Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

und ungemessen läßt, so kann das Resultat um nichts rich-
tiger seyn, als das, welches irgend ein anderer Widerspruch
ergibt.

Das Produkt, welches man erzeugt sehen will, soll nicht
bloß groß seyn, sondern in gerechtem Verhältnisse zu allen
übrigen Produkten und Bedürfnissen stehen, und die Arbeit,
das Mittel jenen Zweck zu erreichen, soll bloß groß seyn,
und nach einem bloßen Größenmaaßstabe beurtheilt werden;
ja noch mehr, ein Maaßstab, der bloß von der Größe
auszusagen vermag, soll auf befriedigende Weise den
Werth des Produktes bestimmen, der ohne die Verhältnisse
der Nationalprodukte unter einander, oder des Markts,
die mit der Größe nichts zu schaffen haben, nicht zu den-
ken ist.

Das ist die große Absurdität in der Forderung, die man
bis jetzt überall an einem Geld-Standard gemacht hat: er
hat nicht wie der Längenmaaßstab, oder wie das Gewicht die
bloße Größe, oder die bloße Schwere nachweisen und bestim-
men sollen, sondern die Größe, die Schwere, und alle an-
deren ökonomischen Eigenschaften zugleich. Das Pfund Ster-
ling hat nicht bloß das Silbergewicht, sondern zugleich das
Verhältniß des Silbers zu allen andern Produkten, und mit
ihnen zu allen andern ökonomischen Functionen festhalten sol-
len, und dennoch hat man nie aufgehört, sich das Pfund
Sterling als eine bloße Silbermasse zu denken. Es ist gewiß
niemanden beygefallen, das alte immerfort vorhandene Pfund
Troy, wornach alles Silber abgewogen wird, einen Geld-
Standard zu nennen, und doch hat man einen Geld-Standard

und ungemeſſen laͤßt, ſo kann das Reſultat um nichts rich-
tiger ſeyn, als das, welches irgend ein anderer Widerſpruch
ergibt.

Das Produkt, welches man erzeugt ſehen will, ſoll nicht
bloß groß ſeyn, ſondern in gerechtem Verhaͤltniſſe zu allen
uͤbrigen Produkten und Beduͤrfniſſen ſtehen, und die Arbeit,
das Mittel jenen Zweck zu erreichen, ſoll bloß groß ſeyn,
und nach einem bloßen Groͤßenmaaßſtabe beurtheilt werden;
ja noch mehr, ein Maaßſtab, der bloß von der Groͤße
auszuſagen vermag, ſoll auf befriedigende Weiſe den
Werth des Produktes beſtimmen, der ohne die Verhaͤltniſſe
der Nationalprodukte unter einander, oder des Markts,
die mit der Groͤße nichts zu ſchaffen haben, nicht zu den-
ken iſt.

Das iſt die große Abſurditaͤt in der Forderung, die man
bis jetzt uͤberall an einem Geld-Standard gemacht hat: er
hat nicht wie der Laͤngenmaaßſtab, oder wie das Gewicht die
bloße Groͤße, oder die bloße Schwere nachweiſen und beſtim-
men ſollen, ſondern die Groͤße, die Schwere, und alle an-
deren oͤkonomiſchen Eigenſchaften zugleich. Das Pfund Ster-
ling hat nicht bloß das Silbergewicht, ſondern zugleich das
Verhaͤltniß des Silbers zu allen andern Produkten, und mit
ihnen zu allen andern oͤkonomiſchen Functionen feſthalten ſol-
len, und dennoch hat man nie aufgehoͤrt, ſich das Pfund
Sterling als eine bloße Silbermaſſe zu denken. Es iſt gewiß
niemanden beygefallen, das alte immerfort vorhandene Pfund
Troy, wornach alles Silber abgewogen wird, einen Geld-
Standard zu nennen, und doch hat man einen Geld-Standard

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0247" n="233"/>
und ungeme&#x017F;&#x017F;en la&#x0364;ßt, &#x017F;o kann das Re&#x017F;ultat um nichts rich-<lb/>
tiger &#x017F;eyn, als das, welches irgend ein anderer Wider&#x017F;pruch<lb/>
ergibt.</p><lb/>
          <p>Das Produkt, welches man erzeugt &#x017F;ehen will, &#x017F;oll nicht<lb/>
bloß groß &#x017F;eyn, &#x017F;ondern in gerechtem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e zu allen<lb/>
u&#x0364;brigen Produkten und Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tehen, und die Arbeit,<lb/>
das Mittel jenen Zweck zu erreichen, &#x017F;oll bloß groß &#x017F;eyn,<lb/>
und nach einem bloßen Gro&#x0364;ßenmaaß&#x017F;tabe beurtheilt werden;<lb/>
ja noch mehr, ein Maaß&#x017F;tab, der bloß von der Gro&#x0364;ße<lb/>
auszu&#x017F;agen vermag, &#x017F;oll auf befriedigende Wei&#x017F;e den<lb/>
Werth des Produktes be&#x017F;timmen, der ohne die Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
der Nationalprodukte unter einander, oder des Markts,<lb/>
die mit der Gro&#x0364;ße nichts zu &#x017F;chaffen haben, nicht zu den-<lb/>
ken i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Das i&#x017F;t die große Ab&#x017F;urdita&#x0364;t in der Forderung, die man<lb/>
bis jetzt u&#x0364;berall an einem Geld-Standard gemacht hat: er<lb/>
hat nicht wie der La&#x0364;ngenmaaß&#x017F;tab, oder wie das Gewicht die<lb/>
bloße Gro&#x0364;ße, oder die bloße Schwere nachwei&#x017F;en und be&#x017F;tim-<lb/>
men &#x017F;ollen, &#x017F;ondern die Gro&#x0364;ße, die Schwere, und alle an-<lb/>
deren o&#x0364;konomi&#x017F;chen Eigen&#x017F;chaften zugleich. Das Pfund Ster-<lb/>
ling hat nicht bloß das Silbergewicht, &#x017F;ondern zugleich das<lb/>
Verha&#x0364;ltniß des Silbers zu allen andern Produkten, und mit<lb/>
ihnen zu allen andern o&#x0364;konomi&#x017F;chen Functionen fe&#x017F;thalten &#x017F;ol-<lb/>
len, und dennoch hat man nie aufgeho&#x0364;rt, &#x017F;ich das Pfund<lb/>
Sterling als eine bloße Silberma&#x017F;&#x017F;e zu denken. Es i&#x017F;t gewiß<lb/>
niemanden beygefallen, das alte immerfort vorhandene Pfund<lb/>
Troy, wornach alles Silber abgewogen wird, einen Geld-<lb/>
Standard zu nennen, und doch hat man einen Geld-Standard<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0247] und ungemeſſen laͤßt, ſo kann das Reſultat um nichts rich- tiger ſeyn, als das, welches irgend ein anderer Widerſpruch ergibt. Das Produkt, welches man erzeugt ſehen will, ſoll nicht bloß groß ſeyn, ſondern in gerechtem Verhaͤltniſſe zu allen uͤbrigen Produkten und Beduͤrfniſſen ſtehen, und die Arbeit, das Mittel jenen Zweck zu erreichen, ſoll bloß groß ſeyn, und nach einem bloßen Groͤßenmaaßſtabe beurtheilt werden; ja noch mehr, ein Maaßſtab, der bloß von der Groͤße auszuſagen vermag, ſoll auf befriedigende Weiſe den Werth des Produktes beſtimmen, der ohne die Verhaͤltniſſe der Nationalprodukte unter einander, oder des Markts, die mit der Groͤße nichts zu ſchaffen haben, nicht zu den- ken iſt. Das iſt die große Abſurditaͤt in der Forderung, die man bis jetzt uͤberall an einem Geld-Standard gemacht hat: er hat nicht wie der Laͤngenmaaßſtab, oder wie das Gewicht die bloße Groͤße, oder die bloße Schwere nachweiſen und beſtim- men ſollen, ſondern die Groͤße, die Schwere, und alle an- deren oͤkonomiſchen Eigenſchaften zugleich. Das Pfund Ster- ling hat nicht bloß das Silbergewicht, ſondern zugleich das Verhaͤltniß des Silbers zu allen andern Produkten, und mit ihnen zu allen andern oͤkonomiſchen Functionen feſthalten ſol- len, und dennoch hat man nie aufgehoͤrt, ſich das Pfund Sterling als eine bloße Silbermaſſe zu denken. Es iſt gewiß niemanden beygefallen, das alte immerfort vorhandene Pfund Troy, wornach alles Silber abgewogen wird, einen Geld- Standard zu nennen, und doch hat man einen Geld-Standard

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/247
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/247>, abgerufen am 23.11.2024.