liegt auch darin ein Patriotismus, wie er sich in der Antwort des Gesandten äußert: in wessen Namen sie kämen -- wenn wir die Sache durchsetzen, in des Staats, wo nicht, in unserm. Sehr sinnvoll sagte Demostratos, Phäax Sohn: die Spartiaten seien in Beziehung auf den Staat, die Athener als Individuen vorzuziehn 1; in der That waren die letztern persön- licher ausgebildet, die erstern mehr durch nationale Sitte geleitet. Traten sie aus dieser heraus so ge- schah es leicht, daß sie ganz fehl gingen. Indessen kennt doch auch die Griechische Geschichte, die am klarsten vor unsern Augen sieht, die des Peloponne- sischen Kriegs und der nächstfolgenden Zeit, mehrere ausgezeichnete und eigenthümliche Lakonen: die man großentheils in zwei verschiedne Classen sondern kann. Von diesen zeigt die erstre eben jenes Verschlagne, gepaart mit großer Kraft des Geistes und Sinnes, und einem oft mit Verachtung der andern Griechen verbundnen Patriotismus. So war Lysandros2, ein gewaltiger Revolutionsmann, der die Bestrebungen zahlloser oligarchischer Klubbisten in sich vereinigend, durch die strenge Consequenz seiner Grundsätze und die Schlauheit in der Ausführung Griechenlands Schicksale eine geraume Zeit beherrschte; bis Agesilaos, den er unvorsichtiger Weise selbst auf den Thron gehoben, an die Stelle seiner usurpirten wieder die legitime Gewalt
selben Zeit, in der das Sprüchwort entstand: oikoi leontes, en Epheso d alopekes, Meurs. Misc. Lac. 3, 2. Aehnliches indeß schen Acharn. 308.
1 Bei Plut. Ages. 15. Ebd. 37.: der Nutzen des Vater- lands sei für die Sp. die Norm ihrer Handlungen. Der Athener bei Thuk. 5, 105.: das Betragen der Spart. unter einander und in Bezug auf ihre einheimische Sitten leite Tugend, gegen Fremde Klugheit.
2 Vgl. oben S. 210.
liegt auch darin ein Patriotismus, wie er ſich in der Antwort des Geſandten aͤußert: in weſſen Namen ſie kaͤmen — wenn wir die Sache durchſetzen, in des Staats, wo nicht, in unſerm. Sehr ſinnvoll ſagte Demoſtratos, Phaͤax Sohn: die Spartiaten ſeien in Beziehung auf den Staat, die Athener als Individuen vorzuziehn 1; in der That waren die letztern perſoͤn- licher ausgebildet, die erſtern mehr durch nationale Sitte geleitet. Traten ſie aus dieſer heraus ſo ge- ſchah es leicht, daß ſie ganz fehl gingen. Indeſſen kennt doch auch die Griechiſche Geſchichte, die am klarſten vor unſern Augen ſieht, die des Peloponne- ſiſchen Kriegs und der naͤchſtfolgenden Zeit, mehrere ausgezeichnete und eigenthuͤmliche Lakonen: die man großentheils in zwei verſchiedne Claſſen ſondern kann. Von dieſen zeigt die erſtre eben jenes Verſchlagne, gepaart mit großer Kraft des Geiſtes und Sinnes, und einem oft mit Verachtung der andern Griechen verbundnen Patriotismus. So war Lyſandros2, ein gewaltiger Revolutionsmann, der die Beſtrebungen zahlloſer oligarchiſcher Klubbiſten in ſich vereinigend, durch die ſtrenge Conſequenz ſeiner Grundſaͤtze und die Schlauheit in der Ausfuͤhrung Griechenlands Schickſale eine geraume Zeit beherrſchte; bis Ageſilaos, den er unvorſichtiger Weiſe ſelbſt auf den Thron gehoben, an die Stelle ſeiner uſurpirten wieder die legitime Gewalt
ſelben Zeit, in der das Spruͤchwort entſtand: οἴκοι λέοντες, ἐν Ἐφέσῳ δ̛ ἀλώπεκες, Meurſ. Misc. Lac. 3, 2. Aehnliches indeß ſchen Acharn. 308.
1 Bei Plut. Ageſ. 15. Ebd. 37.: der Nutzen des Vater- lands ſei fuͤr die Sp. die Norm ihrer Handlungen. Der Athener bei Thuk. 5, 105.: das Betragen der Spart. unter einander und in Bezug auf ihre einheimiſche Sitten leite Tugend, gegen Fremde Klugheit.
2 Vgl. oben S. 210.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0415"n="409"/>
liegt auch darin ein Patriotismus, wie er ſich in der<lb/>
Antwort des Geſandten aͤußert: in weſſen Namen ſie<lb/>
kaͤmen — wenn wir die Sache durchſetzen, in des<lb/>
Staats, wo nicht, in unſerm. Sehr ſinnvoll ſagte<lb/>
Demoſtratos, Phaͤax Sohn: die Spartiaten ſeien in<lb/>
Beziehung auf den Staat, die Athener als Individuen<lb/>
vorzuziehn <noteplace="foot"n="1">Bei Plut. Ageſ. 15. Ebd. 37.: der Nutzen des Vater-<lb/>
lands ſei fuͤr die Sp. die Norm ihrer Handlungen. Der Athener<lb/>
bei Thuk. 5, 105.: das Betragen der Spart. unter einander und<lb/>
in Bezug auf ihre einheimiſche Sitten leite Tugend, gegen Fremde<lb/>
Klugheit.</note>; in der That waren die letztern perſoͤn-<lb/>
licher ausgebildet, die erſtern mehr durch nationale<lb/>
Sitte geleitet. Traten ſie aus dieſer heraus ſo ge-<lb/>ſchah es leicht, daß ſie ganz fehl gingen. Indeſſen<lb/>
kennt doch auch <hirendition="#g">die</hi> Griechiſche Geſchichte, die am<lb/>
klarſten vor unſern Augen ſieht, die des Peloponne-<lb/>ſiſchen Kriegs und der naͤchſtfolgenden Zeit, mehrere<lb/>
ausgezeichnete und eigenthuͤmliche Lakonen: die man<lb/>
großentheils in zwei verſchiedne Claſſen ſondern kann.<lb/>
Von dieſen zeigt die erſtre eben jenes Verſchlagne,<lb/>
gepaart mit großer Kraft des Geiſtes und Sinnes,<lb/>
und einem oft mit Verachtung der andern Griechen<lb/>
verbundnen Patriotismus. So war <hirendition="#g">Lyſandros</hi><noteplace="foot"n="2">Vgl. oben S. 210.</note>,<lb/>
ein gewaltiger Revolutionsmann, der die Beſtrebungen<lb/>
zahlloſer oligarchiſcher Klubbiſten in ſich vereinigend,<lb/>
durch die ſtrenge Conſequenz ſeiner Grundſaͤtze und die<lb/>
Schlauheit in der Ausfuͤhrung Griechenlands Schickſale<lb/>
eine geraume Zeit beherrſchte; bis Ageſilaos, den er<lb/>
unvorſichtiger Weiſe ſelbſt auf den Thron gehoben, an<lb/>
die Stelle ſeiner uſurpirten wieder die legitime Gewalt<lb/><notexml:id="seg2pn_53_2"prev="#seg2pn_53_1"place="foot"n="2">ſelben Zeit, in der das Spruͤchwort entſtand: οἴκοιλέοντες, ἐν<lb/>Ἐφέσῳδ̛ἀλώπεκες, Meurſ. <hirendition="#aq">Misc. Lac.</hi> 3, 2. Aehnliches indeß<lb/>ſchen Acharn. 308.</note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[409/0415]
liegt auch darin ein Patriotismus, wie er ſich in der
Antwort des Geſandten aͤußert: in weſſen Namen ſie
kaͤmen — wenn wir die Sache durchſetzen, in des
Staats, wo nicht, in unſerm. Sehr ſinnvoll ſagte
Demoſtratos, Phaͤax Sohn: die Spartiaten ſeien in
Beziehung auf den Staat, die Athener als Individuen
vorzuziehn 1; in der That waren die letztern perſoͤn-
licher ausgebildet, die erſtern mehr durch nationale
Sitte geleitet. Traten ſie aus dieſer heraus ſo ge-
ſchah es leicht, daß ſie ganz fehl gingen. Indeſſen
kennt doch auch die Griechiſche Geſchichte, die am
klarſten vor unſern Augen ſieht, die des Peloponne-
ſiſchen Kriegs und der naͤchſtfolgenden Zeit, mehrere
ausgezeichnete und eigenthuͤmliche Lakonen: die man
großentheils in zwei verſchiedne Claſſen ſondern kann.
Von dieſen zeigt die erſtre eben jenes Verſchlagne,
gepaart mit großer Kraft des Geiſtes und Sinnes,
und einem oft mit Verachtung der andern Griechen
verbundnen Patriotismus. So war Lyſandros 2,
ein gewaltiger Revolutionsmann, der die Beſtrebungen
zahlloſer oligarchiſcher Klubbiſten in ſich vereinigend,
durch die ſtrenge Conſequenz ſeiner Grundſaͤtze und die
Schlauheit in der Ausfuͤhrung Griechenlands Schickſale
eine geraume Zeit beherrſchte; bis Ageſilaos, den er
unvorſichtiger Weiſe ſelbſt auf den Thron gehoben, an
die Stelle ſeiner uſurpirten wieder die legitime Gewalt
2
1 Bei Plut. Ageſ. 15. Ebd. 37.: der Nutzen des Vater-
lands ſei fuͤr die Sp. die Norm ihrer Handlungen. Der Athener
bei Thuk. 5, 105.: das Betragen der Spart. unter einander und
in Bezug auf ihre einheimiſche Sitten leite Tugend, gegen Fremde
Klugheit.
2 Vgl. oben S. 210.
2 ſelben Zeit, in der das Spruͤchwort entſtand: οἴκοι λέοντες, ἐν
Ἐφέσῳ δ̛ ἀλώπεκες, Meurſ. Misc. Lac. 3, 2. Aehnliches indeß
ſchen Acharn. 308.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/415>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.