Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. 3. Und wird uns nicht der herbe Blick betrüben/Wenn vor des Lentzens güldne Zier/ Da Hyacinthen sprossen für/ Nichts weiter sind als blasse Rauten blieben? Der Lilgen Haupt/ der Rosen Scharlach bricht Die Nelcke stirbt/ wenn Wermuth sie umflicht. 4. Nicht anders ists/ hochwerther Freund bestellet/Sein Weinstock/ da er zinßbahr blüht/ Von dem er eine Traube sieht/ Die seinem Aug und Hertzen wolgefället/ Nun er die Blum erfreut in Armen trägt/ Jn die sein Bild und Aehnlichkeit geprägt; 5. So kömmt der Tod/ O grimmiges Geschicke!Und reisst des Hauses Pfeiler ein/ Des wahren Adels edlen Stein/ Der Ahnen Bild/ der Tugend Meister-Stücke/ Der Cedern Baum wird ihm zur Aloe Die erste Blüth' verwandelt sich in Schnee. 6. Allein' ich weiß: die Schmertzen können zwingen/Zeigt einen rechten Helden-Muth; So steht ein unerschrocknes Blut Getrost im Sturm/ läst Pfeil auf Pfeile dringen. Und weiß gewiß/ daß nach dem Donnerschlag Der Sonnen Licht gewährt den schönsten Tag. 7. Der liebste Sohn ist zu dem Ursprung kommen/Sein Stamm-Hauß ist die Ewigkeit. Nur bloß der Seelen irdisch Kleid Hat in Beschluß der Erden Schos genommen. Ein Erdmann wird nicht eh ein Himmels-Mann Biß er die Last des Leibes weggethan. 8. Denn kan der Tohn mit seinem Töpffer zancken?Die Hand/ so ihn zu erst gemacht Und ihm die Formen zugedacht/ Weicht nicht von Recht und ihren Meister-Schrancken. Jtzt F f f f 3
Leichen-Gedichte. 3. Und wird uns nicht der herbe Blick betruͤben/Wenn vor des Lentzens guͤldne Zier/ Da Hyacinthen ſproſſen fuͤr/ Nichts weiter ſind als blaſſe Rauten blieben? Der Lilgen Haupt/ der Roſen Scharlach bricht Die Nelcke ſtirbt/ wenn Wermuth ſie umflicht. 4. Nicht anders iſts/ hochwerther Freund beſtellet/Sein Weinſtock/ da er zinßbahr bluͤht/ Von dem er eine Traube ſieht/ Die ſeinem Aug und Hertzen wolgefaͤllet/ Nun er die Blum erfreut in Armen traͤgt/ Jn die ſein Bild und Aehnlichkeit gepraͤgt; 5. So koͤmmt der Tod/ O grimmiges Geſchicke!Und reiſſt des Hauſes Pfeiler ein/ Des wahren Adels edlen Stein/ Der Ahnen Bild/ der Tugend Meiſter-Stuͤcke/ Der Cedern Baum wird ihm zur Aloe Die erſte Bluͤth’ verwandelt ſich in Schnee. 6. Allein’ ich weiß: die Schmertzen koͤnnen zwingen/Zeigt einen rechten Helden-Muth; So ſteht ein unerſchrocknes Blut Getroſt im Sturm/ laͤſt Pfeil auf Pfeile dringen. Und weiß gewiß/ daß nach dem Donnerſchlag Der Sonnen Licht gewaͤhrt den ſchoͤnſten Tag. 7. Der liebſte Sohn iſt zu dem Urſprung kommen/Sein Stamm-Hauß iſt die Ewigkeit. Nur bloß der Seelen irdiſch Kleid Hat in Beſchluß der Erden Schos genommen. Ein Erdmann wird nicht eh ein Himmels-Mann Biß er die Laſt des Leibes weggethan. 8. Denn kan der Tohn mit ſeinem Toͤpffer zancken?Die Hand/ ſo ihn zu erſt gemacht Und ihm die Formen zugedacht/ Weicht nicht von Recht und ihren Meiſter-Schrancken. Jtzt F f f f 3
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Leichen-Gedichte.
3.
Und wird uns nicht der herbe Blick betruͤben/
Wenn vor des Lentzens guͤldne Zier/
Da Hyacinthen ſproſſen fuͤr/
Nichts weiter ſind als blaſſe Rauten blieben?
Der Lilgen Haupt/ der Roſen Scharlach bricht
Die Nelcke ſtirbt/ wenn Wermuth ſie umflicht.
4.
Nicht anders iſts/ hochwerther Freund beſtellet/
Sein Weinſtock/ da er zinßbahr bluͤht/
Von dem er eine Traube ſieht/
Die ſeinem Aug und Hertzen wolgefaͤllet/
Nun er die Blum erfreut in Armen traͤgt/
Jn die ſein Bild und Aehnlichkeit gepraͤgt;
5.
So koͤmmt der Tod/ O grimmiges Geſchicke!
Und reiſſt des Hauſes Pfeiler ein/
Des wahren Adels edlen Stein/
Der Ahnen Bild/ der Tugend Meiſter-Stuͤcke/
Der Cedern Baum wird ihm zur Aloe
Die erſte Bluͤth’ verwandelt ſich in Schnee.
6.
Allein’ ich weiß: die Schmertzen koͤnnen zwingen/
Zeigt einen rechten Helden-Muth;
So ſteht ein unerſchrocknes Blut
Getroſt im Sturm/ laͤſt Pfeil auf Pfeile dringen.
Und weiß gewiß/ daß nach dem Donnerſchlag
Der Sonnen Licht gewaͤhrt den ſchoͤnſten Tag.
7.
Der liebſte Sohn iſt zu dem Urſprung kommen/
Sein Stamm-Hauß iſt die Ewigkeit.
Nur bloß der Seelen irdiſch Kleid
Hat in Beſchluß der Erden Schos genommen.
Ein Erdmann wird nicht eh ein Himmels-Mann
Biß er die Laſt des Leibes weggethan.
8.
Denn kan der Tohn mit ſeinem Toͤpffer zancken?
Die Hand/ ſo ihn zu erſt gemacht
Und ihm die Formen zugedacht/
Weicht nicht von Recht und ihren Meiſter-Schrancken.
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Zitationshilfe: | Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/685>, abgerufen am 24.07.2024. |