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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Griechen. Fünfte Periode.
Apotheose des Kaisers und den Triumph über Judäa dar-
stellend, sind gut erfunden, geschmackvoll angeordnet, aber
in der Ausarbeitung vernachlässiget; und an denen vom3
Pallas-Tempel auf dem Forum des Domitian ist auch
mehr die Zeichnung im Ganzen als die Ausführung, am
wenigsten der Draperieen, zu loben.

2. Bartoli Admiranda Romae t. 1 -- 9. Bellori Arcus.

3. S. die Herausg. Winck. vi, ii. S. 334. Pallas Frauen
in häuslichen Arbeiten unterrichtend.

199. Zweitens die Statuen und Büsten1
der Kaiser, welche wenigstens dem Originale nach
auf die Zeit ihrer Regierung zurückgehn. Sie zerfallen
in verschiedne Classen, welche auch durch das Costüm, und
dadurch am sichersten, unterschieden werden. 1. Solche,2
welche die Individualität ohne Erhöhung derselben wie-
dergeben, und daher auch das Costüm des Lebens beibe-
halten, entweder die Friedenstracht der Toga, in Beziehung
auf Priesterthum über den Kopf gezogen, oder die Rü-3
stung des Krieges, wobei die Stellung gern die der allocutio
ist (statuae togatae, und thoracatae). In beiderlei Art
giebt es gute Statuen der Zeit. Auch gehören zu die-4
ser Gattung die statuae equestres und triumphales,
welche ursprünglich wirklich Auszüge an der Spitze eines
Heers und Triumphe oder bedeutende Eroberungen vom
Feinde bezeichnen, aber bald aus Schmeichelei und Eitel-
keit bei jeder Gelegenheit gesetzt werden. 2. Solche,5
welche das Individuum in einem erhöhten, heroisirten
oder vergöttlichten Charakter zeigen sollen. Dahin gehö-
ren die seit August gewöhnlichen Statuen ohne Bekleidung
und mit Lanzen in den Händen, die man nach Plinius
Achilleische Statuen nannte; und die mit nacktem Ober-6
kleide und einem Pallium um die Hüften, wobei gewöhn-
lich an Jupiter gedacht wird. Auch die Statuen der7
Frauen zerfallen in diese beiden Classen. Der Gebrauch

Griechen. Fuͤnfte Periode.
Apotheoſe des Kaiſers und den Triumph uͤber Judaͤa dar-
ſtellend, ſind gut erfunden, geſchmackvoll angeordnet, aber
in der Ausarbeitung vernachlaͤſſiget; und an denen vom3
Pallas-Tempel auf dem Forum des Domitian iſt auch
mehr die Zeichnung im Ganzen als die Ausfuͤhrung, am
wenigſten der Draperieen, zu loben.

2. Bartoli Admiranda Romae t. 1 — 9. Bellori Arcus.

3. S. die Herausg. Winck. vi, ii. S. 334. Pallas Frauen
in häuslichen Arbeiten unterrichtend.

199. Zweitens die Statuen und Buͤſten1
der Kaiſer, welche wenigſtens dem Originale nach
auf die Zeit ihrer Regierung zuruͤckgehn. Sie zerfallen
in verſchiedne Claſſen, welche auch durch das Coſtuͤm, und
dadurch am ſicherſten, unterſchieden werden. 1. Solche,2
welche die Individualitaͤt ohne Erhoͤhung derſelben wie-
dergeben, und daher auch das Coſtuͤm des Lebens beibe-
halten, entweder die Friedenstracht der Toga, in Beziehung
auf Prieſterthum uͤber den Kopf gezogen, oder die Ruͤ-3
ſtung des Krieges, wobei die Stellung gern die der allocutio
iſt (statuae togatae, und thoracatae). In beiderlei Art
giebt es gute Statuen der Zeit. Auch gehoͤren zu die-4
ſer Gattung die statuae equestres und triumphales,
welche urſpruͤnglich wirklich Auszuͤge an der Spitze eines
Heers und Triumphe oder bedeutende Eroberungen vom
Feinde bezeichnen, aber bald aus Schmeichelei und Eitel-
keit bei jeder Gelegenheit geſetzt werden. 2. Solche,5
welche das Individuum in einem erhoͤhten, heroiſirten
oder vergoͤttlichten Charakter zeigen ſollen. Dahin gehoͤ-
ren die ſeit Auguſt gewoͤhnlichen Statuen ohne Bekleidung
und mit Lanzen in den Haͤnden, die man nach Plinius
Achilleiſche Statuen nannte; und die mit nacktem Ober-6
kleide und einem Pallium um die Huͤften, wobei gewoͤhn-
lich an Jupiter gedacht wird. Auch die Statuen der7
Frauen zerfallen in dieſe beiden Claſſen. Der Gebrauch

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[191/0213] Griechen. Fuͤnfte Periode. Apotheoſe des Kaiſers und den Triumph uͤber Judaͤa dar- ſtellend, ſind gut erfunden, geſchmackvoll angeordnet, aber in der Ausarbeitung vernachlaͤſſiget; und an denen vom Pallas-Tempel auf dem Forum des Domitian iſt auch mehr die Zeichnung im Ganzen als die Ausfuͤhrung, am wenigſten der Draperieen, zu loben. 3 2. Bartoli Admiranda Romae t. 1 — 9. Bellori Arcus. 3. S. die Herausg. Winck. vi, ii. S. 334. Pallas Frauen in häuslichen Arbeiten unterrichtend. 199. Zweitens die Statuen und Buͤſten der Kaiſer, welche wenigſtens dem Originale nach auf die Zeit ihrer Regierung zuruͤckgehn. Sie zerfallen in verſchiedne Claſſen, welche auch durch das Coſtuͤm, und dadurch am ſicherſten, unterſchieden werden. 1. Solche, welche die Individualitaͤt ohne Erhoͤhung derſelben wie- dergeben, und daher auch das Coſtuͤm des Lebens beibe- halten, entweder die Friedenstracht der Toga, in Beziehung auf Prieſterthum uͤber den Kopf gezogen, oder die Ruͤ- ſtung des Krieges, wobei die Stellung gern die der allocutio iſt (statuae togatae, und thoracatae). In beiderlei Art giebt es gute Statuen der Zeit. Auch gehoͤren zu die- ſer Gattung die statuae equestres und triumphales, welche urſpruͤnglich wirklich Auszuͤge an der Spitze eines Heers und Triumphe oder bedeutende Eroberungen vom Feinde bezeichnen, aber bald aus Schmeichelei und Eitel- keit bei jeder Gelegenheit geſetzt werden. 2. Solche, welche das Individuum in einem erhoͤhten, heroiſirten oder vergoͤttlichten Charakter zeigen ſollen. Dahin gehoͤ- ren die ſeit Auguſt gewoͤhnlichen Statuen ohne Bekleidung und mit Lanzen in den Haͤnden, die man nach Plinius Achilleiſche Statuen nannte; und die mit nacktem Ober- kleide und einem Pallium um die Huͤften, wobei gewoͤhn- lich an Jupiter gedacht wird. Auch die Statuen der Frauen zerfallen in dieſe beiden Claſſen. Der Gebrauch 1 2 3 4 5 6 7

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/213>, abgerufen am 27.04.2024.