Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.

Bild:
<< vorherige Seite

len aussöhnen/ daß sie den Cörper zu räumen
ihr angemuhtet/ woferne sie nicht von ihr ange-
tastet und beschädiget seyn wolten.

§. 17. Werden sie der hohen Landes-Obrig-
keit an den verordinirten Woiwoden den Eyd
der Treue zu schweren angehalten/ so führt man
sie auf die Gerichts-Stube/ und legt ihnen vor
eine Bären-Haut und Beil, imgleichen prae-
sentir
et man ihnen ein Stück Brodt auf einem
Messer zu essen/ dabey huldigen sie mit folgen-
den formalien: Woferne ich meiner hohen Lan-
des-Obrigkeit biß an mein Ende nicht getreu
seyn solte/ sondern mit Wissen und Willen ob-
trünnig würde/ meine mir auferlegte Pflicht
richtig abzutragen mir entzöge/ und sonsten auf
irgend eine Weise mich gegen der hohen Ma-
jestät verbreche/ so soll dieser Bär in denen
Wäldern mich zerreissen/ dis Brodt das ich ge-
niesse/ im Halse bestecken bleiben, dis Messer
mich tödten/ und dis Beil meinen Kopff herun-
ter hauen.

§. 18. Unter ihnen selbsten/ wann eine
Streitigkeit soll geschlichtet werden, erwehlen
sie von beyden Parthen einige Schieds-Leute,
welchen sie ihre strittige Sachen vortragen/ und
wann sie wegen zweifelhaffter Umstände zur end-
lichen Entscheidung nicht kommen können, wird
einem von ihnen, nach Gutdüncken der Arbitran-
ten/ der Eyd aufgelegt/ den sie folgender Gestalt
lesten: Es wird zuvor der Schwerende zum
Götzen geführet/ und wegen des Meineydes ernst-

lich

len ausſoͤhnen/ daß ſie den Coͤrper zu raͤumen
ihr angemuhtet/ woferne ſie nicht von ihr ange-
taſtet und beſchaͤdiget ſeyn wolten.

§. 17. Werden ſie der hohen Landes-Obrig-
keit an den verordinirten Woiwoden den Eyd
der Treue zu ſchweren angehalten/ ſo fuͤhrt man
ſie auf die Gerichts-Stube/ und legt ihnen vor
eine Baͤren-Haut und Beil, imgleichen præ-
ſentir
et man ihnen ein Stuͤck Brodt auf einem
Meſſer zu eſſen/ dabey huldigen ſie mit folgen-
den formalien: Woferne ich meiner hohen Lan-
des-Obrigkeit biß an mein Ende nicht getreu
ſeyn ſolte/ ſondern mit Wiſſen und Willen ob-
truͤnnig wuͤrde/ meine mir auferlegte Pflicht
richtig abzutragen mir entzoͤge/ und ſonſten auf
irgend eine Weiſe mich gegen der hohen Ma-
jeſtaͤt verbreche/ ſo ſoll dieſer Baͤr in denen
Waͤldern mich zerreiſſen/ dis Brodt das ich ge-
nieſſe/ im Halſe beſtecken bleiben, dis Meſſer
mich toͤdten/ und dis Beil meinen Kopff herun-
ter hauen.

§. 18. Unter ihnen ſelbſten/ wann eine
Streitigkeit ſoll geſchlichtet werden, erwehlen
ſie von beyden Parthen einige Schieds-Leute,
welchen ſie ihre ſtrittige Sachen vortragen/ und
wann ſie wegen zweifelhaffter Umſtaͤnde zur end-
lichen Entſcheidung nicht kommen koͤnnen, wird
einem von ihnen, nach Gutduͤncken der Arbitran-
ten/ der Eyd aufgelegt/ den ſie folgender Geſtalt
leſten: Es wird zuvor der Schwerende zum
Goͤtzen gefuͤhret/ und wegen des Meineydes eꝛnſt-

lich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0072" n="56"/>
len aus&#x017F;o&#x0364;hnen/ daß &#x017F;ie den Co&#x0364;rper zu ra&#x0364;umen<lb/>
ihr angemuhtet/ woferne &#x017F;ie nicht von ihr ange-<lb/>
ta&#x017F;tet und be&#x017F;cha&#x0364;diget &#x017F;eyn wolten.</p><lb/>
        <p>§. 17. Werden &#x017F;ie der hohen Landes-Obrig-<lb/>
keit an den ver<hi rendition="#aq">ordinirt</hi>en <hi rendition="#aq">Woiwoden</hi> den Eyd<lb/>
der Treue zu &#x017F;chweren angehalten/ &#x017F;o fu&#x0364;hrt man<lb/>
&#x017F;ie auf die Gerichts-Stube/ und legt ihnen vor<lb/>
eine Ba&#x0364;ren-Haut und Beil, imgleichen <hi rendition="#aq">præ-<lb/>
&#x017F;entir</hi>et man ihnen ein Stu&#x0364;ck Brodt auf einem<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;er zu e&#x017F;&#x017F;en/ dabey huldigen &#x017F;ie mit folgen-<lb/>
den <hi rendition="#aq">formali</hi>en: Woferne ich meiner hohen Lan-<lb/>
des-Obrigkeit biß an mein Ende nicht getreu<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;olte/ &#x017F;ondern mit Wi&#x017F;&#x017F;en und Willen ob-<lb/>
tru&#x0364;nnig wu&#x0364;rde/ meine mir auferlegte Pflicht<lb/>
richtig abzutragen mir entzo&#x0364;ge/ und &#x017F;on&#x017F;ten auf<lb/>
irgend eine Wei&#x017F;e mich gegen der hohen Ma-<lb/>
je&#x017F;ta&#x0364;t verbreche/ &#x017F;o &#x017F;oll die&#x017F;er Ba&#x0364;r in denen<lb/>
Wa&#x0364;ldern mich zerrei&#x017F;&#x017F;en/ dis Brodt das ich ge-<lb/>
nie&#x017F;&#x017F;e/ im Hal&#x017F;e be&#x017F;tecken bleiben, dis Me&#x017F;&#x017F;er<lb/>
mich to&#x0364;dten/ und dis Beil meinen Kopff herun-<lb/>
ter hauen.</p><lb/>
        <p>§. 18. Unter ihnen &#x017F;elb&#x017F;ten/ wann eine<lb/>
Streitigkeit &#x017F;oll ge&#x017F;chlichtet werden, erwehlen<lb/>
&#x017F;ie von beyden Parthen einige Schieds-Leute,<lb/>
welchen &#x017F;ie ihre &#x017F;trittige Sachen vortragen/ und<lb/>
wann &#x017F;ie wegen zweifelhaffter Um&#x017F;ta&#x0364;nde zur end-<lb/>
lichen Ent&#x017F;cheidung nicht kommen ko&#x0364;nnen, wird<lb/>
einem von ihnen, nach Gutdu&#x0364;ncken der <hi rendition="#aq">Arbitran-</hi><lb/>
ten/ der Eyd aufgelegt/ den &#x017F;ie folgender Ge&#x017F;talt<lb/>
le&#x017F;ten: Es wird zuvor der Schwerende zum<lb/>
Go&#x0364;tzen gefu&#x0364;hret/ und wegen des Meineydes e&#xA75B;n&#x017F;t-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lich</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0072] len ausſoͤhnen/ daß ſie den Coͤrper zu raͤumen ihr angemuhtet/ woferne ſie nicht von ihr ange- taſtet und beſchaͤdiget ſeyn wolten. §. 17. Werden ſie der hohen Landes-Obrig- keit an den verordinirten Woiwoden den Eyd der Treue zu ſchweren angehalten/ ſo fuͤhrt man ſie auf die Gerichts-Stube/ und legt ihnen vor eine Baͤren-Haut und Beil, imgleichen præ- ſentiret man ihnen ein Stuͤck Brodt auf einem Meſſer zu eſſen/ dabey huldigen ſie mit folgen- den formalien: Woferne ich meiner hohen Lan- des-Obrigkeit biß an mein Ende nicht getreu ſeyn ſolte/ ſondern mit Wiſſen und Willen ob- truͤnnig wuͤrde/ meine mir auferlegte Pflicht richtig abzutragen mir entzoͤge/ und ſonſten auf irgend eine Weiſe mich gegen der hohen Ma- jeſtaͤt verbreche/ ſo ſoll dieſer Baͤr in denen Waͤldern mich zerreiſſen/ dis Brodt das ich ge- nieſſe/ im Halſe beſtecken bleiben, dis Meſſer mich toͤdten/ und dis Beil meinen Kopff herun- ter hauen. §. 18. Unter ihnen ſelbſten/ wann eine Streitigkeit ſoll geſchlichtet werden, erwehlen ſie von beyden Parthen einige Schieds-Leute, welchen ſie ihre ſtrittige Sachen vortragen/ und wann ſie wegen zweifelhaffter Umſtaͤnde zur end- lichen Entſcheidung nicht kommen koͤnnen, wird einem von ihnen, nach Gutduͤncken der Arbitran- ten/ der Eyd aufgelegt/ den ſie folgender Geſtalt leſten: Es wird zuvor der Schwerende zum Goͤtzen gefuͤhret/ und wegen des Meineydes eꝛnſt- lich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die vorliegende Ausgabe ist die erste eigenständi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/72
Zitationshilfe: Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/72>, abgerufen am 23.11.2024.