Wohlan also: Im Verkehr der Völker gilt es, eben so wie im inneren Staatsverkehr, die göttlichen Bedürfnisse um nichts weniger als die irrdischen: sie streben nach einem Mit- telpuncte, in welchem alle unsichtbare sowohl als sichtbare, alle persönliche sowohl als alle sächliche Kraft zusammen tref- fen muß, und den wir eben sowohl Weltcredit, als vollstän- dig Deutsch, Weltglaube nennen können. Die höchste sächliche Kraft, nähmlich die des edeln Metalls, und die höchste per- sönliche, nähmlich die des Wortes, welche beyde durch ihre Wechselwirkung der gesammten inneren Staatsorganisation Gesetz und Regel hergeben, treten in der Welthaushaltung noch reiner und noch gebietherischer ans Licht. Da nun die sächliche Hemisphäre des politischen Lebens in den letztver- flossenen Jahrhunderten allein anerkannt worden ist, und die verkannte persönliche Hälfte der Welt ihr Daseyn in diesem Zeitraume nur durch ungeheure Erschütterungen und Störun- gen jenes mechanischen Wesens zu erkennen geben konnte; so mußten die allein vergötterten Metalle, gegen die keine Hülfe war, als in den persönlichen Verhältnissen, und die nur durch die ganz entgegengesetzte Gewalt des Glaubens, den man verschmähte, in ihren Schranken erhalten werden konnten, eine tyrannische Bothmäßigkeit auch über alle höheren Inter- essen der Menschheit ausüben. Daher die gefürchtete Gewalt eines so unsicheren, schwankenden, launischen Regenten, als des Marktpreises der edeln Metalle über die Circulation, den Handel, den Verkehr, die Finanzen aller Europäischen Völker.
Theoret. Theil T
Wohlan alſo: Im Verkehr der Voͤlker gilt es, eben ſo wie im inneren Staatsverkehr, die goͤttlichen Beduͤrfniſſe um nichts weniger als die irrdiſchen: ſie ſtreben nach einem Mit- telpuncte, in welchem alle unſichtbare ſowohl als ſichtbare, alle perſoͤnliche ſowohl als alle ſaͤchliche Kraft zuſammen tref- fen muß, und den wir eben ſowohl Weltcredit, als vollſtaͤn- dig Deutſch, Weltglaube nennen koͤnnen. Die hoͤchſte ſaͤchliche Kraft, naͤhmlich die des edeln Metalls, und die hoͤchſte per- ſoͤnliche, naͤhmlich die des Wortes, welche beyde durch ihre Wechſelwirkung der geſammten inneren Staatsorganiſation Geſetz und Regel hergeben, treten in der Welthaushaltung noch reiner und noch gebietheriſcher ans Licht. Da nun die ſaͤchliche Hemisphaͤre des politiſchen Lebens in den letztver- floſſenen Jahrhunderten allein anerkannt worden iſt, und die verkannte perſoͤnliche Haͤlfte der Welt ihr Daſeyn in dieſem Zeitraume nur durch ungeheure Erſchuͤtterungen und Stoͤrun- gen jenes mechaniſchen Weſens zu erkennen geben konnte; ſo mußten die allein vergoͤtterten Metalle, gegen die keine Huͤlfe war, als in den perſoͤnlichen Verhaͤltniſſen, und die nur durch die ganz entgegengeſetzte Gewalt des Glaubens, den man verſchmaͤhte, in ihren Schranken erhalten werden konnten, eine tyranniſche Bothmaͤßigkeit auch uͤber alle hoͤheren Inter- eſſen der Menſchheit ausuͤben. Daher die gefuͤrchtete Gewalt eines ſo unſicheren, ſchwankenden, launiſchen Regenten, als des Marktpreiſes der edeln Metalle uͤber die Circulation, den Handel, den Verkehr, die Finanzen aller Europaͤiſchen Voͤlker.
Theoret. Theil T
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Wohlan alſo: Im Verkehr der Voͤlker gilt es, eben ſo
wie im inneren Staatsverkehr, die goͤttlichen Beduͤrfniſſe um
nichts weniger als die irrdiſchen: ſie ſtreben nach einem Mit-
telpuncte, in welchem alle unſichtbare ſowohl als ſichtbare,
alle perſoͤnliche ſowohl als alle ſaͤchliche Kraft zuſammen tref-
fen muß, und den wir eben ſowohl Weltcredit, als vollſtaͤn-
dig Deutſch, Weltglaube nennen koͤnnen. Die hoͤchſte ſaͤchliche
Kraft, naͤhmlich die des edeln Metalls, und die hoͤchſte per-
ſoͤnliche, naͤhmlich die des Wortes, welche beyde durch ihre
Wechſelwirkung der geſammten inneren Staatsorganiſation
Geſetz und Regel hergeben, treten in der Welthaushaltung
noch reiner und noch gebietheriſcher ans Licht. Da nun die
ſaͤchliche Hemisphaͤre des politiſchen Lebens in den letztver-
floſſenen Jahrhunderten allein anerkannt worden iſt, und die
verkannte perſoͤnliche Haͤlfte der Welt ihr Daſeyn in dieſem
Zeitraume nur durch ungeheure Erſchuͤtterungen und Stoͤrun-
gen jenes mechaniſchen Weſens zu erkennen geben konnte; ſo
mußten die allein vergoͤtterten Metalle, gegen die keine Huͤlfe
war, als in den perſoͤnlichen Verhaͤltniſſen, und die nur durch
die ganz entgegengeſetzte Gewalt des Glaubens, den man
verſchmaͤhte, in ihren Schranken erhalten werden konnten,
eine tyranniſche Bothmaͤßigkeit auch uͤber alle hoͤheren Inter-
eſſen der Menſchheit ausuͤben. Daher die gefuͤrchtete Gewalt
eines ſo unſicheren, ſchwankenden, launiſchen Regenten, als
des Marktpreiſes der edeln Metalle uͤber die Circulation, den
Handel, den Verkehr, die Finanzen aller Europaͤiſchen
Voͤlker.
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/303>, abgerufen am 27.11.2024.
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