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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Rom hat mit im Triumph der Ahnen Rey getragen/
Wenn das begraute Wax die ersten Väter wieß;
Sie auf das Rahthauß hieng/ an Seulen sehen ließ/
Den Kindern gleichen Trieb der Tugend einzujagen.
Weil doch der Adelstand durch Waffen und durch Kunst/
Ersteigt der Ehre Schloß/ erlangt der Fürsten Gunst.

Der Adel.
Ein solcher Ritter war mein Poser auserkohren/
Sein Stamm-Register ligt mir immer im Gesicht;
Den Nestor unser Zeit/ wer kennt den Vater nicht?
Der seinem Vaterland zu grossem Ruhm geboren/
Viel treue Dienste hat biß in sein Grab gethan/
Den mit Verwundern sah' der Perß und Jndian.
Dergleichen Helden Muth und Eyfer zu der Tugend
Wuchs in des Sohnes Brust; wie aus Aurorens Schein
Man sicher schliessen kan was für ein Tag wird seyn/
So ließ er auch bald sehn den Morgen seiner Jugend.
Sein ausgeklärter Sinn stieg auf Parnassus Höh/
Und saugte Bienen gleich der Musen süssen Klee.
Die Nachwelt.
Es prüffte seinen Fleiß der treuen Lehrer Stimme;
Gleich wie ein hurtig Pferd so bald man es sticht an/
Laufft schnell als Pfeil und Wind auf seiner Rennebahn.
Sie sahen was in ihm für edler Zunder glimme.
Und weil die Pallas wird geharnischt fürgestellt
Hat er der Ritter-Schweiß dem Bücher-Fleiß gesellt.
Denn gieng er in die Welt wie Adler in die Sonne/
Es schien ihm dieses Rund wie Alexandern klein.
Er wolte bald bey Ost und bald bey Norden seyn/
Denn schwam er auf der Maaß/ beschiffte die Garonne
Jhm war so wol der Po als auch der Belth bekandt/
Nannt jeden frembden Ort sein ander Vaterland.
Der Adel.
Er hat den schwartzen Mohr/ den weisen Scyth gesehen/
Der Könige Paläst und Höfe wol betracht:
Zu Gnad und Hulden sich bey Fürsten angebracht:
Und wolte gleich das Glück den Vorsatz offt verdrähen/
So prüfft er in Gedult den Wechselgang der Zeit
Der heute Wermuth reicht und morgen Zucker streut.
Ulysses gab ihm Witz/ und Cäsar zeigt ihm Thaten/
Camillus seine Treu und Scipio den Muth:
Der

Leichen-Gedichte.
Rom hat mit im Triumph der Ahnen Rey getragen/
Wenn das begraute Wax die erſten Vaͤter wieß;
Sie auf das Rahthauß hieng/ an Seulen ſehen ließ/
Den Kindern gleichen Trieb der Tugend einzujagen.
Weil doch der Adelſtand durch Waffen und durch Kunſt/
Erſteigt der Ehre Schloß/ erlangt der Fuͤrſten Gunſt.

Der Adel.
Ein ſolcher Ritter war mein Poſer auserkohren/
Sein Stamm-Regiſter ligt mir immer im Geſicht;
Den Neſtor unſer Zeit/ wer kennt den Vater nicht?
Der ſeinem Vaterland zu groſſem Ruhm geboren/
Viel treue Dienſte hat biß in ſein Grab gethan/
Den mit Verwundern ſah’ der Perß und Jndian.
Dergleichen Helden Muth und Eyfer zu der Tugend
Wuchs in des Sohnes Bruſt; wie aus Aurorens Schein
Man ſicher ſchlieſſen kan was fuͤr ein Tag wird ſeyn/
So ließ er auch bald ſehn den Morgen ſeiner Jugend.
Sein ausgeklaͤrter Sinn ſtieg auf Parnaſſus Hoͤh/
Und ſaugte Bienen gleich der Muſen ſuͤſſen Klee.
Die Nachwelt.
Es pruͤffte ſeinen Fleiß der treuen Lehrer Stimme;
Gleich wie ein hurtig Pferd ſo bald man es ſticht an/
Laufft ſchnell als Pfeil und Wind auf ſeiner Rennebahn.
Sie ſahen was in ihm fuͤr edler Zunder glimme.
Und weil die Pallas wird geharniſcht fuͤrgeſtellt
Hat er der Ritter-Schweiß dem Buͤcher-Fleiß geſellt.
Denn gieng er in die Welt wie Adler in die Sonne/
Es ſchien ihm dieſes Rund wie Alexandern klein.
Er wolte bald bey Oſt und bald bey Norden ſeyn/
Denn ſchwam er auf der Maaß/ beſchiffte die Garonne
Jhm war ſo wol der Po als auch der Belth bekandt/
Nannt jeden frembden Ort ſein ander Vaterland.
Der Adel.
Er hat den ſchwartzen Mohr/ den weiſen Scyth geſehen/
Der Koͤnige Palaͤſt und Hoͤfe wol betracht:
Zu Gnad und Hulden ſich bey Fuͤrſten angebracht:
Und wolte gleich das Gluͤck den Vorſatz offt verdraͤhen/
So pruͤfft er in Gedult den Wechſelgang der Zeit
Der heute Wermuth reicht und morgen Zucker ſtreut.
Ulyſſes gab ihm Witz/ und Caͤſar zeigt ihm Thaten/
Camillus ſeine Treu und Scipio den Muth:
Der
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[448/0680] Leichen-Gedichte. Rom hat mit im Triumph der Ahnen Rey getragen/ Wenn das begraute Wax die erſten Vaͤter wieß; Sie auf das Rahthauß hieng/ an Seulen ſehen ließ/ Den Kindern gleichen Trieb der Tugend einzujagen. Weil doch der Adelſtand durch Waffen und durch Kunſt/ Erſteigt der Ehre Schloß/ erlangt der Fuͤrſten Gunſt. Der Adel. Ein ſolcher Ritter war mein Poſer auserkohren/ Sein Stamm-Regiſter ligt mir immer im Geſicht; Den Neſtor unſer Zeit/ wer kennt den Vater nicht? Der ſeinem Vaterland zu groſſem Ruhm geboren/ Viel treue Dienſte hat biß in ſein Grab gethan/ Den mit Verwundern ſah’ der Perß und Jndian. Dergleichen Helden Muth und Eyfer zu der Tugend Wuchs in des Sohnes Bruſt; wie aus Aurorens Schein Man ſicher ſchlieſſen kan was fuͤr ein Tag wird ſeyn/ So ließ er auch bald ſehn den Morgen ſeiner Jugend. Sein ausgeklaͤrter Sinn ſtieg auf Parnaſſus Hoͤh/ Und ſaugte Bienen gleich der Muſen ſuͤſſen Klee. Die Nachwelt. Es pruͤffte ſeinen Fleiß der treuen Lehrer Stimme; Gleich wie ein hurtig Pferd ſo bald man es ſticht an/ Laufft ſchnell als Pfeil und Wind auf ſeiner Rennebahn. Sie ſahen was in ihm fuͤr edler Zunder glimme. Und weil die Pallas wird geharniſcht fuͤrgeſtellt Hat er der Ritter-Schweiß dem Buͤcher-Fleiß geſellt. Denn gieng er in die Welt wie Adler in die Sonne/ Es ſchien ihm dieſes Rund wie Alexandern klein. Er wolte bald bey Oſt und bald bey Norden ſeyn/ Denn ſchwam er auf der Maaß/ beſchiffte die Garonne Jhm war ſo wol der Po als auch der Belth bekandt/ Nannt jeden frembden Ort ſein ander Vaterland. Der Adel. Er hat den ſchwartzen Mohr/ den weiſen Scyth geſehen/ Der Koͤnige Palaͤſt und Hoͤfe wol betracht: Zu Gnad und Hulden ſich bey Fuͤrſten angebracht: Und wolte gleich das Gluͤck den Vorſatz offt verdraͤhen/ So pruͤfft er in Gedult den Wechſelgang der Zeit Der heute Wermuth reicht und morgen Zucker ſtreut. Ulyſſes gab ihm Witz/ und Caͤſar zeigt ihm Thaten/ Camillus ſeine Treu und Scipio den Muth: Der

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/680>, abgerufen am 23.11.2024.