Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Trug auch ihr Garten gleich nur eitel Granadillen/Ward ihrer Jugend Baum zu einer Aloe/ So daß kein Aesculap die Schmertzen konte stillen Biß daß ein sanffter Tod ward ihre Panace. So hat sie standhafft doch auch unter tausend Schmertzen Mit ihres Heilands Tod hertzhafftig sich erfrischt. Ja/ unveränderlich behalten den im Hertzen/ Der itzt in seinem Schoß ihr Schweiß und Thräu' abwischt/ Sie ist nun beygesellt den Geistlich klugen Frauen/ Bey der gefünfften Zahl sol sie die sechste seyn. Und was wir alle noch itzt nur im Spiegel schauen/ Schaut die erlöste Seel in vollem Augen-Schein. Wie seelig! daß sie nicht die Bitterkeit darff schmecken Die in dem Stand der Eh' uns offt das Hertz abfrist. Sie kan kein Haus-Tyrann/ kein böser Mann erschrecken/ Jhr Bräutgam ist das Lamm/ so voller Sanfftmuth ist Sie speiset nun nicht mehr von harten Fasten-Speisen/ So uns der Kummer-Koch hier scharff zu saltzen pflegt. Es wil das Oster-Lamm sie zu der Taffel weisen/ Da Milch und Honig man in Ewigkeit auffträgt. Genung! Maria ist aus Mara weggegangen/ Sie hat gewünscht erreicht des Himmels Canaan. Und weil sie lebend noch zu sterben angefangen/ So weiß man/ daß sie mehr den Tod nicht schmecken kan. Zeuch glücklich/ holde Braut des Heilands/ zeuch in Frieden! Und sey viel tausendmal zu guter Nacht gegrüst. Dein Denck-Mahl lebt bey uns/ ob du gleich abgeschieden/ Weil auch der Tugenden die Nachwelt nicht vergist. Laß nur was Erde war verscharren in die Erden/ Gib GOtt was GOttes ist! denn weil er dich geliebt So konte deiner Zier kein ander würdig werden. &q;Er tröste/ die er hat durch deinen Tod betrübt. Die Fremdlinge alhier/ ACh Leben voller Müh'/ voll Schrecken/ voller Thränen!Betrachtet bey Absterben Fr. M. S. v. L. g. K. v. F. den 27. Mart. 1678. Gebrechlicher als Glaß/ und flüchtiger als Wind! Mit Jrrthum überhäufft/ durchbeitzt mit herbem Sehnen Jn dessen Unbestand sich kein Bestand nicht findt. Wie
Leichen-Gedichte. Trug auch ihr Garten gleich nur eitel Granadillen/Ward ihrer Jugend Baum zu einer Aloe/ So daß kein Aeſculap die Schmertzen konte ſtillen Biß daß ein ſanffter Tod ward ihre Panace. So hat ſie ſtandhafft doch auch unter tauſend Schmertzen Mit ihres Heilands Tod hertzhafftig ſich erfriſcht. Ja/ unveraͤnderlich behalten den im Hertzen/ Der itzt in ſeinem Schoß ihr Schweiß und Thraͤu’ abwiſcht/ Sie iſt nun beygeſellt den Geiſtlich klugen Frauen/ Bey der gefuͤnfften Zahl ſol ſie die ſechſte ſeyn. Und was wir alle noch itzt nur im Spiegel ſchauen/ Schaut die erloͤſte Seel in vollem Augen-Schein. Wie ſeelig! daß ſie nicht die Bitterkeit darff ſchmecken Die in dem Stand der Eh’ uns offt das Hertz abfriſt. Sie kan kein Haus-Tyrann/ kein boͤſer Mann erſchrecken/ Jhr Braͤutgam iſt das Lamm/ ſo voller Sanfftmuth iſt Sie ſpeiſet nun nicht mehr von harten Faſten-Speiſen/ So uns der Kummer-Koch hier ſcharff zu ſaltzen pflegt. Es wil das Oſter-Lamm ſie zu der Taffel weiſen/ Da Milch und Honig man in Ewigkeit aufftraͤgt. Genung! Maria iſt aus Mara weggegangen/ Sie hat gewuͤnſcht erreicht des Himmels Canaan. Und weil ſie lebend noch zu ſterben angefangen/ So weiß man/ daß ſie mehr den Tod nicht ſchmecken kan. Zeuch gluͤcklich/ holde Braut des Heilands/ zeuch in Frieden! Und ſey viel tauſendmal zu guter Nacht gegruͤſt. Dein Denck-Mahl lebt bey uns/ ob du gleich abgeſchieden/ Weil auch der Tugenden die Nachwelt nicht vergiſt. Laß nur was Erde war verſcharren in die Erden/ Gib GOtt was GOttes iſt! denn weil er dich geliebt So konte deiner Zier kein ander wuͤrdig werden. &q;Er troͤſte/ die er hat durch deinen Tod betruͤbt. Die Fremdlinge alhier/ ACh Leben voller Muͤh’/ voll Schrecken/ voller Thraͤnen!Betrachtet bey Abſterben Fr. M. S. v. L. g. K. v. F. den 27. Mart. 1678. Gebrechlicher als Glaß/ und fluͤchtiger als Wind! Mit Jrrthum uͤberhaͤufft/ durchbeitzt mit herbem Sehnen Jn deſſen Unbeſtand ſich kein Beſtand nicht findt. Wie
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Leichen-Gedichte.
Trug auch ihr Garten gleich nur eitel Granadillen/
Ward ihrer Jugend Baum zu einer Aloe/
So daß kein Aeſculap die Schmertzen konte ſtillen
Biß daß ein ſanffter Tod ward ihre Panace.
So hat ſie ſtandhafft doch auch unter tauſend Schmertzen
Mit ihres Heilands Tod hertzhafftig ſich erfriſcht.
Ja/ unveraͤnderlich behalten den im Hertzen/
Der itzt in ſeinem Schoß ihr Schweiß und Thraͤu’ abwiſcht/
Sie iſt nun beygeſellt den Geiſtlich klugen Frauen/
Bey der gefuͤnfften Zahl ſol ſie die ſechſte ſeyn.
Und was wir alle noch itzt nur im Spiegel ſchauen/
Schaut die erloͤſte Seel in vollem Augen-Schein.
Wie ſeelig! daß ſie nicht die Bitterkeit darff ſchmecken
Die in dem Stand der Eh’ uns offt das Hertz abfriſt.
Sie kan kein Haus-Tyrann/ kein boͤſer Mann erſchrecken/
Jhr Braͤutgam iſt das Lamm/ ſo voller Sanfftmuth iſt
Sie ſpeiſet nun nicht mehr von harten Faſten-Speiſen/
So uns der Kummer-Koch hier ſcharff zu ſaltzen pflegt.
Es wil das Oſter-Lamm ſie zu der Taffel weiſen/
Da Milch und Honig man in Ewigkeit aufftraͤgt.
Genung! Maria iſt aus Mara weggegangen/
Sie hat gewuͤnſcht erreicht des Himmels Canaan.
Und weil ſie lebend noch zu ſterben angefangen/
So weiß man/ daß ſie mehr den Tod nicht ſchmecken kan.
Zeuch gluͤcklich/ holde Braut des Heilands/ zeuch in Frieden!
Und ſey viel tauſendmal zu guter Nacht gegruͤſt.
Dein Denck-Mahl lebt bey uns/ ob du gleich abgeſchieden/
Weil auch der Tugenden die Nachwelt nicht vergiſt.
Laß nur was Erde war verſcharren in die Erden/
Gib GOtt was GOttes iſt! denn weil er dich geliebt
So konte deiner Zier kein ander wuͤrdig werden.
&q;Er troͤſte/ die er hat durch deinen Tod betruͤbt.
Die Fremdlinge alhier/
Betrachtet bey Abſterben Fr. M. S. v. L. g.
K. v. F. den 27. Mart. 1678.
ACh Leben voller Muͤh’/ voll Schrecken/ voller Thraͤnen!
Gebrechlicher als Glaß/ und fluͤchtiger als Wind!
Mit Jrrthum uͤberhaͤufft/ durchbeitzt mit herbem Sehnen
Jn deſſen Unbeſtand ſich kein Beſtand nicht findt.
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