß zweier
Menſchen unter einander lebendig und beweglich
iſt; kurz, die Idee des Rechtes war im Gange.
Dieſe, das Verhaͤltniß zweier oder mehrerer
Menſchen ewig regulirende, Idee gehoͤrt unzer-
trennlich zu der Natur des Menſchen; alſo iſt
es fuͤr die Sache ſelbſt ganz gleichguͤltig, ob ſie
bloß empfunden, oder auch wirklich ausgeſprochen,
oder ob ſie niedergeſchrieben wird auf zwei Mo-
ſaiſche und zwoͤlf Roͤmiſche Tafeln, oder ob ſie
wirklich lebendig und perſoͤnlich repraͤſentirt wird
durch einen Patriarchen, Monarchen, Rex oder
Imperator.
Wenn man es vorzieht, die Idee des Rech-
tes durch den Buchſtaben ausdruͤcken zu laſſen,
ſo nennen wir einen ſolchen Zuſtand der geſell-
ſchaftlichen Dinge vorzugsweiſe: Republik;
haͤlt man es fuͤr paſſender, daß eine wirkliche
Perſon dieſe Idee repraͤſentire und lebendig
ausuͤbe, ſo zeigt ſich die Monarchie: wiewohl
keiner von dieſen Zuſtaͤnden, ausſchließend, hin-
reicht, die Idee des Rechtes oder die allerna-
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/105>, abgerufen am 25.11.2024.
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