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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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der Art waren. Apollonios, der Rhodier, erwähnt
in dem Schol. Aldin., daß Jolaos eben so wie im
Schild, auch im Katalogos der Frauen, als Wagen-
lenker des H. gefunden werde. Aber schon Stesi-
choros führte etwas daraus als Hesiodisch an, wie
man wohl die Stelle fassen muß. Warum soll Stesi-
choros nicht den Hesiod citiren, wie Pindar den Ho-
mer, Simonides den Stesichoros selbst (Ath. 4, 172
d.), und überhaupt die Lyriker öfter andre Dichter
anführten. Wahrscheinlich geschah dies im Kyknos, p.
36. Suchf., in welchem er viel von seinem epischen
Vorgänger abwich, namentlich darin, daß er H. an-
fangs fliehen ließ (Schol. Pind. O. 11, 19.): worin
auch Pindar der lyrischen Umdichtung folgte. Hesi-
odeisch konnte aber dem Stesichoros das Lied sein, und
wenn es nur 10 Olympiaden älter war als er, und
dies Alter ihm abzustreiten, haben wir gar keinen
Grund.

Die Aspis hat über Elektryons Tod dieselbe Sage
wie das Eöenfragment. V. 89. Auf unbekannte
Sage weis't dagegen V. 90. hin: "Iphiklos verließ
sein Haus und seine Eltern, und ging den fluchwer-
then Eurystheus zu ehren, der Unglückliche: viel mußte
er nachmals seufzen, sein rathloses Thun bejammernd
-- mir aber legte die Gottheit schwere Kämpfe auf."
Hieraus geht zugleich hervor, daß H. die Kämpfe
nach diesem Dichter nicht auf Eurystheus Geheiß be-
stand, sondern auf des Gottes: vermuthlich um eine
Sühnschuld zu tilgen -- obgleich Homer die Dienst-
barkeit des H. bei Eurystheus schon kennt. Auch eine
früh verloschne Tradition ist die von dem Rosse des
H. Areion, V. 120. Die Schol. Il. 23, 346. er-
zählen, daß Poseidon es dem Könige von Haliartos
schenkte, dieser dem H., welcher damit den Kyknos in
der Hippodromie des Pagasäischen Apoll überwand,
und es endlich von H. an Adrastos kam, aus den
Kyklikern. Eine ganz andre Tradition, wie H. das
Roß erhalten habe, hat Paus. 8, 25. -- Bemerkens-
werth ist, daß Pallas dem H. den Schild gab, als er
zuerst die Kämpfe beginnen wollte. V. 127. Dies
setzt wieder gänzlich andre Traditionen voraus, als die

der Art waren. Apollonios, der Rhodier, erwaͤhnt
in dem Schol. Aldin., daß Jolaos eben ſo wie im
Schild, auch im Katalogos der Frauen, als Wagen-
lenker des H. gefunden werde. Aber ſchon Steſi-
choros fuͤhrte etwas daraus als Heſiodiſch an, wie
man wohl die Stelle faſſen muß. Warum ſoll Steſi-
choros nicht den Heſiod citiren, wie Pindar den Ho-
mer, Simonides den Steſichoros ſelbſt (Ath. 4, 172
d.), und uͤberhaupt die Lyriker oͤfter andre Dichter
anfuͤhrten. Wahrſcheinlich geſchah dies im Kyknos, p.
36. Suchf., in welchem er viel von ſeinem epiſchen
Vorgaͤnger abwich, namentlich darin, daß er H. an-
fangs fliehen ließ (Schol. Pind. O. 11, 19.): worin
auch Pindar der lyriſchen Umdichtung folgte. Heſi-
odeiſch konnte aber dem Steſichoros das Lied ſein, und
wenn es nur 10 Olympiaden aͤlter war als er, und
dies Alter ihm abzuſtreiten, haben wir gar keinen
Grund.

Die Aſpis hat uͤber Elektryons Tod dieſelbe Sage
wie das Eoͤenfragment. V. 89. Auf unbekannte
Sage weiſ’t dagegen V. 90. hin: „Iphiklos verließ
ſein Haus und ſeine Eltern, und ging den fluchwer-
then Euryſtheus zu ehren, der Ungluͤckliche: viel mußte
er nachmals ſeufzen, ſein rathloſes Thun bejammernd
— mir aber legte die Gottheit ſchwere Kaͤmpfe auf.“
Hieraus geht zugleich hervor, daß H. die Kaͤmpfe
nach dieſem Dichter nicht auf Euryſtheus Geheiß be-
ſtand, ſondern auf des Gottes: vermuthlich um eine
Suͤhnſchuld zu tilgen — obgleich Homer die Dienſt-
barkeit des H. bei Euryſtheus ſchon kennt. Auch eine
fruͤh verloſchne Tradition iſt die von dem Roſſe des
H. Areion, V. 120. Die Schol. Il. 23, 346. er-
zaͤhlen, daß Poſeidon es dem Koͤnige von Haliartos
ſchenkte, dieſer dem H., welcher damit den Kyknos in
der Hippodromie des Pagaſaͤiſchen Apoll uͤberwand,
und es endlich von H. an Adraſtos kam, aus den
Kyklikern. Eine ganz andre Tradition, wie H. das
Roß erhalten habe, hat Pauſ. 8, 25. — Bemerkens-
werth iſt, daß Pallas dem H. den Schild gab, als er
zuerſt die Kaͤmpfe beginnen wollte. V. 127. Dies
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[480/0486] der Art waren. Apollonios, der Rhodier, erwaͤhnt in dem Schol. Aldin., daß Jolaos eben ſo wie im Schild, auch im Katalogos der Frauen, als Wagen- lenker des H. gefunden werde. Aber ſchon Steſi- choros fuͤhrte etwas daraus als Heſiodiſch an, wie man wohl die Stelle faſſen muß. Warum ſoll Steſi- choros nicht den Heſiod citiren, wie Pindar den Ho- mer, Simonides den Steſichoros ſelbſt (Ath. 4, 172 d.), und uͤberhaupt die Lyriker oͤfter andre Dichter anfuͤhrten. Wahrſcheinlich geſchah dies im Kyknos, p. 36. Suchf., in welchem er viel von ſeinem epiſchen Vorgaͤnger abwich, namentlich darin, daß er H. an- fangs fliehen ließ (Schol. Pind. O. 11, 19.): worin auch Pindar der lyriſchen Umdichtung folgte. Heſi- odeiſch konnte aber dem Steſichoros das Lied ſein, und wenn es nur 10 Olympiaden aͤlter war als er, und dies Alter ihm abzuſtreiten, haben wir gar keinen Grund. Die Aſpis hat uͤber Elektryons Tod dieſelbe Sage wie das Eoͤenfragment. V. 89. Auf unbekannte Sage weiſ’t dagegen V. 90. hin: „Iphiklos verließ ſein Haus und ſeine Eltern, und ging den fluchwer- then Euryſtheus zu ehren, der Ungluͤckliche: viel mußte er nachmals ſeufzen, ſein rathloſes Thun bejammernd — mir aber legte die Gottheit ſchwere Kaͤmpfe auf.“ Hieraus geht zugleich hervor, daß H. die Kaͤmpfe nach dieſem Dichter nicht auf Euryſtheus Geheiß be- ſtand, ſondern auf des Gottes: vermuthlich um eine Suͤhnſchuld zu tilgen — obgleich Homer die Dienſt- barkeit des H. bei Euryſtheus ſchon kennt. Auch eine fruͤh verloſchne Tradition iſt die von dem Roſſe des H. Areion, V. 120. Die Schol. Il. 23, 346. er- zaͤhlen, daß Poſeidon es dem Koͤnige von Haliartos ſchenkte, dieſer dem H., welcher damit den Kyknos in der Hippodromie des Pagaſaͤiſchen Apoll uͤberwand, und es endlich von H. an Adraſtos kam, aus den Kyklikern. Eine ganz andre Tradition, wie H. das Roß erhalten habe, hat Pauſ. 8, 25. — Bemerkens- werth iſt, daß Pallas dem H. den Schild gab, als er zuerſt die Kaͤmpfe beginnen wollte. V. 127. Dies ſetzt wieder gaͤnzlich andre Traditionen voraus, als die

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/486>, abgerufen am 27.05.2024.