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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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zerstreut, daß sie nicht durch eine Landwanderung, son-
dern nur durch einzelne Sendungen zur See dahin ge-
kommen sein können. Denn in Argolis haben sie auf
auslaufenden Landzungen und Vorgebirgen die Orte
Hermione, Asine und Eion (Halieis) erbaut; auf Eu-
boea gehören ihnen Styra und Karystos 1; unter den
Inseln Niederlassungen auf Kythnos 2 (und vielleicht
Mykonos), auch nach Jonien und Kypros waren sie
versprengt 3. Das aber ist historisch gewiß, daß
sie dem Pythischen Apollon als Unterthanen geweiht
waren und lange Zeit als solche dienten, denn wir fin-
den noch in der dunkeln Geschichte der Zerstörung Kris-
sa's (Olymp. 47) neben den Krissaeern Kraugalli-
den genannt 4; so hießen aber die Dryoper von einem
mythischen Stammvater. Von dem Verhältnisse der
Tempelunterthanen, und so auch dieser Kraugalliden
wird im zweiten Buche ausführlich gehandelt werden.

5.

So feindlich die Verhältnisse der Dorier zu den
Dryopern waren, so befreundet waren sie mit den
Maliern. Diese wohnen am Flußthale des Sper-
cheios, von allen Seiten durch Felsgebirge eingeschlossen
und nur gegen die See offen, sie theilen sich in die
Meeranwohner, die heiligen, und die Trachinischen 5.

1 Herodot 8, 46. Diodor 4, 57. Thukyd. 7, 57. nimmt
die Styreer indeß für Jonier.
2 Herod. a. O. Diod. a. O.
Der mythische Krieg des Amphitryon gegen Kythnos hängt wohl
damit zusammen.
3 Herod. 7, 90. Diod. a. O. Asine auf
Kypros. Steph. Byz. Auch in Kyzikos nach St. 13, 586.
4 S.
Band 1. S. 496. Bei Aeschines g. Ktesiphon 68, 40. ist nach Di-
dymos und Xenagoras bei Harpokration Kraugallidai zu emendiren.
5 Paralioi, Ieres, Trakhinioi Thuk. 3, 92. vgl. Dodwell 2. S.
71. Ich bemerke noch, daß Skylax und Diodor 18, 11. Melier und
Malier zu unterscheiden scheinen, allein bei beiden ist LAMIEIS
für Malieis, Maleis zu schreiben. Wesselings Meinung über die

zerſtreut, daß ſie nicht durch eine Landwanderung, ſon-
dern nur durch einzelne Sendungen zur See dahin ge-
kommen ſein koͤnnen. Denn in Argolis haben ſie auf
auslaufenden Landzungen und Vorgebirgen die Orte
Hermione, Aſine und Eion (Halieis) erbaut; auf Eu-
boea gehoͤren ihnen Styra und Karyſtos 1; unter den
Inſeln Niederlaſſungen auf Kythnos 2 (und vielleicht
Mykonos), auch nach Jonien und Kypros waren ſie
verſprengt 3. Das aber iſt hiſtoriſch gewiß, daß
ſie dem Pythiſchen Apollon als Unterthanen geweiht
waren und lange Zeit als ſolche dienten, denn wir fin-
den noch in der dunkeln Geſchichte der Zerſtoͤrung Kriſ-
ſa’s (Olymp. 47) neben den Kriſſaeern Kraugalli-
den genannt 4; ſo hießen aber die Dryoper von einem
mythiſchen Stammvater. Von dem Verhaͤltniſſe der
Tempelunterthanen, und ſo auch dieſer Kraugalliden
wird im zweiten Buche ausfuͤhrlich gehandelt werden.

5.

So feindlich die Verhaͤltniſſe der Dorier zu den
Dryopern waren, ſo befreundet waren ſie mit den
Maliern. Dieſe wohnen am Flußthale des Sper-
cheios, von allen Seiten durch Felsgebirge eingeſchloſſen
und nur gegen die See offen, ſie theilen ſich in die
Meeranwohner, die heiligen, und die Trachiniſchen 5.

1 Herodot 8, 46. Diodor 4, 57. Thukyd. 7, 57. nimmt
die Styreer indeß fuͤr Jonier.
2 Herod. a. O. Diod. a. O.
Der mythiſche Krieg des Amphitryon gegen Kythnos haͤngt wohl
damit zuſammen.
3 Herod. 7, 90. Diod. a. O. Aſine auf
Kypros. Steph. Byz. Auch in Kyzikos nach St. 13, 586.
4 S.
Band 1. S. 496. Bei Aeſchines g. Kteſiphon 68, 40. iſt nach Di-
dymos und Xenagoras bei Harpokration Κϱαυγαλλίδαι zu emendiren.
5 Παϱάλιοι, Ἱεϱῆς, Τϱαχίνιοι Thuk. 3, 92. vgl. Dodwell 2. S.
71. Ich bemerke noch, daß Skylax und Diodor 18, 11. Melier und
Malier zu unterſcheiden ſcheinen, allein bei beiden iſt ΛΑΜΙΕΙΣ
fuͤr Μαλιεῖς, Μαλεῖς zu ſchreiben. Weſſelings Meinung uͤber die
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[43/0073] zerſtreut, daß ſie nicht durch eine Landwanderung, ſon- dern nur durch einzelne Sendungen zur See dahin ge- kommen ſein koͤnnen. Denn in Argolis haben ſie auf auslaufenden Landzungen und Vorgebirgen die Orte Hermione, Aſine und Eion (Halieis) erbaut; auf Eu- boea gehoͤren ihnen Styra und Karyſtos 1; unter den Inſeln Niederlaſſungen auf Kythnos 2 (und vielleicht Mykonos), auch nach Jonien und Kypros waren ſie verſprengt 3. Das aber iſt hiſtoriſch gewiß, daß ſie dem Pythiſchen Apollon als Unterthanen geweiht waren und lange Zeit als ſolche dienten, denn wir fin- den noch in der dunkeln Geſchichte der Zerſtoͤrung Kriſ- ſa’s (Olymp. 47) neben den Kriſſaeern Kraugalli- den genannt 4; ſo hießen aber die Dryoper von einem mythiſchen Stammvater. Von dem Verhaͤltniſſe der Tempelunterthanen, und ſo auch dieſer Kraugalliden wird im zweiten Buche ausfuͤhrlich gehandelt werden. 5. So feindlich die Verhaͤltniſſe der Dorier zu den Dryopern waren, ſo befreundet waren ſie mit den Maliern. Dieſe wohnen am Flußthale des Sper- cheios, von allen Seiten durch Felsgebirge eingeſchloſſen und nur gegen die See offen, ſie theilen ſich in die Meeranwohner, die heiligen, und die Trachiniſchen 5. 1 Herodot 8, 46. Diodor 4, 57. Thukyd. 7, 57. nimmt die Styreer indeß fuͤr Jonier. 2 Herod. a. O. Diod. a. O. Der mythiſche Krieg des Amphitryon gegen Kythnos haͤngt wohl damit zuſammen. 3 Herod. 7, 90. Diod. a. O. Aſine auf Kypros. Steph. Byz. Auch in Kyzikos nach St. 13, 586. 4 S. Band 1. S. 496. Bei Aeſchines g. Kteſiphon 68, 40. iſt nach Di- dymos und Xenagoras bei Harpokration Κϱαυγαλλίδαι zu emendiren. 5 Παϱάλιοι, Ἱεϱῆς, Τϱαχίνιοι Thuk. 3, 92. vgl. Dodwell 2. S. 71. Ich bemerke noch, daß Skylax und Diodor 18, 11. Melier und Malier zu unterſcheiden ſcheinen, allein bei beiden iſt ΛΑΜΙΕΙΣ fuͤr Μαλιεῖς, Μαλεῖς zu ſchreiben. Weſſelings Meinung uͤber die

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/73>, abgerufen am 21.11.2024.