Der Unterschied größerer und geringerer Glücksumstände, größeren und geringeren Privatreichthums ist nothwendig, wenn eine bürgerliche Ordnung, eine Disciplin und Subordi- nation möglich seyn soll. Diese Disciplin nun unter den einzelnen Reichthümern macht es möglich, daß alle ökonomi- schen Functionen der bürgerlichen Gesellschaft, zusammen- hängend, eine die andere unterstützend vor sich gehen können. Diese Ungleichheit und daraus construirte Disciplin muß dauerhaft seyn, weil das Geschick zur Verwaltung des grö- ßeren wie des geringeren Vermögens, der auf allgemeine wie auf besondere, gemeinnützige Geschäfte gewendeten Kraft, Zeit braucht, um erlangt zu werden, und weil die meisten besonderen Kräfte innerhalb des Staates sich nur erst im Fortgang langer Jahre in ihrer vollen Wirksamkeit bewiesen. Wenn eine solche Disciplin also möglich seyn soll, so muß jeder Einzelne in seiner Station, und wenn es auch der Aermste wäre, für die Dauer befriedigt werden können: die jedem Einzelnen angeborne Begierde das Ganze zu umfassen, muß im Voraus für immer bedacht seyn.
Nun aber zeigt sich, daß, wer zum Beyspiel, die Luft sich ausschließend aneignen wollte, in sie zerfließen müßte, und doch nichts besitzen würde; wer hingegen sie als Ge- meingut an seinem besondern Ort, und mit seinem besondern Organe gebrauchte und athmete, auch aller Wohlthaten und Segnungen dieses Elements theilhaftig werden würde. So auch, wer sich an seinem besondern Ort und in seinem beson- dern Geschäft eines gewissen ewigen Eigenthums nicht der einzelnen Dinge, aber des Ganzen, welches sie durch die
Der Unterſchied groͤßerer und geringerer Gluͤcksumſtaͤnde, groͤßeren und geringeren Privatreichthums iſt nothwendig, wenn eine buͤrgerliche Ordnung, eine Disciplin und Subordi- nation moͤglich ſeyn ſoll. Dieſe Disciplin nun unter den einzelnen Reichthuͤmern macht es moͤglich, daß alle oͤkonomi- ſchen Functionen der buͤrgerlichen Geſellſchaft, zuſammen- haͤngend, eine die andere unterſtuͤtzend vor ſich gehen koͤnnen. Dieſe Ungleichheit und daraus conſtruirte Disciplin muß dauerhaft ſeyn, weil das Geſchick zur Verwaltung des groͤ- ßeren wie des geringeren Vermoͤgens, der auf allgemeine wie auf beſondere, gemeinnuͤtzige Geſchaͤfte gewendeten Kraft, Zeit braucht, um erlangt zu werden, und weil die meiſten beſonderen Kraͤfte innerhalb des Staates ſich nur erſt im Fortgang langer Jahre in ihrer vollen Wirkſamkeit bewieſen. Wenn eine ſolche Disciplin alſo moͤglich ſeyn ſoll, ſo muß jeder Einzelne in ſeiner Station, und wenn es auch der Aermſte waͤre, fuͤr die Dauer befriedigt werden koͤnnen: die jedem Einzelnen angeborne Begierde das Ganze zu umfaſſen, muß im Voraus fuͤr immer bedacht ſeyn.
Nun aber zeigt ſich, daß, wer zum Beyſpiel, die Luft ſich ausſchließend aneignen wollte, in ſie zerfließen muͤßte, und doch nichts beſitzen wuͤrde; wer hingegen ſie als Ge- meingut an ſeinem beſondern Ort, und mit ſeinem beſondern Organe gebrauchte und athmete, auch aller Wohlthaten und Segnungen dieſes Elements theilhaftig werden wuͤrde. So auch, wer ſich an ſeinem beſondern Ort und in ſeinem beſon- dern Geſchaͤft eines gewiſſen ewigen Eigenthums nicht der einzelnen Dinge, aber des Ganzen, welches ſie durch die
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Der Unterſchied groͤßerer und geringerer Gluͤcksumſtaͤnde,
groͤßeren und geringeren Privatreichthums iſt nothwendig,
wenn eine buͤrgerliche Ordnung, eine Disciplin und Subordi-
nation moͤglich ſeyn ſoll. Dieſe Disciplin nun unter den
einzelnen Reichthuͤmern macht es moͤglich, daß alle oͤkonomi-
ſchen Functionen der buͤrgerlichen Geſellſchaft, zuſammen-
haͤngend, eine die andere unterſtuͤtzend vor ſich gehen koͤnnen.
Dieſe Ungleichheit und daraus conſtruirte Disciplin muß
dauerhaft ſeyn, weil das Geſchick zur Verwaltung des groͤ-
ßeren wie des geringeren Vermoͤgens, der auf allgemeine wie
auf beſondere, gemeinnuͤtzige Geſchaͤfte gewendeten Kraft,
Zeit braucht, um erlangt zu werden, und weil die meiſten
beſonderen Kraͤfte innerhalb des Staates ſich nur erſt im
Fortgang langer Jahre in ihrer vollen Wirkſamkeit bewieſen.
Wenn eine ſolche Disciplin alſo moͤglich ſeyn ſoll, ſo muß
jeder Einzelne in ſeiner Station, und wenn es auch der Aermſte
waͤre, fuͤr die Dauer befriedigt werden koͤnnen: die jedem
Einzelnen angeborne Begierde das Ganze zu umfaſſen, muß
im Voraus fuͤr immer bedacht ſeyn.
Nun aber zeigt ſich, daß, wer zum Beyſpiel, die Luft
ſich ausſchließend aneignen wollte, in ſie zerfließen muͤßte,
und doch nichts beſitzen wuͤrde; wer hingegen ſie als Ge-
meingut an ſeinem beſondern Ort, und mit ſeinem beſondern
Organe gebrauchte und athmete, auch aller Wohlthaten und
Segnungen dieſes Elements theilhaftig werden wuͤrde. So
auch, wer ſich an ſeinem beſondern Ort und in ſeinem beſon-
dern Geſchaͤft eines gewiſſen ewigen Eigenthums nicht der
einzelnen Dinge, aber des Ganzen, welches ſie durch die
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/24>, abgerufen am 18.12.2024.
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