Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

riandros 1 zuerst einen kyklischen Chor 2 zur Darstel-
lung eines Dithyramben einübte 3; wobei er aber
wahrscheinlich lokale Anlässe benutzte und Anfänge aus-
bildete, weil nur dann Pindaros mit einigem Recht
Korinth als die Vaterstadt des Dithyrambs ansehn
kann 4.

So ist denn die Gegend von Korinth und Sikyon
für die Anfänge dramatischen Spiels vielfach bedeu-
tend; in der ja auch noch Phlius liegt, wo sich
wahrscheinlich das Satyrische Drama zuerst als eine
besondre Gattung aus der alten Tragödie herausschied,
und nach Athen wandernd hier eigentlich dramatisch
ausgebildet wurde. Denn Pratinas der Phliasier
wird mit dem besten Grunde als Erfinder der Gat-
tung genannt 5; er blieb Phliasier, wenn er auch zu

1 Nach dessen Regierungsanfang seine Zeit bei Suidas an-
gegeben wird, Ol. 38. Euseb. Ol. 40.
2 Daher heißt auch
sein Vater angeblich Kykleus, nach der S. 352,3. berührten Analo-
gie.
3 Herod. 1, 23. vgl. Hellanik. bei Schol. Arist. Vögel
1403. S. 87. Stz. Aristot. bei Prokl. Chrestom. p. 382. Gaisf.
Zu Herodots Stelle bemerke ich, daß wir wunderbarer Weise die Fa-
bel von Arions Delphinenfahrt noch in ihrem Entstehen darlegen
können. Die Tarentinische Colonie war von Taenaron nach Ita-
lien geschifft, mit dem Culte und unter dem Schutze des Taenari-
schen Poseidon. Bd. 2. S. 126. Dies stellte der Mythus dar, in-
dem er den Taras selbst auf einem Delphin hinschwimmen ließ,
wie ihn die Münzen noch zeigen, vgl. oben S. 216, 2. Nun soll
Arion grade dieselbe Fahrt nur in umgekehrter Richtung auf die-
selbe Weise gemacht haben; und die Musikliebe der Delphine,
vielleicht noch irgend ein andrer Umstand mußten helfen, die alte
Sage auf ihn zu übertragen.
4 O. 13, 18. vgl. Schol
5 Suid. Pratinas. Aeron ad Hor. A. P. 216. vgl. die Phlia-
sious Saturous bei Dioskorides, Jac. Anthol. 1. p. 252. vgl. Ca-
saub. de sat. poesi 1, 5. p. 120. Ramb. Toup in Suid. II.
p.
479.
III. 24

riandros 1 zuerſt einen kykliſchen Chor 2 zur Darſtel-
lung eines Dithyramben einuͤbte 3; wobei er aber
wahrſcheinlich lokale Anlaͤſſe benutzte und Anfaͤnge aus-
bildete, weil nur dann Pindaros mit einigem Recht
Korinth als die Vaterſtadt des Dithyrambs anſehn
kann 4.

So iſt denn die Gegend von Korinth und Sikyon
fuͤr die Anfaͤnge dramatiſchen Spiels vielfach bedeu-
tend; in der ja auch noch Phlius liegt, wo ſich
wahrſcheinlich das Satyriſche Drama zuerſt als eine
beſondre Gattung aus der alten Tragoͤdie herausſchied,
und nach Athen wandernd hier eigentlich dramatiſch
ausgebildet wurde. Denn Pratinas der Phliaſier
wird mit dem beſten Grunde als Erfinder der Gat-
tung genannt 5; er blieb Phliaſier, wenn er auch zu

1 Nach deſſen Regierungsanfang ſeine Zeit bei Suidas an-
gegeben wird, Ol. 38. Euſeb. Ol. 40.
2 Daher heißt auch
ſein Vater angeblich Kykleus, nach der S. 352,3. beruͤhrten Analo-
gie.
3 Herod. 1, 23. vgl. Hellanik. bei Schol. Ariſt. Voͤgel
1403. S. 87. Stz. Ariſtot. bei Prokl. Chreſtom. p. 382. Gaisf.
Zu Herodots Stelle bemerke ich, daß wir wunderbarer Weiſe die Fa-
bel von Arions Delphinenfahrt noch in ihrem Entſtehen darlegen
koͤnnen. Die Tarentiniſche Colonie war von Taenaron nach Ita-
lien geſchifft, mit dem Culte und unter dem Schutze des Taenari-
ſchen Poſeidon. Bd. 2. S. 126. Dies ſtellte der Mythus dar, in-
dem er den Taras ſelbſt auf einem Delphin hinſchwimmen ließ,
wie ihn die Muͤnzen noch zeigen, vgl. oben S. 216, 2. Nun ſoll
Arion grade dieſelbe Fahrt nur in umgekehrter Richtung auf die-
ſelbe Weiſe gemacht haben; und die Muſikliebe der Delphine,
vielleicht noch irgend ein andrer Umſtand mußten helfen, die alte
Sage auf ihn zu uͤbertragen.
4 O. 13, 18. vgl. Schol
5 Suid. Πϱατίνας. Aeron ad Hor. A. P. 216. vgl. die Φλια-
σίους Σατύϱους bei Dioſkorides, Jac. Anthol. 1. p. 252. vgl. Ca-
ſaub. de sat. poësi 1, 5. p. 120. Ramb. Toup in Suid. II.
p.
479.
III. 24
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0375" n="369"/>
riandros <note place="foot" n="1">Nach de&#x017F;&#x017F;en Regierungsanfang &#x017F;eine Zeit bei Suidas an-<lb/>
gegeben wird, Ol. 38. Eu&#x017F;eb. Ol. 40.</note> zuer&#x017F;t einen kykli&#x017F;chen Chor <note place="foot" n="2">Daher heißt auch<lb/>
&#x017F;ein Vater angeblich Kykleus, nach der S. 352,3. beru&#x0364;hrten Analo-<lb/>
gie.</note> zur Dar&#x017F;tel-<lb/>
lung eines Dithyramben einu&#x0364;bte <note place="foot" n="3">Herod. 1, 23. vgl. Hellanik. bei Schol. Ari&#x017F;t. Vo&#x0364;gel<lb/>
1403. S. 87. Stz. Ari&#x017F;tot. bei Prokl. Chre&#x017F;tom. <hi rendition="#aq">p.</hi> 382. Gaisf.<lb/>
Zu Herodots Stelle bemerke ich, daß wir wunderbarer Wei&#x017F;e die Fa-<lb/>
bel von Arions Delphinenfahrt noch in ihrem Ent&#x017F;tehen darlegen<lb/>
ko&#x0364;nnen. Die Tarentini&#x017F;che Colonie war von Taenaron nach Ita-<lb/>
lien ge&#x017F;chifft, mit dem Culte und unter dem Schutze des Taenari-<lb/>
&#x017F;chen Po&#x017F;eidon. Bd. 2. S. 126. Dies &#x017F;tellte der Mythus dar, in-<lb/>
dem er den Taras &#x017F;elb&#x017F;t auf einem Delphin hin&#x017F;chwimmen ließ,<lb/>
wie ihn die Mu&#x0364;nzen noch zeigen, vgl. oben S. 216, 2. Nun &#x017F;oll<lb/>
Arion grade die&#x017F;elbe Fahrt nur in umgekehrter Richtung auf die-<lb/>
&#x017F;elbe Wei&#x017F;e gemacht haben; und die Mu&#x017F;ikliebe der Delphine,<lb/>
vielleicht noch irgend ein andrer Um&#x017F;tand mußten helfen, die alte<lb/>
Sage auf ihn zu u&#x0364;bertragen.</note>; wobei er aber<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich lokale Anla&#x0364;&#x017F;&#x017F;e benutzte und Anfa&#x0364;nge aus-<lb/>
bildete, weil nur dann Pindaros mit einigem Recht<lb/>
Korinth als die Vater&#x017F;tadt des Dithyrambs an&#x017F;ehn<lb/>
kann <note place="foot" n="4">O. 13, 18. vgl. Schol</note>.</p><lb/>
            <p>So i&#x017F;t denn die Gegend von Korinth und Sikyon<lb/>
fu&#x0364;r die Anfa&#x0364;nge dramati&#x017F;chen Spiels vielfach bedeu-<lb/>
tend; in der ja auch noch <hi rendition="#g">Phlius</hi> liegt, wo &#x017F;ich<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich das Satyri&#x017F;che Drama zuer&#x017F;t als eine<lb/>
be&#x017F;ondre Gattung aus der alten Trago&#x0364;die heraus&#x017F;chied,<lb/>
und nach Athen wandernd hier eigentlich dramati&#x017F;ch<lb/>
ausgebildet wurde. Denn Pratinas der Phlia&#x017F;ier<lb/>
wird mit dem be&#x017F;ten Grunde als Erfinder der Gat-<lb/>
tung genannt <note place="foot" n="5">Suid. &#x03A0;&#x03F1;&#x03B1;&#x03C4;&#x03AF;&#x03BD;&#x03B1;&#x03C2;. Aeron <hi rendition="#aq">ad Hor. A. P.</hi> 216. vgl. die &#x03A6;&#x03BB;&#x03B9;&#x03B1;-<lb/>
&#x03C3;&#x03AF;&#x03BF;&#x03C5;&#x03C2; &#x03A3;&#x03B1;&#x03C4;&#x03CD;&#x03F1;&#x03BF;&#x03C5;&#x03C2; bei Dio&#x017F;korides, Jac. Anthol. 1. <hi rendition="#aq">p.</hi> 252. vgl. Ca-<lb/>
&#x017F;aub. <hi rendition="#aq">de sat. poësi 1, 5. p.</hi> 120. Ramb. Toup <hi rendition="#aq">in Suid. II.<lb/>
p.</hi> 479.</note>; er blieb Phlia&#x017F;ier, wenn er auch zu<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III.</hi> 24</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[369/0375] riandros 1 zuerſt einen kykliſchen Chor 2 zur Darſtel- lung eines Dithyramben einuͤbte 3; wobei er aber wahrſcheinlich lokale Anlaͤſſe benutzte und Anfaͤnge aus- bildete, weil nur dann Pindaros mit einigem Recht Korinth als die Vaterſtadt des Dithyrambs anſehn kann 4. So iſt denn die Gegend von Korinth und Sikyon fuͤr die Anfaͤnge dramatiſchen Spiels vielfach bedeu- tend; in der ja auch noch Phlius liegt, wo ſich wahrſcheinlich das Satyriſche Drama zuerſt als eine beſondre Gattung aus der alten Tragoͤdie herausſchied, und nach Athen wandernd hier eigentlich dramatiſch ausgebildet wurde. Denn Pratinas der Phliaſier wird mit dem beſten Grunde als Erfinder der Gat- tung genannt 5; er blieb Phliaſier, wenn er auch zu 1 Nach deſſen Regierungsanfang ſeine Zeit bei Suidas an- gegeben wird, Ol. 38. Euſeb. Ol. 40. 2 Daher heißt auch ſein Vater angeblich Kykleus, nach der S. 352,3. beruͤhrten Analo- gie. 3 Herod. 1, 23. vgl. Hellanik. bei Schol. Ariſt. Voͤgel 1403. S. 87. Stz. Ariſtot. bei Prokl. Chreſtom. p. 382. Gaisf. Zu Herodots Stelle bemerke ich, daß wir wunderbarer Weiſe die Fa- bel von Arions Delphinenfahrt noch in ihrem Entſtehen darlegen koͤnnen. Die Tarentiniſche Colonie war von Taenaron nach Ita- lien geſchifft, mit dem Culte und unter dem Schutze des Taenari- ſchen Poſeidon. Bd. 2. S. 126. Dies ſtellte der Mythus dar, in- dem er den Taras ſelbſt auf einem Delphin hinſchwimmen ließ, wie ihn die Muͤnzen noch zeigen, vgl. oben S. 216, 2. Nun ſoll Arion grade dieſelbe Fahrt nur in umgekehrter Richtung auf die- ſelbe Weiſe gemacht haben; und die Muſikliebe der Delphine, vielleicht noch irgend ein andrer Umſtand mußten helfen, die alte Sage auf ihn zu uͤbertragen. 4 O. 13, 18. vgl. Schol 5 Suid. Πϱατίνας. Aeron ad Hor. A. P. 216. vgl. die Φλια- σίους Σατύϱους bei Dioſkorides, Jac. Anthol. 1. p. 252. vgl. Ca- ſaub. de sat. poësi 1, 5. p. 120. Ramb. Toup in Suid. II. p. 479. III. 24

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/375
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/375>, abgerufen am 27.11.2024.