wird, und die Kretische, auch Choreios genannt, da- durch, daß Enomotarch und Uragos beide sich bewegen, bis sie ihren Platz vertauschen, daher hier der Pha- lanx im Ganzen stehen bleibt 1. -- Beim Angriffs- marsche hatte der Feldherr zu beachten, daß das Heer sich stets von selbst etwas mehr rechts zog als es sollte, indem Jeder seine rechte unbeschützte Seite unter den Schild des Nebenmannes zu bringen, und der Letzte am rechten Flügel dieselbe vom Feinde abzuwenden suchte 2; womit auch die natürliche Schwäche dieses Flügels zusammenhängt, die durch die vorzüglichsten Truppen und durch Deckung mit Reiterei aufgewogen werden mußte. Außerdem hatte der Feldherr -- ehe Epaminondas die Kunst erfand, den Kampf auf die Stelle, wo er am stärksten, zu concentriren, und das übrige Heer der Feinde in Unthätigkeit zu erhalten, -- nur für zweierlei zu sorgen, erstens daß der Stoß der Seinigen die Glieder der Feinde besonders da wirksam und kräftig treffe, wo sie zu durchbrechen möglich und vortheilhaft schien, und seine Linie zugleich dem feind- lichen Stoße gleichmäßig widerstehe: zweitens aber konnte er den Sieg auf dem Wege der Ueberflügelung durch Ausdehnung seiner Glieder suchen, was indeß die Spartiaten selten selbst unternahmen, sondern gewöhn- lich nur von feindlicher Seite zu verhindern suchten. Die Hauptsache war immer, daß die Glieder festge- schlossen blieben bei raschem Vordringen wie bei schein- barer Flucht 3; kein Kampfmuth entschuldigte das Ver- lassen derselben.
3 Dies führten die Spar- tiaten bei Thermopylä aus, Herod. 7, 211., nach Platon Laches p. 191. bei Platää.
wird, und die Kretiſche, auch Choreios genannt, da- durch, daß Enomotarch und Uragos beide ſich bewegen, bis ſie ihren Platz vertauſchen, daher hier der Pha- lanx im Ganzen ſtehen bleibt 1. — Beim Angriffs- marſche hatte der Feldherr zu beachten, daß das Heer ſich ſtets von ſelbſt etwas mehr rechts zog als es ſollte, indem Jeder ſeine rechte unbeſchuͤtzte Seite unter den Schild des Nebenmannes zu bringen, und der Letzte am rechten Fluͤgel dieſelbe vom Feinde abzuwenden ſuchte 2; womit auch die natuͤrliche Schwaͤche dieſes Fluͤgels zuſammenhaͤngt, die durch die vorzuͤglichſten Truppen und durch Deckung mit Reiterei aufgewogen werden mußte. Außerdem hatte der Feldherr — ehe Epaminondas die Kunſt erfand, den Kampf auf die Stelle, wo er am ſtaͤrkſten, zu concentriren, und das uͤbrige Heer der Feinde in Unthaͤtigkeit zu erhalten, — nur fuͤr zweierlei zu ſorgen, erſtens daß der Stoß der Seinigen die Glieder der Feinde beſonders da wirkſam und kraͤftig treffe, wo ſie zu durchbrechen moͤglich und vortheilhaft ſchien, und ſeine Linie zugleich dem feind- lichen Stoße gleichmaͤßig widerſtehe: zweitens aber konnte er den Sieg auf dem Wege der Ueberfluͤgelung durch Ausdehnung ſeiner Glieder ſuchen, was indeß die Spartiaten ſelten ſelbſt unternahmen, ſondern gewoͤhn- lich nur von feindlicher Seite zu verhindern ſuchten. Die Hauptſache war immer, daß die Glieder feſtge- ſchloſſen blieben bei raſchem Vordringen wie bei ſchein- barer Flucht 3; kein Kampfmuth entſchuldigte das Ver- laſſen derſelben.
3 Dies fuͤhrten die Spar- tiaten bei Thermopylaͤ aus, Herod. 7, 211., nach Platon Laches p. 191. bei Plataͤaͤ.
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wird, und die Kretiſche, auch Choreios genannt, da-
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lanx im Ganzen ſtehen bleibt 1. — Beim Angriffs-
marſche hatte der Feldherr zu beachten, daß das Heer
ſich ſtets von ſelbſt etwas mehr rechts zog als es ſollte,
indem Jeder ſeine rechte unbeſchuͤtzte Seite unter den
Schild des Nebenmannes zu bringen, und der Letzte
am rechten Fluͤgel dieſelbe vom Feinde abzuwenden
ſuchte 2; womit auch die natuͤrliche Schwaͤche dieſes
Fluͤgels zuſammenhaͤngt, die durch die vorzuͤglichſten
Truppen und durch Deckung mit Reiterei aufgewogen
werden mußte. Außerdem hatte der Feldherr — ehe
Epaminondas die Kunſt erfand, den Kampf auf die
Stelle, wo er am ſtaͤrkſten, zu concentriren, und das
uͤbrige Heer der Feinde in Unthaͤtigkeit zu erhalten, —
nur fuͤr zweierlei zu ſorgen, erſtens daß der Stoß der
Seinigen die Glieder der Feinde beſonders da wirkſam
und kraͤftig treffe, wo ſie zu durchbrechen moͤglich und
vortheilhaft ſchien, und ſeine Linie zugleich dem feind-
lichen Stoße gleichmaͤßig widerſtehe: zweitens aber
konnte er den Sieg auf dem Wege der Ueberfluͤgelung
durch Ausdehnung ſeiner Glieder ſuchen, was indeß die
Spartiaten ſelten ſelbſt unternahmen, ſondern gewoͤhn-
lich nur von feindlicher Seite zu verhindern ſuchten.
Die Hauptſache war immer, daß die Glieder feſtge-
ſchloſſen blieben bei raſchem Vordringen wie bei ſchein-
barer Flucht 3; kein Kampfmuth entſchuldigte das Ver-
laſſen derſelben.
1 Aelian Takt. 26. 27. vgl. Heſych: Λάκων εἶδος παϱὰ
Τακτικοῖς.
2 Thuk. 5, 71.
3 Dies fuͤhrten die Spar-
tiaten bei Thermopylaͤ aus, Herod. 7, 211., nach Platon Laches
p. 191. bei Plataͤaͤ.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/252>, abgerufen am 23.11.2024.
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