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Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Lassen Sie das, Herr Doctor! fiel ihm der Marquis in das Wort. Sie verdienen gar nichts für Ihre Person, aber Sie wissen recht wohl, Ihr Herr Vater hat an mir verdient Großes, sehr Großes, das Gott ihm wird vergelten im Himmel. Er hat mich, als ich kam bettelarm und verwundet nach Mannheim, aufgenommen in sein eigenes Haus, er hat mich geheilt und gepflegt, er hat mich genährt und gekleidet, bis daß meine Mittel sind angekommen aus der Schweiz, von meiner emigrirten Familie. Sehen Sie, Herr Doctor, das hab' ich nicht gekonnt abtragen an ihn selbst, darum will ich es abtragen an den Sohn.

Herr Marquis, Sie beschämen mich mit jedem wiederholten Anerbieten Ihrer Gunst. Aber Sie wissen, daß ich damit umgehe, meinen großen medicinischen Cursus zur praktischen Habilitation hier in Berlin zu machen.

Erlauben Sie, Herr Doctor, daß ich mich setz' auf einen Moment. Ihre Treppe hat mich gemacht sehr müde, und ich muß einmal husten.

Der Marquis setzte sich auf das Sopha und hustete ein paar Minuten lang, daß die Wände zitterten. Arthur stand wie auf Kohlen, trippelte in der Stube herum und sann auf Mittel, seines Besuches so schnell als möglich ledig zu werden. Es ist Ihnen zu kalt in meiner Stube, Herr Marquis, hub er nach der Pause das Gespräch wieder an, und das reizt Sie zum Husten.

Lassen Sie das, Herr Doctor! fiel ihm der Marquis in das Wort. Sie verdienen gar nichts für Ihre Person, aber Sie wissen recht wohl, Ihr Herr Vater hat an mir verdient Großes, sehr Großes, das Gott ihm wird vergelten im Himmel. Er hat mich, als ich kam bettelarm und verwundet nach Mannheim, aufgenommen in sein eigenes Haus, er hat mich geheilt und gepflegt, er hat mich genährt und gekleidet, bis daß meine Mittel sind angekommen aus der Schweiz, von meiner emigrirten Familie. Sehen Sie, Herr Doctor, das hab' ich nicht gekonnt abtragen an ihn selbst, darum will ich es abtragen an den Sohn.

Herr Marquis, Sie beschämen mich mit jedem wiederholten Anerbieten Ihrer Gunst. Aber Sie wissen, daß ich damit umgehe, meinen großen medicinischen Cursus zur praktischen Habilitation hier in Berlin zu machen.

Erlauben Sie, Herr Doctor, daß ich mich setz' auf einen Moment. Ihre Treppe hat mich gemacht sehr müde, und ich muß einmal husten.

Der Marquis setzte sich auf das Sopha und hustete ein paar Minuten lang, daß die Wände zitterten. Arthur stand wie auf Kohlen, trippelte in der Stube herum und sann auf Mittel, seines Besuches so schnell als möglich ledig zu werden. Es ist Ihnen zu kalt in meiner Stube, Herr Marquis, hub er nach der Pause das Gespräch wieder an, und das reizt Sie zum Husten.

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[0011] Lassen Sie das, Herr Doctor! fiel ihm der Marquis in das Wort. Sie verdienen gar nichts für Ihre Person, aber Sie wissen recht wohl, Ihr Herr Vater hat an mir verdient Großes, sehr Großes, das Gott ihm wird vergelten im Himmel. Er hat mich, als ich kam bettelarm und verwundet nach Mannheim, aufgenommen in sein eigenes Haus, er hat mich geheilt und gepflegt, er hat mich genährt und gekleidet, bis daß meine Mittel sind angekommen aus der Schweiz, von meiner emigrirten Familie. Sehen Sie, Herr Doctor, das hab' ich nicht gekonnt abtragen an ihn selbst, darum will ich es abtragen an den Sohn. Herr Marquis, Sie beschämen mich mit jedem wiederholten Anerbieten Ihrer Gunst. Aber Sie wissen, daß ich damit umgehe, meinen großen medicinischen Cursus zur praktischen Habilitation hier in Berlin zu machen. Erlauben Sie, Herr Doctor, daß ich mich setz' auf einen Moment. Ihre Treppe hat mich gemacht sehr müde, und ich muß einmal husten. Der Marquis setzte sich auf das Sopha und hustete ein paar Minuten lang, daß die Wände zitterten. Arthur stand wie auf Kohlen, trippelte in der Stube herum und sann auf Mittel, seines Besuches so schnell als möglich ledig zu werden. Es ist Ihnen zu kalt in meiner Stube, Herr Marquis, hub er nach der Pause das Gespräch wieder an, und das reizt Sie zum Husten.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:21:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:21:38Z)

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Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/11>, abgerufen am 24.11.2024.