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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Propädeutischer Abschnitt.
die Kunstwerke schon im Alterthum (§. 165. 214), wie
in neuerer Zeit erfuhren. Dort ging der Zug aus5
Griechenland nach Rom und Byzanz, aus den Repu-
bliken in die Residenzen, aus den Tempelhöfen nach
öffentlichen Hallen, Theatern, dann Palästen und Ther-
men; indem eigentliche Kunst-Museen, d. h. blos zur
Kunstbeschauung bestimmte Gebäude, dem Alterthum,
wo die Kunst innig mit dem übrigen Leben verwachsen
war, fast ganz unbekannt blieben. Hier führen alle6
Schritte aus Griechenland und Italien heraus nach dem
übrigen cultivirten Europa, doch so daß in diesem Lande
der Abgang nach außen durch den steten Zufluß von in-
nen immer noch überwogen wird; und das allgemeine
Streben ist Vereinigung in großen Museen der Herr-
scher und Nationen.

5. Annäherungen an Museen im Alterthum waren: 1. die
Spelunken und Tempelwinkel, in welchen abgängig gewordne
Götterbilder (die doch nicht in den Ofen sollten, wie der Herakles
des Cynikers) aufbewahrt wurden. S. besonders Ovid Met. x,
691. Eine solche Sammlung im Argivischen Heräon. In
Italien dienten die favissae zur Bewahrung alten Tempel-Haus-
raths. 2. Die großen Sammlungen von Kunstwerken, die sich
von selbst in den Höfen und Hallen von Heiligthümern bilden, wie
in dem Ephesischen Tempel, dem Samischen Heräon, dem Milesischen
Didymäon, an den Orakel- und Agonen-Orten, wie in Olympia.
Hier waren auch im Heräon viele xoana khruselephantina mit
Absicht zusammengestellt. Aehnliche Statuensammlungen hernach in
Rom, in Octaviae porticibus §. 180. Anm. 2. 190. Anm. i.
I. a.
3. Die Sammlungen von Gelehrtenbüsten in öffentlichen
Museen, wie in dem des Asinius Pollio, §. 190, 1. I b., wahr-
scheinlich schon früher in Alexandreia, und hernach auch in Privat-
sammlungen (Perfectissimus horum est, si quis Aristotelem
similem vel Pittacon emit etc.
Juven ii, 6.). 4. Ge-
mähldehallen, wie die Pökile in Athen (§. 101. Anm. 4.), die Halle
bei den Propyläen (§. 109. i, 3), die Lesche der Knidier (§. 134),
auch eine Pökile in Olympia, eine zu Sparta (Pausanias). Doch
war auch hier ursprünglich die Bestimmung eine andre; die Pökile
Athens, die Lesche waren Conversations-Sääle, wie andre nicht
ausgemahlte. In Strabons Zeit (xiv. p. 637) war der große T.
zu Samos eine pinakotheke, auch gab es andre in der Nähe;
und in Römischer Zeit waren allerdings besonders dazu eingerichtete

Propaͤdeutiſcher Abſchnitt.
die Kunſtwerke ſchon im Alterthum (§. 165. 214), wie
in neuerer Zeit erfuhren. Dort ging der Zug aus5
Griechenland nach Rom und Byzanz, aus den Repu-
bliken in die Reſidenzen, aus den Tempelhoͤfen nach
oͤffentlichen Hallen, Theatern, dann Palaͤſten und Ther-
men; indem eigentliche Kunſt-Muſeen, d. h. blos zur
Kunſtbeſchauung beſtimmte Gebaͤude, dem Alterthum,
wo die Kunſt innig mit dem uͤbrigen Leben verwachſen
war, faſt ganz unbekannt blieben. Hier fuͤhren alle6
Schritte aus Griechenland und Italien heraus nach dem
uͤbrigen cultivirten Europa, doch ſo daß in dieſem Lande
der Abgang nach außen durch den ſteten Zufluß von in-
nen immer noch uͤberwogen wird; und das allgemeine
Streben iſt Vereinigung in großen Muſeen der Herr-
ſcher und Nationen.

5. Annäherungen an Muſeen im Alterthum waren: 1. die
Spelunken und Tempelwinkel, in welchen abgängig gewordne
Götterbilder (die doch nicht in den Ofen ſollten, wie der Herakles
des Cynikers) aufbewahrt wurden. S. beſonders Ovid Met. x,
691. Eine ſolche Sammlung im Argiviſchen Heräon. In
Italien dienten die favissae zur Bewahrung alten Tempel-Haus-
raths. 2. Die großen Sammlungen von Kunſtwerken, die ſich
von ſelbſt in den Höfen und Hallen von Heiligthümern bilden, wie
in dem Epheſiſchen Tempel, dem Samiſchen Heräon, dem Mileſiſchen
Didymäon, an den Orakel- und Agonen-Orten, wie in Olympia.
Hier waren auch im Heräon viele ξόανα χρυσελεφάντινα mit
Abſicht zuſammengeſtellt. Aehnliche Statuenſammlungen hernach in
Rom, in Octaviae porticibus §. 180. Anm. 2. 190. Anm. i.
I. a.
3. Die Sammlungen von Gelehrtenbüſten in öffentlichen
Muſeen, wie in dem des Aſinius Pollio, §. 190, 1. I b., wahr-
ſcheinlich ſchon früher in Alexandreia, und hernach auch in Privat-
ſammlungen (Perfectissimus horum est, si quis Aristotelem
similem vel Pittacon emit etc.
Juven ii, 6.). 4. Ge-
mähldehallen, wie die Pökile in Athen (§. 101. Anm. 4.), die Halle
bei den Propyläen (§. 109. i, 3), die Lesche der Knidier (§. 134),
auch eine Pökile in Olympia, eine zu Sparta (Pauſanias). Doch
war auch hier urſprünglich die Beſtimmung eine andre; die Pökile
Athens, die Lesche waren Converſations-Sääle, wie andre nicht
ausgemahlte. In Strabons Zeit (xiv. p. 637) war der große T.
zu Samos eine πινακοϑήκη, auch gab es andre in der Nähe;
und in Römiſcher Zeit waren allerdings beſonders dazu eingerichtete

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[283/0303] Propaͤdeutiſcher Abſchnitt. die Kunſtwerke ſchon im Alterthum (§. 165. 214), wie in neuerer Zeit erfuhren. Dort ging der Zug aus Griechenland nach Rom und Byzanz, aus den Repu- bliken in die Reſidenzen, aus den Tempelhoͤfen nach oͤffentlichen Hallen, Theatern, dann Palaͤſten und Ther- men; indem eigentliche Kunſt-Muſeen, d. h. blos zur Kunſtbeſchauung beſtimmte Gebaͤude, dem Alterthum, wo die Kunſt innig mit dem uͤbrigen Leben verwachſen war, faſt ganz unbekannt blieben. Hier fuͤhren alle Schritte aus Griechenland und Italien heraus nach dem uͤbrigen cultivirten Europa, doch ſo daß in dieſem Lande der Abgang nach außen durch den ſteten Zufluß von in- nen immer noch uͤberwogen wird; und das allgemeine Streben iſt Vereinigung in großen Muſeen der Herr- ſcher und Nationen. 5 6 5. Annäherungen an Muſeen im Alterthum waren: 1. die Spelunken und Tempelwinkel, in welchen abgängig gewordne Götterbilder (die doch nicht in den Ofen ſollten, wie der Herakles des Cynikers) aufbewahrt wurden. S. beſonders Ovid Met. x, 691. Eine ſolche Sammlung im Argiviſchen Heräon. In Italien dienten die favissae zur Bewahrung alten Tempel-Haus- raths. 2. Die großen Sammlungen von Kunſtwerken, die ſich von ſelbſt in den Höfen und Hallen von Heiligthümern bilden, wie in dem Epheſiſchen Tempel, dem Samiſchen Heräon, dem Mileſiſchen Didymäon, an den Orakel- und Agonen-Orten, wie in Olympia. Hier waren auch im Heräon viele ξόανα χρυσελεφάντινα mit Abſicht zuſammengeſtellt. Aehnliche Statuenſammlungen hernach in Rom, in Octaviae porticibus §. 180. Anm. 2. 190. Anm. i. I. a. 3. Die Sammlungen von Gelehrtenbüſten in öffentlichen Muſeen, wie in dem des Aſinius Pollio, §. 190, 1. I b., wahr- ſcheinlich ſchon früher in Alexandreia, und hernach auch in Privat- ſammlungen (Perfectissimus horum est, si quis Aristotelem similem vel Pittacon emit etc. Juven ii, 6.). 4. Ge- mähldehallen, wie die Pökile in Athen (§. 101. Anm. 4.), die Halle bei den Propyläen (§. 109. i, 3), die Lesche der Knidier (§. 134), auch eine Pökile in Olympia, eine zu Sparta (Pauſanias). Doch war auch hier urſprünglich die Beſtimmung eine andre; die Pökile Athens, die Lesche waren Converſations-Sääle, wie andre nicht ausgemahlte. In Strabons Zeit (xiv. p. 637) war der große T. zu Samos eine πινακοϑήκη, auch gab es andre in der Nähe; und in Römiſcher Zeit waren allerdings beſonders dazu eingerichtete

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/303>, abgerufen am 24.11.2024.