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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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bestimmt hatte 1. Von diesem Punkte stieg man nun
entweder einen Gebirgssteig zur Küste nach Herakleion
und Phila in Pierien herab, oder man zog den Kamm
des Olympos entlang auf sehr beschwerlichen und ge-
fährlichen Wegen in das obere Makedonien hinein 2.

Diese Bergewege und Schluchten hat kein neuerer
Reisender betreten, aber ihre Lage aus den Alten zu
enträthseln, war für unsern Gegenstand nicht unwich-
tig. Nicht bloß Perseus und Aemilius Paullus kämpf-
ten hier um das Schicksal Makedoniens, sondern auch
die althellenischen Heldenvölker um den Besitz des
fruchtbaren Thessaliens. Es war eine Zeit, da durch
diese Pforten die Völker hinabdrängten, denen die
schönsten Theile Griechenlands zufallen sollten; hier
mußte jeder Fortschritt mit Mühe errungen werden,
in diesem allerschwersten Kriege stählten sich die Söhne
des Gebirgs. Von den unzähligen Burgen, wel-
che in diesen Gegenden jeden wichtigen Punkt decken,
möchten die meisten wohl schon in sehr alter Zeit erbaut
sein. So vertheidigen drei 3 den Olympischen Bergpaß,
oder den Weg von Gonnos nach Azoron und Doliche,
welche beiden Orte nebst dem dritten Pythion auf der
Höhe unter dem Namen der Tripolis Pelagonia
inbegriffen werden 4.

4.

Aber wenn in den höhern Gegenden im Vorlande
gegen Makedonien fast alle Orte namenlos sind, weil sich
die Griechische Geschichte von da fortgezogen, so hat sich
dagegen in der Thalebne am Flusse aller Orten sagenhaf-
tes und geschichtliches Andenken niedergelassen. Denn

1 960 Toisen. Vgl. oben.
2 S. Plut. a. O., Liv. a. O.
und 44, 7. vgl. Polyb. 28, 11.
3 Liv. 31, 41. 36, 10. 13.
42, 2. 33. 67.
4 Ptolemaeus rechnet sie zur Pelasgiotis. Zur
Stelle des Liv. 42, 35. über die Tripolis fehlt leider das Griechi-
sche Original.

beſtimmt hatte 1. Von dieſem Punkte ſtieg man nun
entweder einen Gebirgsſteig zur Kuͤſte nach Herakleion
und Phila in Pierien herab, oder man zog den Kamm
des Olympos entlang auf ſehr beſchwerlichen und ge-
faͤhrlichen Wegen in das obere Makedonien hinein 2.

Dieſe Bergewege und Schluchten hat kein neuerer
Reiſender betreten, aber ihre Lage aus den Alten zu
entraͤthſeln, war fuͤr unſern Gegenſtand nicht unwich-
tig. Nicht bloß Perſeus und Aemilius Paullus kaͤmpf-
ten hier um das Schickſal Makedoniens, ſondern auch
die althelleniſchen Heldenvoͤlker um den Beſitz des
fruchtbaren Theſſaliens. Es war eine Zeit, da durch
dieſe Pforten die Voͤlker hinabdraͤngten, denen die
ſchoͤnſten Theile Griechenlands zufallen ſollten; hier
mußte jeder Fortſchritt mit Muͤhe errungen werden,
in dieſem allerſchwerſten Kriege ſtaͤhlten ſich die Soͤhne
des Gebirgs. Von den unzaͤhligen Burgen, wel-
che in dieſen Gegenden jeden wichtigen Punkt decken,
moͤchten die meiſten wohl ſchon in ſehr alter Zeit erbaut
ſein. So vertheidigen drei 3 den Olympiſchen Bergpaß,
oder den Weg von Gonnos nach Azoron und Doliche,
welche beiden Orte nebſt dem dritten Pythion auf der
Hoͤhe unter dem Namen der Tripolis Pelagonia
inbegriffen werden 4.

4.

Aber wenn in den hoͤhern Gegenden im Vorlande
gegen Makedonien faſt alle Orte namenlos ſind, weil ſich
die Griechiſche Geſchichte von da fortgezogen, ſo hat ſich
dagegen in der Thalebne am Fluſſe aller Orten ſagenhaf-
tes und geſchichtliches Andenken niedergelaſſen. Denn

1 960 Toiſen. Vgl. oben.
2 S. Plut. a. O., Liv. a. O.
und 44, 7. vgl. Polyb. 28, 11.
3 Liv. 31, 41. 36, 10. 13.
42, 2. 33. 67.
4 Ptolemaeus rechnet ſie zur Pelasgiotis. Zur
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[22/0052] beſtimmt hatte 1. Von dieſem Punkte ſtieg man nun entweder einen Gebirgsſteig zur Kuͤſte nach Herakleion und Phila in Pierien herab, oder man zog den Kamm des Olympos entlang auf ſehr beſchwerlichen und ge- faͤhrlichen Wegen in das obere Makedonien hinein 2. Dieſe Bergewege und Schluchten hat kein neuerer Reiſender betreten, aber ihre Lage aus den Alten zu entraͤthſeln, war fuͤr unſern Gegenſtand nicht unwich- tig. Nicht bloß Perſeus und Aemilius Paullus kaͤmpf- ten hier um das Schickſal Makedoniens, ſondern auch die althelleniſchen Heldenvoͤlker um den Beſitz des fruchtbaren Theſſaliens. Es war eine Zeit, da durch dieſe Pforten die Voͤlker hinabdraͤngten, denen die ſchoͤnſten Theile Griechenlands zufallen ſollten; hier mußte jeder Fortſchritt mit Muͤhe errungen werden, in dieſem allerſchwerſten Kriege ſtaͤhlten ſich die Soͤhne des Gebirgs. Von den unzaͤhligen Burgen, wel- che in dieſen Gegenden jeden wichtigen Punkt decken, moͤchten die meiſten wohl ſchon in ſehr alter Zeit erbaut ſein. So vertheidigen drei 3 den Olympiſchen Bergpaß, oder den Weg von Gonnos nach Azoron und Doliche, welche beiden Orte nebſt dem dritten Pythion auf der Hoͤhe unter dem Namen der Tripolis Pelagonia inbegriffen werden 4. 4. Aber wenn in den hoͤhern Gegenden im Vorlande gegen Makedonien faſt alle Orte namenlos ſind, weil ſich die Griechiſche Geſchichte von da fortgezogen, ſo hat ſich dagegen in der Thalebne am Fluſſe aller Orten ſagenhaf- tes und geſchichtliches Andenken niedergelaſſen. Denn 1 960 Toiſen. Vgl. oben. 2 S. Plut. a. O., Liv. a. O. und 44, 7. vgl. Polyb. 28, 11. 3 Liv. 31, 41. 36, 10. 13. 42, 2. 33. 67. 4 Ptolemaeus rechnet ſie zur Pelasgiotis. Zur Stelle des Liv. 42, 35. uͤber die Tripolis fehlt leider das Griechi- ſche Original.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/52>, abgerufen am 22.11.2024.