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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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Kyklopen erschossen, die die Blitze geschmiedet, mit de-
nen Zeus seinen Sohn Asklepios erschlagen, als dieser sich
nicht begnügte, Kranken die Gesundheit wiederzugeben,
sondern selbst Todte ins Leben zurückrief 1. Doch nen-
nen auch die Dichter zum Theil Pherä als Ort der
Frohne, und deuten dadurch auf die Pythische Straße
-- und einen großen Eniautos als Zeit derselben 2,
womit sie die Delphische Periode bezeichnen. Spätere
scherzten mit den Ueberlieferungen der ernsthaften Vor-
welt so frei, daß sie den Gott aus bloßer Liebe zum
schönen Knaben Admet den Hirtenstab ergreifen ließen.
Dagegen es vielleicht eine Spur älterer Tradition ist,
wenn der Bernstein als eine versteinerte Thräne be-
trachtet wird, die Apoll in der Zeit seiner Dienstbar-
keit in seiner alten Heimat bei den Hyperboreern, im
Keltenlande, geweint habe 3.

Dem Kampfe mit Python in der Idee verwandt
ist der mit Tityos. Dies erdentsprossene Ungeheuer,
in der den Delphern feindlichen Stadt Panopeus am
heiligen Wege gelagert, tastet die vorübergehende Leto

1 So Pherekydes bei Schol. Eurip. Alk. 2. (S. 88. St.
vgl. denselben bei Schol. Pind. P. 3, 96.), der aus Hesiod (bei
Athenag. Leg. p. 134. und Schol. Eur. a. O.) schöpfte. Vergl.
Apolld. 3, 10, 4. und 1, 9, 15. Diod. 4, 71. Eclog. p. 546.
Wess. Orph. Argon. 176. auch Eurip. Alkestis, und Asklepiades bei
den Schol. -- Die Cultussage geben Anaxandridas der Delpher
bei Schol. Eur. a. O. (peri ton sulethenton en Delphois anathe-
maton. Vatic. Prov. 1, 5.) und Plutarch, vielleicht aus demselben.
-- Von einer Empörung gegen Zeus leiteten die die Verbannung ab,
welche Il. 1, 399. kai Phoibos Apollon schrieben. Vgl. noch
Aeschyl. bei Plut. de ex. 17. p. 386.
2 Il. 21, 443. the-
teusamen eis eniauton. So auch Pherek. und die Aa. Klem.
Alex. Str. 1. S. 323. megan eis eniauton, aus einem Epiker.
3 Schol. Apoll. Rh. 4, 611. vgl. die sehr verworrene Erzäh-
ung, Eratosth. Kataft. 29. mit Schaubachs Anm. S. 110.

Kyklopen erſchoſſen, die die Blitze geſchmiedet, mit de-
nen Zeus ſeinen Sohn Asklepios erſchlagen, als dieſer ſich
nicht begnuͤgte, Kranken die Geſundheit wiederzugeben,
ſondern ſelbſt Todte ins Leben zuruͤckrief 1. Doch nen-
nen auch die Dichter zum Theil Pheraͤ als Ort der
Frohne, und deuten dadurch auf die Pythiſche Straße
— und einen großen Eniautos als Zeit derſelben 2,
womit ſie die Delphiſche Periode bezeichnen. Spaͤtere
ſcherzten mit den Ueberlieferungen der ernſthaften Vor-
welt ſo frei, daß ſie den Gott aus bloßer Liebe zum
ſchoͤnen Knaben Admet den Hirtenſtab ergreifen ließen.
Dagegen es vielleicht eine Spur aͤlterer Tradition iſt,
wenn der Bernſtein als eine verſteinerte Thraͤne be-
trachtet wird, die Apoll in der Zeit ſeiner Dienſtbar-
keit in ſeiner alten Heimat bei den Hyperboreern, im
Keltenlande, geweint habe 3.

Dem Kampfe mit Python in der Idee verwandt
iſt der mit Tityos. Dies erdentſproſſene Ungeheuer,
in der den Delphern feindlichen Stadt Panopeus am
heiligen Wege gelagert, taſtet die voruͤbergehende Leto

1 So Pherekydes bei Schol. Eurip. Alk. 2. (S. 88. St.
vgl. denſelben bei Schol. Pind. P. 3, 96.), der aus Heſiod (bei
Athenag. Leg. p. 134. und Schol. Eur. a. O.) ſchoͤpfte. Vergl.
Apolld. 3, 10, 4. und 1, 9, 15. Diod. 4, 71. Eclog. p. 546.
Weſſ. Orph. Argon. 176. auch Eurip. Alkeſtis, und Asklepiades bei
den Schol. — Die Cultusſage geben Anaxandridas der Delpher
bei Schol. Eur. a. O. (πεϱὶ τῶν συληϑέντων ἐν Δελφοῖς ἀναϑη-
μάτων. Vatic. Prov. 1, 5.) und Plutarch, vielleicht aus demſelben.
— Von einer Empoͤrung gegen Zeus leiteten die die Verbannung ab,
welche Il. 1, 399. καὶ Φοῖβος Ἀπόλλων ſchrieben. Vgl. noch
Aeſchyl. bei Plut. de ex. 17. p. 386.
2 Il. 21, 443. ϑη-
τεύσαμεν εἰς ἐνιαυτόν. So auch Pherek. und die Aa. Klem.
Alex. Str. 1. S. 323. μέγαν εἰς ἐνιαυτόν, aus einem Epiker.
3 Schol. Apoll. Rh. 4, 611. vgl. die ſehr verworrene Erzaͤh-
ung, Eratoſth. Kataft. 29. mit Schaubachs Anm. S. 110.
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[322/0352] Kyklopen erſchoſſen, die die Blitze geſchmiedet, mit de- nen Zeus ſeinen Sohn Asklepios erſchlagen, als dieſer ſich nicht begnuͤgte, Kranken die Geſundheit wiederzugeben, ſondern ſelbſt Todte ins Leben zuruͤckrief 1. Doch nen- nen auch die Dichter zum Theil Pheraͤ als Ort der Frohne, und deuten dadurch auf die Pythiſche Straße — und einen großen Eniautos als Zeit derſelben 2, womit ſie die Delphiſche Periode bezeichnen. Spaͤtere ſcherzten mit den Ueberlieferungen der ernſthaften Vor- welt ſo frei, daß ſie den Gott aus bloßer Liebe zum ſchoͤnen Knaben Admet den Hirtenſtab ergreifen ließen. Dagegen es vielleicht eine Spur aͤlterer Tradition iſt, wenn der Bernſtein als eine verſteinerte Thraͤne be- trachtet wird, die Apoll in der Zeit ſeiner Dienſtbar- keit in ſeiner alten Heimat bei den Hyperboreern, im Keltenlande, geweint habe 3. Dem Kampfe mit Python in der Idee verwandt iſt der mit Tityos. Dies erdentſproſſene Ungeheuer, in der den Delphern feindlichen Stadt Panopeus am heiligen Wege gelagert, taſtet die voruͤbergehende Leto 1 So Pherekydes bei Schol. Eurip. Alk. 2. (S. 88. St. vgl. denſelben bei Schol. Pind. P. 3, 96.), der aus Heſiod (bei Athenag. Leg. p. 134. und Schol. Eur. a. O.) ſchoͤpfte. Vergl. Apolld. 3, 10, 4. und 1, 9, 15. Diod. 4, 71. Eclog. p. 546. Weſſ. Orph. Argon. 176. auch Eurip. Alkeſtis, und Asklepiades bei den Schol. — Die Cultusſage geben Anaxandridas der Delpher bei Schol. Eur. a. O. (πεϱὶ τῶν συληϑέντων ἐν Δελφοῖς ἀναϑη- μάτων. Vatic. Prov. 1, 5.) und Plutarch, vielleicht aus demſelben. — Von einer Empoͤrung gegen Zeus leiteten die die Verbannung ab, welche Il. 1, 399. καὶ Φοῖβος Ἀπόλλων ſchrieben. Vgl. noch Aeſchyl. bei Plut. de ex. 17. p. 386. 2 Il. 21, 443. ϑη- τεύσαμεν εἰς ἐνιαυτόν. So auch Pherek. und die Aa. Klem. Alex. Str. 1. S. 323. μέγαν εἰς ἐνιαυτόν, aus einem Epiker. 3 Schol. Apoll. Rh. 4, 611. vgl. die ſehr verworrene Erzaͤh- ung, Eratoſth. Kataft. 29. mit Schaubachs Anm. S. 110.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/352>, abgerufen am 09.11.2024.