Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite
8.

Das weibliche Geschlecht theilte auch hierin
die Erziehung des männlichen, doch, wie oben schon
bemerkt wurde, nur die Jungfrauen. Sie hatten ihre
besondern Gymnasien 1, und übten sich, nackt oder
leichtbekleidet, im Lauf, Ringen, Diskos und Speer-
wurf 2. Daß Jünglinge oder Männer dabei zuge-
schaut, ist nichts weniger als wahrscheinlich, da
in den Gymnasien Lakedämons überhaupt müßiges Zu-
schaun und Herumstehn nicht gelitten ward, sondern
der Grundsatz galt: entweder ziehe dich aus, oder fort
mit dir 3. Aber gemeinsame Kämpfe beider Geschlech-
ter sind undenkbar. Wie die Eleischen Mädchen in
den Heräen, so zeigten in Sparta die eilf Dionysia-
den an einem Dionysischen Agon die errungene Mei-
sterschaft im Laufen.

Der gesammten Gymnastik des Staats standen in
Sparta Magistrate von höchstem Ansehn, die Bidiäer,
vor; auch hielten die Ephoren alle zehn Tage eine all-
gemeine Schau der Knaben in Bezug auf ihre von der
Diät abhängende Wohlgestalt, euexia, wenn dem Zeug-
nisse des Agatharchides ein so allgemeiner Sinn bei-
gelegt werden darf 4.




9, 72. Ein Lakedämonier glich auffallend dem Hektor, d. h. dem
so genannten typischen Heroenideal, nach Plut. Arat. 3.
1 Nikol. Damask.
2 Plut. Lyk. 14. Lak. Ap. p. 223.
vgl. Manso 1, 2. S. 162. Ueber die Laufübungen Hesych endrio-
nas, Welcker zum Alkm. p. 10 sq. Von Uebungen außer den Gy-
mnasien spricht ein Dichter bei Cie. Qu. Tusc. 2, 15. worauf
auch eine Beziehung bei Aristoph. Lys. 117.
3 Platon Theä-
tet 162. 169. auch sagt Plut. Lyk. 14. nur, daß sie den Pompen
und Tänzen der Jungfrauen zugeschaut.
4 Bei Athen. 12,
550 d. vgl. Aelian V. G. 14, 7.
8.

Das weibliche Geſchlecht theilte auch hierin
die Erziehung des maͤnnlichen, doch, wie oben ſchon
bemerkt wurde, nur die Jungfrauen. Sie hatten ihre
beſondern Gymnaſien 1, und uͤbten ſich, nackt oder
leichtbekleidet, im Lauf, Ringen, Diskos und Speer-
wurf 2. Daß Juͤnglinge oder Maͤnner dabei zuge-
ſchaut, iſt nichts weniger als wahrſcheinlich, da
in den Gymnaſien Lakedaͤmons uͤberhaupt muͤßiges Zu-
ſchaun und Herumſtehn nicht gelitten ward, ſondern
der Grundſatz galt: entweder ziehe dich aus, oder fort
mit dir 3. Aber gemeinſame Kaͤmpfe beider Geſchlech-
ter ſind undenkbar. Wie die Eleiſchen Maͤdchen in
den Heraͤen, ſo zeigten in Sparta die eilf Dionyſia-
den an einem Dionyſiſchen Agon die errungene Mei-
ſterſchaft im Laufen.

Der geſammten Gymnaſtik des Staats ſtanden in
Sparta Magiſtrate von hoͤchſtem Anſehn, die Bidiaͤer,
vor; auch hielten die Ephoren alle zehn Tage eine all-
gemeine Schau der Knaben in Bezug auf ihre von der
Diaͤt abhaͤngende Wohlgeſtalt, εὐεξία, wenn dem Zeug-
niſſe des Agatharchides ein ſo allgemeiner Sinn bei-
gelegt werden darf 4.




9, 72. Ein Lakedaͤmonier glich auffallend dem Hektor, d. h. dem
ſo genannten typiſchen Heroenideal, nach Plut. Arat. 3.
1 Nikol. Damaſk.
2 Plut. Lyk. 14. Lak. Ap. p. 223.
vgl. Manſo 1, 2. S. 162. Ueber die Laufuͤbungen Heſych ἐνδϱιώ-
νας, Welcker zum Alkm. p. 10 sq. Von Uebungen außer den Gy-
mnaſien ſpricht ein Dichter bei Cie. Qu. Tusc. 2, 15. worauf
auch eine Beziehung bei Ariſtoph. Lyſ. 117.
3 Platon Theaͤ-
tet 162. 169. auch ſagt Plut. Lyk. 14. nur, daß ſie den Pompen
und Taͤnzen der Jungfrauen zugeſchaut.
4 Bei Athen. 12,
550 d. vgl. Aelian V. G. 14, 7.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0320" n="314"/>
          <div n="3">
            <head>8.</head><lb/>
            <p>Das weibliche Ge&#x017F;chlecht theilte auch hierin<lb/>
die Erziehung des ma&#x0364;nnlichen, doch, wie oben &#x017F;chon<lb/>
bemerkt wurde, nur die Jungfrauen. Sie hatten ihre<lb/>
be&#x017F;ondern Gymna&#x017F;ien <note place="foot" n="1">Nikol. Dama&#x017F;k.</note>, und u&#x0364;bten &#x017F;ich, nackt oder<lb/>
leichtbekleidet, im Lauf, Ringen, Diskos und Speer-<lb/>
wurf <note place="foot" n="2">Plut. Lyk. 14. Lak. Ap. <hi rendition="#aq">p.</hi> 223.<lb/>
vgl. Man&#x017F;o 1, 2. S. 162. Ueber die Laufu&#x0364;bungen He&#x017F;ych &#x1F10;&#x03BD;&#x03B4;&#x03F1;&#x03B9;&#x03CE;-<lb/>
&#x03BD;&#x03B1;&#x03C2;, Welcker zum Alkm. <hi rendition="#aq">p. 10 sq.</hi> Von Uebungen außer den Gy-<lb/>
mna&#x017F;ien &#x017F;pricht ein Dichter bei Cie. <hi rendition="#aq">Qu. Tusc.</hi> 2, 15. worauf<lb/>
auch eine Beziehung bei Ari&#x017F;toph. Ly&#x017F;. 117.</note>. Daß Ju&#x0364;nglinge oder Ma&#x0364;nner dabei zuge-<lb/>
&#x017F;chaut, i&#x017F;t nichts weniger als wahr&#x017F;cheinlich, da<lb/>
in den Gymna&#x017F;ien Lakeda&#x0364;mons u&#x0364;berhaupt mu&#x0364;ßiges Zu-<lb/>
&#x017F;chaun und Herum&#x017F;tehn nicht gelitten ward, &#x017F;ondern<lb/>
der Grund&#x017F;atz galt: entweder ziehe dich aus, oder fort<lb/>
mit dir <note place="foot" n="3">Platon Thea&#x0364;-<lb/>
tet 162. 169. auch &#x017F;agt Plut. Lyk. 14. nur, daß &#x017F;ie den Pompen<lb/>
und Ta&#x0364;nzen der Jungfrauen zuge&#x017F;chaut.</note>. Aber gemein&#x017F;ame Ka&#x0364;mpfe beider Ge&#x017F;chlech-<lb/>
ter &#x017F;ind undenkbar. Wie die Elei&#x017F;chen Ma&#x0364;dchen in<lb/>
den Hera&#x0364;en, &#x017F;o zeigten in Sparta die eilf Diony&#x017F;ia-<lb/>
den an einem Diony&#x017F;i&#x017F;chen Agon die errungene Mei-<lb/>
&#x017F;ter&#x017F;chaft im Laufen.</p><lb/>
            <p>Der ge&#x017F;ammten Gymna&#x017F;tik des Staats &#x017F;tanden in<lb/>
Sparta Magi&#x017F;trate von ho&#x0364;ch&#x017F;tem An&#x017F;ehn, die Bidia&#x0364;er,<lb/>
vor; auch hielten die Ephoren alle zehn Tage eine all-<lb/>
gemeine Schau der Knaben in Bezug auf ihre von der<lb/>
Dia&#x0364;t abha&#x0364;ngende Wohlge&#x017F;talt, &#x03B5;&#x1F50;&#x03B5;&#x03BE;&#x03AF;&#x03B1;, wenn dem Zeug-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e des Agatharchides ein &#x017F;o allgemeiner Sinn bei-<lb/>
gelegt werden darf <note place="foot" n="4">Bei Athen. 12,<lb/>
550 <hi rendition="#aq">d.</hi> vgl. Aelian V. G. 14, 7.</note>.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>
              <note xml:id="seg2pn_41_2" prev="#seg2pn_41_1" place="foot" n="3">9, 72. Ein Lakeda&#x0364;monier glich auffallend dem Hektor, d. h. dem<lb/>
&#x017F;o genannten typi&#x017F;chen Heroenideal, nach Plut. Arat. 3.</note>
            </p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0320] 8. Das weibliche Geſchlecht theilte auch hierin die Erziehung des maͤnnlichen, doch, wie oben ſchon bemerkt wurde, nur die Jungfrauen. Sie hatten ihre beſondern Gymnaſien 1, und uͤbten ſich, nackt oder leichtbekleidet, im Lauf, Ringen, Diskos und Speer- wurf 2. Daß Juͤnglinge oder Maͤnner dabei zuge- ſchaut, iſt nichts weniger als wahrſcheinlich, da in den Gymnaſien Lakedaͤmons uͤberhaupt muͤßiges Zu- ſchaun und Herumſtehn nicht gelitten ward, ſondern der Grundſatz galt: entweder ziehe dich aus, oder fort mit dir 3. Aber gemeinſame Kaͤmpfe beider Geſchlech- ter ſind undenkbar. Wie die Eleiſchen Maͤdchen in den Heraͤen, ſo zeigten in Sparta die eilf Dionyſia- den an einem Dionyſiſchen Agon die errungene Mei- ſterſchaft im Laufen. Der geſammten Gymnaſtik des Staats ſtanden in Sparta Magiſtrate von hoͤchſtem Anſehn, die Bidiaͤer, vor; auch hielten die Ephoren alle zehn Tage eine all- gemeine Schau der Knaben in Bezug auf ihre von der Diaͤt abhaͤngende Wohlgeſtalt, εὐεξία, wenn dem Zeug- niſſe des Agatharchides ein ſo allgemeiner Sinn bei- gelegt werden darf 4. 3 1 Nikol. Damaſk. 2 Plut. Lyk. 14. Lak. Ap. p. 223. vgl. Manſo 1, 2. S. 162. Ueber die Laufuͤbungen Heſych ἐνδϱιώ- νας, Welcker zum Alkm. p. 10 sq. Von Uebungen außer den Gy- mnaſien ſpricht ein Dichter bei Cie. Qu. Tusc. 2, 15. worauf auch eine Beziehung bei Ariſtoph. Lyſ. 117. 3 Platon Theaͤ- tet 162. 169. auch ſagt Plut. Lyk. 14. nur, daß ſie den Pompen und Taͤnzen der Jungfrauen zugeſchaut. 4 Bei Athen. 12, 550 d. vgl. Aelian V. G. 14, 7. 3 9, 72. Ein Lakedaͤmonier glich auffallend dem Hektor, d. h. dem ſo genannten typiſchen Heroenideal, nach Plut. Arat. 3.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/320
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/320>, abgerufen am 24.11.2024.